Russischer Nationalist und "Vordenker" Alexander Dugin Stargast bei rechtsextremen Treffen

Rechtsextreme Eurasien-Anhänger treffen sich in einem Bio-Hotel in Zeulenroda

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die extreme Rechte in Deutschland sucht Verbündete schon seit längerem über Ländergrenzen hinweg. Besonders viel gelegen ist der Szene an der deutsch-russischen Freundschaft. Einer der Vordenker dieses Bündnisses war am Wochenende zu Besuch in Deutschland: Alexander Dugin, ein ehemaliger Politikprofessor der Moskauer Lomonossow-Universität und Mitbegründer der Nationalbolschewistischen Partei und später Gründer der Eurasischen Partei.

Einmal im Jahr lädt die rechtsextreme Monatszeitschrift "Zuerst!", die sich den Beinamen "Deutsches Nachrichtenmagazin" gegeben hat, zu einem großen Lesertreffen ein. Ein Wochenende lang gibt es Vorträge von rechtsintellektuellen Rednern. Das Lesertreffen findet dabei regelmäßig unter strenger Geheimhaltung statt, um Gegenproteste möglichst zu verhindern - man möchte ungestört tagen.

Auf dem Programm des Lesertreffens, das 99 Euro zuzüglich Verpflegung und Unterkunft kostet, stehen unter anderem Vorträge von Oberst a.D. Klaus Ulrich Hammel zum Thema "Schicksalsjahr 1945: Der Untergang Ostpreußens", des Geschichtsrevisionisten Walter Post über die "Ursachen des ersten Weltkriegs" und der österreichischen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Barbara Rosenkranz, die fordert "Europa fördern, EU zähmen, Euro stoppen!"

Ein ursprünglich geplanter Vortrag des rechtspopulistischen Autors Akif Pirincci ("Deutschland von Sinnen"), der über die angebliche Dominanz von Minderheiten wie Homosexuellen sprechen wollte, fand hingegen nicht statt - er sagte seine Teilnahme bereits im Vorfeld ab und begründete dies mit schweren Bedenken, sich "wirklich in die Gästeliste dieser absonderlichen Veranstaltung" einzureihen.

Alexander Dugin gilt manchen als Berater des Kreml, allerdings flog er 2014 wohl aufgrund seiner aufhetzenden Äußerungen gegenüber Kiew aus der Universität. Bild: Selbstdarstellung auf seinem Blog

Die Besucher des Lesertreffens dürfte es leicht fallen, auf Pirincci zu verzichten - immerhin ist der eigentliche Star der Veranstaltung der Rechtsnationalist Alexander Dugin, der in der Szene als großer Vordenker und gefragter Philosoph gilt. Dugins Leitideen sind der Kampf gegen den westlichen Liberalismus in Form der EU und der USA. Sein Ziel ist die Eurasische Union von Wladiwostok bis Lissabon. Dieses Ziel will Dugin mit einer Art heiligem Krieg erreichen: "Wir haben dem Liberalismus einen globalen Dschihad erklärt, da der Liberalismus ebenfalls ein Kreuzzug gegen die Menschlichkeit ist."

Dugin stört sich an der westlichen Gesellschaft. Dass orthodoxe Aktivisten im vergangenen Jahr ein Konzert von Marilyn Manson mit einer Bombendrohung verhindert haben, begrüßt er: "Die Russen spüren, dass ihre Identität bedroht wird, und dagegen wehren sie sich. Es ist gut so, dass sie ihre Meinung gesagt haben." Russen, die Putin kritisieren, sind für ihn lediglich psychisch Kranke, da sie "die Mehrheit" der Bevölkerung, die laut Dugin hinter Putin steht, angreifen. Die Mehrheit anzugreifen sei aber psychisch anormal. Die Kritiker Putins hätten aber ein Recht auf Heilung, so Dugin in einem Interview mit dem Spiegel.

Deutschland spielt in den Überlegungen Dugins aufgrund seiner geografischen Lage und seiner Größe eine besondere Rolle. Die Bundesrepublik ist für ihn kein souveräner Staat, sondern von den USA besetzt - sowohl politisch, wirtschaftlich, strategisch als auch intellektuell. Die These, Deutschland sei ein von den USA besetztes Land, spielt auch in den Kreisen deutscher Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger eine große Rolle; Dugin knüpft an deren Thesen nahtlos an und eignet sich als ehemaliger Politikprofessor gut als Kronzeuge für diese Theorie. Und Dugin fordert zum Handeln auf: "Wenn Deutschland souverän werden will, muss es rebellieren!", erklärte er in einem Interview mit Zuerst! vom Januar 2014. Europa, so Dugin weiter, könne sich nur von den Amerikanern befreien, wenn sein Motor Deutschland frei und unabhängig von Washington ist. Damit greift Dugin sowohl die antiamerikanische als auch die nationalistische Einstellung in rechtsextremen Kreisen auf.

Eurasien, wie es Dugin sieht. Bild: Dugin.ru

Der Austausch zwischen russischen und deutschen Rechten ist rege - und er funktioniert in beide Richtungen. Dugins Positionen finden immer wieder Platz in "Zuerst!". Genauso regelmäßig ist "Zuerst!"-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter zu Gast im russischen Staatsfernsehen. Den Zuschauern wird beim englischsprachigen Sender Russia Today regelmäßig als deutscher Journalist vorgestellt - dass sein Magazin am äußersten rechten Rand zu verorten ist, wird ebenso regelmäßig nicht erwähnt. Ochsenreiters Themen auf RT sind dabei vielfältig. So befragt ihn der Sender über den Islamischen Staat ebenso wie zur Ukraine-Krise oder der gewalttätigen Hogesa-Demonstration in Köln, die Ochsenreiter auf eine verfehlte Politik der deutschen Regierung zurückführt.

Bereits die Ankündigung, dass Dugin bei dem Lesertreffen sprechen würde, hatte im Vorfeld für Wirbel gesorgt. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) hatte in einem Brief an Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gefordert, Dugin die Einreise nach Deutschland zu verwehren, da sich Dugin gegen den Gedanken der Völkerverständigung wende. Manuel Ochsenreiter nutzte den Brief, um Volker Beck und die Grünen anzugreifen: "Will der grüne Schwulenlobbyist Beck darüber hinaus sein privates Mütchen gegen Rußland kühlen? Bei seinen PR-Auftritten zugunsten von Homo-Aufmärschen in Moskau war er in der Vergangenheit von der Polizei verhaftet und von aufgebrachten Bürgern verprügelt worden", schrieb der Zuerst!-Chefredakteur. Zudem würden sich die Grünen normalerweise für offene Grenzen einsetzen: "Masseneinwanderung und Multikulti. Drogendealer, Extremisten aller Couleur und Kriegsverbrecher stören sie nicht - aber ein russischer Patriot, der für deutsch-russische Partnerschaft eintritt."

Die passenden Räumlichkeiten für diese rechtsextreme deutsch-russische Partnerschaft stellt das Bio-Seehotel im thüringischen Zeulenroda zur Verfügung. Das Hotel gehört dem Unternehmer Hans Bauerfeind, der fünf Jahre lang für die CDU im Stadtrat von Zeulenroda aktiv war und 2009 zum Ehrenbürger der Kleinstadt ernannt wurde. Das Hotel scheint es nicht problematisch zu finden, eine Veranstaltung von Rechtsextremisten zu beherbergen. In einer Presseerklärung teilt es mit, man stelle allen Gästen unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung seine Räume zur Verfügung. Man bedauere jedoch, dass die Tagung "solche Reaktionen" hervorrufe.

Die thüringische Landtagsabgeordnete Diana Skibbe (Linke) hatte das Hotel nach Bekanntwerden der Veranstaltung aufgefordert, die Tagung abzusagen und den Vertrag mit dem Veranstalter zu stornieren.