Obamas Kriegsermächtigung gegen den IS

Keine örtlichen Beschränkungen der Militäroperationen und Erlaubnis zum Einsatz von Bodentruppen - der US-Präsident wendet sich mit dem Entwurf einer neuen Kriegsermächtigung (AUMF) an den Kongress

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Im August letzten Jahres hat die US-Regierung Angriffe auf die Dschihadisten des sogenannten "Islamischen Staats" begonnen. Das Ziel war: "degrade and destroy ISIL"; lange Zeit blieb die Regierung aber im Vagen, wenn es um die genaue Bezeichnung für die Militäroperation ging. Man bemühte sich, die "Anti-Terror-Aktion" von einem Krieg abzugrenzen (Doch "Krieg" gegen den IS). Erklärt wurde das mit Kriegsmüdigkeit der amerikanischen Öffentlichkeit nach den Kriegen im Irak und Afghanistan, mit dem Versprechen des Wahlkämpfers Obama im Jahr 2008, die von Präsident Bush begonnenen Kriege zu beenden und keinen neuen anzufangen.

Inzwischen ist man auch von offizieller Seite weniger scheu, den Begriff Krieg/War für die Angriffe auf den IS im Irak wie in Syrien zu verwenden. Eine offizielle Kriegsermächtigung des Kongresses für die Kampfeinsätze gegen den IS stnad allerdings noch aus; die Regierung Obama stützte sich auf die "Authorization for Use of Military Force" (AUMF) aus der Regierungszeit George W. Bushs, die der Kongress Bush 2001 gegen al-Qaida und 2002 gegen Irak erteilte.

Luftangriff auf einen ISIL-Bunker bei Mosul, Irak, 25.Januar 2015. Ausschnitt aus einem Centcom-Video

Nun holt Obama den Schritt für Einsätze gegen den IS nach. Der Kongress soll über eine entsprechende Ermächtigung entscheiden. Gestern richtete Obama in einem offiziellen Schreiben die Bitte zur IS-AUMF an den Kongress, begleitet von einer öffentlichen Erklärung:

Wir müssen uns darüber klar sein, das ist eine schwierige Mission und sie wird es für einige Zeit sein. Unsere Koalition ist in der Offensive, ISIL ist in der Defensive und ISILwird verlieren.

Das soll ersichtlich Entschlossenheit und Siegeswillen dokumentieren. Selbst unter den Republikanern, die die Mehrheit im Kongress haben, hat Obama keine allzu hartnäckigen Einwände zu befürchten, wie US-Medien berichten. Die New York Times zitierte allerdings Senatoren der Republikaner, die daran zweifelten, wie ernst es Obama tatsächlich meine, ob man ihm nicht ein zu begrenztes Paket genehmige.

Tatsächlich hat der Entwurf zur neuen Kriegermächtigung ein doppeltes Gesicht. Obama setzt auf Begrenzungen: die AUMF ist nur für Militäroperationen für die Dauer von drei Jahren ausgelegt und soll keinen Einmarsch oder eine Besatzung autorisieren, wie die New York Times hinweist. Aber anderseits enthält die neue Kriegsermächtigung auch Freistellen, die manche aufhorchen lassen: So soll auch der Einsatz von Bodentruppen erlaubt werden, angesprochen sollen zwar nur Rettungseinsätze oder Einsätze zur Tötung von IS-Führern sein, aber es wäre keine große Überraschung, wenn in der Kriegswirklichkeit dann auch andere Bodeneinsätze mit Verweis auf bestimmte Formulierungen im AUMF gerechtfertigt werden.

Luftangriff auf einen ISIL-Bunker bei Mosul, Irak, 25.Januar 2015. Ausschnitt aus einem Centcom-Video

Größere Skepsis, so zum Beispiel unter Abgeordneten der Demokraten, gab es, weil der Kriegsmermächtigungsentwurf aus dem Weißen Haus keine örtlichen Begrenzungen für den Militäreinsatz gegen den IS enthält. Aussagen im Text, wie z.B. "Wenn nicht gegen ISIL vorgegangen wird, dann wird ISIL zu einer Bedrohung über den Nahen Osten hinaus, das Gebiet der USA eingeschlossen", legen eine Lizenz zum globalen Einsatz nahe, wie sie schon durch den GWOT geliefert worden war. Das wird laut Guardian auch von einigen im Kongress so gesehen:

Auf die Frage, ob die Anti-ISIS-AUMF die USA für einen zweiten weltweiten Krieg gegen einen nebulösen Gegner öffnet, sagt ein Kongressmitarbeiter: "Absolut"

Bestärkt wird die Ausdehnung der Kriegsermächtigung durch eine weitere vage Formulierung, die sehr viel Spielraum lässt. Erlaubt werden sollen Miltäroperationen gegen den IS (ISIL, ISIS) oder "associated persons or forces". Das kommt einem Blankoscheck schon sehr nahe - die Begrenzungen der AUMF, die Obama in der Öffentlichkeit rühmt, um den Einsatz gegen den IS von den Bush-Kriegen abzugrenzen, halten in der Wirklichkeit große Türen offen.

Neu ist das nicht. Wie auch der Entwurf zur neuen Kriegsermächtigung in wesentlichen und detaillierten Zügen schon Mitte Dezember 2014 bekannt war (US-Senatsausschuss genehmigt Kriegsermächtigung gegen IS).