Freiwillige an die Informationsfront

Das neue ukrainische Ministerium für Informationspolitik will mit Freiwilligen im Netz "authentische Informationen verbreiten und russische Falschmeldungen herausstellen"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Eingebürgert hat sich seit einiger Zeit, von einem hybriden Krieg zu sprechen, den Moskau gegen die Ukraine führen soll. Einen wichtigen Bestandteil dabei sollen dabei die Medien spielen, was allerdings keineswegs neu ist, sondern in allen modernen Kriegen ein entscheidender Aspekt war. Weil nun Russland die eigene Bevölkerung und die Menschen in der Ostukraine angeblich medial manipuliert und auf Kurs bringt, das aber auch zunehmend mit der Bevölkerung in den europäischen Ländern versuchen soll, will man entgegensteuern.

Das Emblem für das ukrainische Ministerium für den Informationskrieg

Dabei gab und gibt es hinreichend lange vor Russia Today Förderung für Medienprojekte bis hin zu staatlichen Sendern wie Radio Free Europe/Radio Liberty oder die Deutsche Welle, die die eigene Botschaft, natürlich die Wahrheit, auch in russischer Sprache zu der medial versklavten Bevölkerung etwa in Russland oder in der Ostukraine nahebringen soll. Die Deutsche Welle soll um 12 Millionen Euro mehr erhalten, um den englischsprachigen Kanal "DW News" im "Wettbewerb der Werte" gegen Russia Today aufzubauen. Bislang erhält der Sender mit seinen 3000 Mitarbeitern jährlich 272 Millionen Euro an Steuergeldern.

Die EU plant auch mediale Aufrüstung im Informationskrieg, auch in der Nato wird ein russischsprachiger Sender gegen die "russische Propaganda" als wichtig gesehen. Die russische Regierung stellt sich ähnlich wie die ukrainische als Opfer dar: "Das Schüren von Informationskriegen unter Einsatz von globalen Massenmedien, Internet und Sozialnetzwerken vergiftet die internationale Atmosphäre ernsthaft", beschwerte sich unlängst der russische Außenminister Lawrow.

Während die eine Seite Propaganda macht, nimmt jede Seite für sich selbst Wahrheit in Anspruch. In der Ukraine gibt es hinreichend Sender und Nachrichtenportale im Internet, die nicht weniger einseitig wie die russischen berichten. Aber die ukrainische Regierung hat nun im Dezember 2014 extra ein Ministerium gegründet, um die Wahrheit zu verbreiten, das Ministerium für Informationspolitik, von Manchen auch spöttisch Wahrheitsministerium genannt (Ukraine hat ein neues Ministerium für Informationspolitik). Als Minister hat Präsident Poroschenko seinen Schwiegersohn Yurii Stets durchsetzen können. Poroschenko ist bekanntlich selbst mit Fernseh- und Radiosendern im Mediengeschäft tätig und braucht wohl keine Übergriffe von seinem Schwiegersohn zu fürchten, da er auch seine Sender und seine übrigen Unternehmen nicht verkaufen will, was er eigentlich der Verfassung nach müsste.

Yurii Stets ist schon aktiv geworden. Vor kurzem wurde beschlossen, den Mitarbeiter von 100 russischen Medien die Akkreditierung zu entziehen, sie dürfen also, der Wahrheit zuliebe, nicht mehr aus der Ukraine berichten. Dafür hatte Stets das Konzept der eingebetteten Reporter aus dem Pentagon entliehen. Journalisten sollen nun Einheiten, die in der so genannten ATO-Zone operieren, beigeordnet werden, um so über die "Ereignisse in der Ostukraine" zu berichten. Die stellvertretende Ministerin Tetiana Popova machte klar, dass es dabei nicht um unabhängige Berichterstattung geht. Der eingebettete Journalist soll nicht kämpfen, "sondern statt Waffen eine Kamera halten, aber allen Anordnungen seines Kommandeurs gehorchen".

Und dann hat das Informationsministerium noch die Website i-army.org eingerichtet, wohl als Pendant zu den Freiwilligenverbänden, die als Milizen an der Front kämpfen. Über die Website soll eine freiwillige "Informationsstreitkraft" aufgebaut werden. Primär sollen Nutzer von Sozialen Netzwerken als "Informationskrieger" rekrutiert werden, "verlässliche Informationen zu liefern und die russische Propaganda zu bekämpfen". Man sieht sich von "russischen Chatbots, der Verbreitung von Falschmeldungen und dem informationellen und psychologischen Druck russischer Medien" dominiert. Nach Stets hat bislang eine "leistungsstarke Gegenaktion" gefehlt. Jetzt sollen viele Freiwillige "authentische Informationen verbreiten und russische Falschmeldungen herausstellen".

Auf der Website heißt es, dass der hybride Krieg - auf die Bezeichnung mag man nicht verzichten - an vielen Fronten geführt werde, eine wichtige sei die der Information. Man habe schon eine "mächtige militärische Armee" im letzten Jahr aufgestellt, jetzt sei es an der Zeit, sich gegen die Informationen der russischen Invasoren zur Wehr zu setzen.