Indoeuropäer kamen aus der Steppe

DNA-Untersuchungen stützen Kurgan-Hypothese

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Ein Team um den Genetiker David Reich von der Harvard Medical School hat in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature eine Studie veröffentlicht, die die These stützt, dass Europa vor 4.500 Jahren von halbnomadischen Pferdezüchtern aus der südrussischen Steppe überrollt wurde, die dabei die Sprachen verbreiteten, die man dort heute spricht.

Das fanden die Forscher heraus, indem sie 93 3.000 bis 8.000 Jahre alte Skelette unter anderem auf SNP-Marker untersuchten und dabei feststellten, dass die genetischen Merkmale der Yamnaya-Hirten aus der russischen Steppe in jeder Probe auftauchen, die jünger als 4.500 Jahre ist. Vorher findet sich in den Knochen vor allem das Erbgut von Jägern und Sammlern, die blaue Augen und relativ dunkle Haut hatten, und das von hellhäutigen und dunkelhaarigen Ackerbauern, die vor 7.500 Jahren aus oder über Anatolien nach Europa einwanderten.

Die Zeit, in der die Steppenbewohner ihre DNA hinterließen, fällt in etwa mit der zusammen, die Linguisten für die Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen nach der Kurgan-Hypothese ansetzten, die nach Grabhügeln benannt wurde. Sie geht unter anderem anhand von Untersuchungen der Wörter für Rad, Achse oder Zaumzeug davon aus, dass sich die indoeuropäischen Sprachen über Halbnomaden aus der Steppe verbreiteten. Konkurrierende Hypothesen postulierten eine Entwickung in Mitteleuropa oder eine Ausbreitung des Indoeuropäischen über die Ackerbauern aus Anatolien.

Ausbreitung des Indogermanischen nach der Kurgan-Hypothese. Karte: Dbachmann. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Dass die indoeuropäischen Sprachen aus der Steppe kamen, muss jedoch nicht heißen, dass andere früher mit der Kurgan-Hypothese verbundene Vorstellungen von einer friedliebenden matrilinear organisierten Altschicht mit Muttergottheiten zutreffen, die von patrilinear organisierten Streitaxtkriegern unterworfen wurden. Diese stark ideologisch geprägten Vorstellungen wurden vor allem durch die feministische Prähistorikerin Marija Gimbutas populär.

Heute sprechen fast alle Europäer eine indoeuropäische Sprache. Lediglich Finnen, Esten, Ungarn, Kaukasier, Basken, Malteser, Türken und einige kleinere Minderheiten wie die Lappen pflegen Mundarten anderer Herkunft. Innerhalb der indoeuropäischen Sprachen nehmen die germanischen eine Sonderrolle ein - ihr Vokabular ist vor allem bei Wörtern mit Bezug zur Seefahrt möglicherweise nicht-indoeuropäischen Ursprungs und Anlass für zahlreiche Spekulationen.

Wolfgang Haak vom Centre for Ancient DNA an der University of Adelaide (ACAD), eine der Ko-Autoren der Studie, zeigte sich in einem Pressestatement zum heute erschienenen Nature-Aufsatz vor allem überrascht, wie stark der genetische Einfluss aus der Steppe war: Bei Skeletten aus der Schnurkeramik-Kultur in Sachsen-Anhalt liegt er beispielsweise bei 75 Prozent. Vorher hatten viele Forscher anhand der teilweise recht unterschiedlichen Physiognomie der europäischen Völker ähnliche Abläufe wie in der Türkei vermutet, wo sich die Sprache der Eroberer durchsetzte, während ihr Erbgut die Bevölkerung nur zu 15 bis 20 Prozent prägt.

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