Wie viele Geisterfahrer sind in Griechenland unterwegs?-

Griechischer Finanzminister macht Marktwirtschaft mit Marxismus munter

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Im Verkehrsrundfunk ist eine Warnmeldung zu hören:

"Auf der Bundesautobahn A ist zwischen den Abschnitten B und C ein Falschfahrer unterwegs. Bitte fahren Sie vorsichtig! Wir melden es, wenn die Gefahr vorüber ist." Ein Fahrer/eine Fahrerin, der/die in dem bezeichneten Abschnitt unterwegs ist, murmelt darauf vor sich hin: "Es ist nicht nur einer, es sind Hunderte."

Es ist zwar noch offen, ob die zeitliche und räumliche Orientierung der nach den Wahlen vom 25. Januar 2015 ins Amt geratenen griechischen Regierung der "Weltanschauung" des zitierten imaginären Verkehrsteilnehmers und der selbstverständlich ebenso imaginären Verkehrsteilnehmerin entspricht. Immerhin ist aber der Eindruck entstanden, dass sich der gegenwärtig amtierende Ministerpräsident Tsipras und mindestens auch sein Finanzminister Varoufakis für unverwundbar, vielleicht sogar für unsterblich halten. Diese wagemutige Selbsteinschätzung könnte sich im Laufe von vier Monaten jedoch ändern. Das ist der Zeitraum, um den das eigentlich am 28. Februar 2015 ausgelaufene Hilfsprogramm für Griechenland nach sehr schwierigen Verhandlungen in allerletzte Sekunde verlängert wurde.

Die neue griechische Regierung scheint von der strategischen Annahme ausgegangen zu sein, dass sie der Mehrheit der Mitgliedsstaaten zu der Einsicht verhelfen könnte, dass nicht die eigenen Führungscliquen der vergangenen Jahrzehnte für den desolaten Zustand des Landes verantwortlich sind, sondern deutsche Politiker, die wahlweise in SS-Uniform oder Wehrmachtsanzügen auftreten und voller Arroganz die unschuldigen Bürgerinnen und Bürger Griechenlands unter die Peitsche ihrer Sparforderungen zwingen.

Offensichtlich sehen die jetzt in Athen Regierenden in der "Austeritätspolitik" einen Beleg dafür, dass sich Deutschland wieder einmal zur Hegemonialmacht in Europa aufschwingen möchte und dabei die Souveränität freier Völker in gewohnter teutonischer Rücksichtslosigkeit missachtet. In den mit den notwendigen Kontrollen zu Mittelverwendung und zur Einhaltung von Reformauflagen von den "Institutionen" (Europäische Kommission -Kommission-, Europäische Zentralbank -EZB- und Internationaler Währungsfonds -IWF-) entsandten Mitarbeitern ("Troika") erkennt man folgerichtig ein feindliches Expeditionskorps, mit dem nicht mehr zu verhandeln ist. In der Sache hätten sicher schon einige Bedenken ausgeräumt werden können, wenn die jeweilige Beamtengruppe z. B. als "Milchbrei", "Kuckucksuhr", "Waldmeister" oder "Mickey Mouse", etc. etc. bezeichnet worden wäre. Man hat sich aber jetzt für die Ansprache mit dem Begriff "Institutionen" entschieden. Damit dürften wesentliche Probleme der unverzichtbaren Finanzkontrollen gelöst sein.

Von Wolfgang Hetzer ist gerade das Buch "Politiker, Patrioten, Profiteure. Wer führt uns Europäer an den Abgrund?" im Verlag Westend erschienen (287 Seiten, 17,99 Euro).

Wolfgang Hetzer, promovierter Rechts- und Staatswissenschaftler, war von 2002 bis 2013 Abteilungsleiter im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF/Office Européen de Lutte Anti-Fraude) und fungierte als Berater des Generaldirektors des OLAF im Bereich Korruption in Brüssel. Zuvor war er Referatsleiter im Bundeskanzleramt und zuständig für die Aufsicht über den BND in den Bereichen organisierte Kriminalität, Geldwäsche, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie strategische Überwachung der Telekommunikation.

Diese Debatte hat immerhin bewiesen, dass die neue griechische Regierung über ein geschärftes Problembewusstsein verfügt und zwischen Wichtigem und Unwichtigen zuverlässig unterscheiden kann.

Damit nicht genug. Insbesondere der nun amtierende griechische Finanzminister bietet aufgrund seiner Expertise als Lehrer und seiner historischen Kenntnisse als Wissenschaftler über das notwendige Grundgerüst aus Kompetenz und Selbstsicherheit. Wie in den folgenden Hinweisen deutlich werden könnte, zählt er zu den wenigen Zeitgenossen, die eine Wiederauferstehung besonderer Art vorbereiten und mit deren voraussichtlichen Folgen zur Steigerung des Allgemeinwohls umgehen könnten.

Für einen Beteiligten wäre das in der Tat sehr erfreulich. Karl Marx müsste sich nämlich nicht länger im Grabe umdrehen. Er könnte in absehbarer Zeit in aller Ruhe zwischen den Säulen der Akropolis herumwandeln und dem Aufbauwerk seiner gelehrigen Schüler zuschauen, darunter an erster Stelle Yanis Varoufakis. Allerdings müsste selbst er sich von diesem besonders begabten und fleißigen Adepten die eine oder andere kritische Randbemerkung anhören. Vermutlich wird das aber an der zunehmenden Heiterkeit dieses allzu lange entbehrten Bruders im Geiste nichts ändern.

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