Bankgeschäfte mit Terror-Mäzenen?

Die Schweizer HSBC und die "Goldene Kette" zwischen saudi-arabischen Geschäftsmännern und al-Qaida

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im geleakten Datenmaterial ("Swissleaks") zu Geschäftsvorgängen der Schweizer Bank HSBC finden sich nach einem Bericht des Tagesanzeigers auch Namen der sogenannten "Goldenen Kette". Mit dem Begriff wird eine Reihe von Finanziers bezeichnet, die zur Zeit der Jahrtausendwende zu den "größten Spendern al-Qaidas" gehören. Das Frappierende daran ist, dass die Namen und ihre Verwicklung in Finanzgeschäfte mit der Terroristenorganisation den HSBC-Bankern, die für sie Transaktionen ausführten, bekannt gewesen sein müssten.

Namen werden von der Zeitung nicht genannt, die Männer sollen Scheichs und Prinzen aus den "einflussreichsten Kreisen Saudi-Arabiens sein, die erste Reihe also, keine unbekannten Hintermänner: ihre Gesichter sollen auch schon mal auf Titelblättern von "Hochglanz-Wirtschaftsmagazinen" auftauchen. Denkt man an die Vorwürfe, die gegen Saudi-Arabien, wie auch gegen Katar, im Zusammenhang mit der Finanzierung der islamistischen Milizen in Syrien erhoben werden, so bestätigen die Swiss-Leaks Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Beteuerungen der Regierungen beider Länder, wonach man mit Geldflüssen an die syrischen salafistischen Rebellen, geschweigen denn an die al-Qaida-Ableger al Nusrah-Front und ISIS, nichts zu tun habe. Saudische Geschäftsmänner sind gut protegiert, lernt man aus den Veröffentlichungen.

So richten sich begründete Zweifel vor allem am Geschäftsgebaren der Banker des Schweizer Ablegers der HSBC. Sie führten Firmenkonten in zwei- oder in dreistelliger Millionenhöhe von saudi-arabischen Kunden, die im Ruf standen, "Terror-Mäzene" zu sein, die reichlich Geld an al-Qaida gespendet haben. Der Ruf geht auf eine Liste zurück, die Ende 2001 gefunden wurde.

Die Liste mit 20 Namen von Spendern wurde bei einer Hausdurchsuchung in Bosnien entdeckt. Ifor-Einheiten der Nato hatten sie auf Computern einer bekannten saudi-arabischen Wohltätigkeitsorganisation in Sarajewo, der Saudi High Commission for Aid to Bosnia, gefunden. Der gegenwärtige König Salman bin Abdulaziz Al Saud ist Gründer der mittlerweile aufgelösten Charity-Organisation. Dass eine solche Liste gefunden wurde, wurde erst im Februar 2002 bekannt.

Vorwürfe öffentlich bekannt

Im aktuellen Tagesanzeiger-Bericht wird der Vorwurf geäußert, dass gleich mehrere Namen der Liste der "Goldenen Kette" in den Datenbanken der HSBC auftauchen, was an sich nichts Besonderes wäre, wenn es die HSBC laut Schweizer Zeitung nicht hätte wissen können, "welch gravierender Verdacht auf einigen Kunden, die Gelder auf der Bank parkierten, lastet". Laut Tagesanzeiger hätten die Banker nur Zeitung lesen müssen, um Bescheid zu wissen.

Von den Mitgliedern der "Goldenen Kette", die in den Swissleaks-Daten auftauchen, lässt sich in drei Fällen nachweisen, dass die Vorwürfe öffentlich bekannt waren. Und im Risiko-Management ist es Alltag, Berichte von Medien und Behörden weltweit auszuwerten.

Allerdings berichtet die Zeitung auch von einer interessanten Kluft zwischen Pressemeldungen und internen Papieren, die die Banker von einer gewissen Verantwortung freisprechen: Die Namen der betreffenden saudi-arabischen Geschäftspartner tauchten zwar im Zusammenhang mit Vorwürfen der Terrorfinanzierung in Medienberichten auf, aber nicht auf "offiziellen Sanktionslisten". Welche Sanktionlisten damit genau gemeint sind - internationale, amerikanische oder europäische -, wird nicht präzisiert. Von HSBC wollte sich laut Tagensanzeiger niemand dazu äußern.

Liste nicht gerichtstauglich

Zugunsten der illustren Geschäftsleute aus der obersten saudi-arabischen Riege wird auch geltend gemacht, dass die Liste der "Goldenen Kette" laut deren Anwälte bisher nicht als gerichtstauglicher Beweis gilt, auch wenn Terrorexperten anderer Meinung sind.

Die Datenleaks von Hervé Falciani, enthalten zwar riesige Mengen an Geschäftsvorgängen und Kundendaten, decken aber nur die Perdiode zwischen 2005 und 2007 ab.

Im Jahr 2012 war eine US-Senatskommission zum Schluss gekommen, "dass HSBC es Terroristen und Drogenhändlern zu leicht gemacht habe, Geld über die Bank abzuwickeln". Allerdings sagt auch diese Einschätzung nichts Beweiskräftiges aus. Bislang weisen die Swiss-Leaks auf keine tatsächlich beweisbare Verbindung zwischen Bankkunden und Geldflüssen an terroristischen Organisationen hin. Sollte sich das ändern, dann könnte dies für die Bank sehr teuer werden, wie ein US-Urteil vom letzten Jahr zeigt (vgl. Jordanische Bank muss Opfer von Selbstmordattentätern entschädigen).