Libyen: eine Regierung der nationalen Einheit soll es richten

UN-Sondervertreter León stellt Friedensfahrplan vor

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Das UNHCR zählte Ende Dezember 2014 400.000 libysche Binnenflüchtlinge. Zwischen 600.000 und eine Million Libyer sollen nach Tunesien geflohen sein, schätzte das tunesische Innenministerium im April letzten Jahres. Nach Ägypten dürfte eine ähnlich hohe Zahl geflüchtet sein, hieß es damals. In den letzten Tagen gab es Meldungen über Angriffe auf Flughäfen in Tripolis und Zintan, und über umkämpfte Ölfelder: Libyen ist weit von dem entfernt, was man sich 2011 über die Zeit nach Gaddafi erhoffte.

Der UN-Spitzenvertreter in Libyen Bernardino León warnt vor einer sich rasch verschlechternden Situation, die sich das Land nicht länger leisten könne. Die Bedrohung durch den Terrorismus sei deutlich spürbar, wie auch die begrenzten Kapazitäten des libyschen Staates mit dieser Herausforderung umzugehen, so León in einem Bericht an den UN-Sicherheitsrat.

Sein Vorschlag zu einer Verbesserung enthält die Standard-Begiffe der gegenwärtigen Krisenbekämpfung: León will das Land mit einer Roadmap aus der fluiden Sicherheitheitslage hinausmanövrieren, die Stationen lauten: Regierung der nationalen Einheit, die Einleitung von Vereinbarungen, die in einem Waffenstillstandsabkommen münden sollen, der Abzug aller bewaffneter Gruppen aus Städten und Ortschaften, verschärfte Waffenkontrollen, Bestimmungen zur Aufsicht über die Einhaltung - und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung plus gesetzte Fristen für den Ablauf des Procederes.

Der Special Representative der UN hat allerdings schon Einiges erreicht, was Landesbeobachter nicht unbedingt erwartet hatten. Seit Mitte Januar bemühte sich León darum, die beiden Lager, Vertreter der einzig als offiziell anerkannten Regierung in Tobruk (HoR) und Vertreter des GNC, der in Tripolis sitzt, an den Verhandlungstisch zu bekommen, trotz großer Widerstände. Gestern begann eine größere Verhandlungsrunde in Marokko, um Vereinbarungen über den Fahrplan zu treffen. Dass León sie an einen Tisch gebracht hat, ist einiges, wenn man sich vor Augen hält, wie oft die beiden Lager bereits vom Ausstieg gesprochen haben.

Eine Einheitsregierung reicht aber längst nicht mehr, um mit den Schwierigkeiten in Libyen umzugehen, halten Landeskenner, wie Mohamed Eljarh, entgegen, um gegen die Gefahr durch den IS, der von der "fluiden Situation" profitiert, anzugehen, bräuchte es etwa eine scharfe Grenzsicherung, die von der libyschen Sicherheitskräften nicht geleistet werden könne.

Dazu kommen im Lager der Gegner der Regierung in Tobruk, im Misurata "Schura-Rat" der Milizen Verbindungen, die auch Dschihadisten-Gruppen unter dem Rubrum "revolutionär" umfassen. Dadurch sind Anschlussmöglichkeiten für den IS gegeben. Gewiss ist, dass die Polarisierung der Situation durch das Auftauchen des IS in Libyen weitergetrieben wird. Deeskalierende Schritte werden schwieriger.

Am kommenden Montag wird das Komitee des UN-Sicherheitsrates, das für das Waffenembargo zuständig ist, darüber ob dem Bitte der Tobruker Regierung nach "150 Panzern, über 20 Kampfbomber, sieben Kampfhubschrauber, zehn tausende Gewehre und Granatenwerfer und eine Menge Munition aus der Ukraine, Serbien und der tschechischen Republik" stattgegeben wird (Libyen: Die Regierung in Tobruk will Ende des Waffenembargos).