Bundesländer sollen für das NPD-Verbot nacharbeiten

Bundesverfassungsgericht fordert im Verbotsverfahren mehr Infos über abgeschaltete V-Leute und über die "Quellenfreiheit" bei den Belegen

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Droht auch das zweite Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD an der Problematik der V-Leute zu scheitern? Pessimisten dürften sich jedenfalls in dieser Auffassung bestätigt sehen, nachdem das Bundesverfassungsgericht am Montag in Karlsruhe einen Beschluss veröffentlichte, wonach die Bundesländer mehr Infos über abgeschaltete V-Leute und die "Quellenfreiheit" bei Belegen liefern sollen. Doch streng genommen können die Behörden das Geforderte wohl kaum in Gänze liefern, ohne ihre alten Quellen aufzudecken und somit nachträglich zu gefährden.

Im NPD-Verbotsverfahren müssen die Bundesländer der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zufolge nachweisen, seit wann sie ihre V-Leute in der Führungsebene der Partei abgeschaltet haben. Das Gericht prüft derzeit im Vorverfahren, ob und wann es in eine mündliche Verhandlung eintritt. Offenkundig hatte also die NPD Erfolg mit der Forderung nach "Offenlegung sämtlicher V-Mann-Akten" (NPD will ihr Verbot verbieten lassen).

Nun soll der Bundesrat für die Länder bis zum 15. Mai Nachweise zum Abschalten der V-Leute erbringen. Er soll die Zahl und den Ablauf der "Abschaltungen [der V-Leute] darstellen und in geeigneter Weise belegen", sowie Beweise dafür vorlegen, dass seit Dezember 2012 auch keine "Nachsorge" abgeschalteter Informanten betrieben wurde. Das Gericht fordert zudem einen Nachweis über die "Quellenfreiheit" des NPD-Parteiprogramms von Juni 2010, also einen rechtskräftigen Beleg darüber, dass keine V-Leute für Passagen darin verantwortlich sind.

Der Bundesrat hatte im Namen der Länder den Antrag auf das Verbot der NPD im Dezember 2013 gestellt (Rechtsextreme Unschuldslämmer). Ein erstes Verbotsverfahren war in Karlsruhe 2003 gescheitert. Grund waren damals Bedenken des Gerichts wegen des Einsatzes von V-Leuten. Die Richter hatten daher seinerzeit den Abzug aller V-Leute aus der NPD-Führungsebene als Voraussetzung für ein neues Verbotsverfahren genannt, weil ansonsten unklar bleibe, ob belastendes Material womöglich von NPD-Funktionären stammt, die staatlich gesteuert werden.

Für ihren neuen Antrag auf das Verbot der Partei hatten die Innenminister Testate abgegeben mit der Zusicherung, die gegen die NPD gesammelten Unterlagen seien frei von V-Mann-Informationen. Die NPD hatte in ihren Schriftsätzen an das Gericht jedoch bemängelt, dass diese Erklärungen nicht als Beweis ausreichten. Zudem bestehe die Gefahr, dass der Prozessbevollmächtigte und die Vorstandsmitglieder abgehört würden und so die Prozessstrategie der NPD ausgeforscht werde.

Auch drauf ging das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss ein. Es forderte die Länder dazu auf zu belegen, auf welche Weise sichergestellt wird, dass keine von Nachrichtendiensten gewonnenen Informationen zur Prozessstrategie der Partei verwertet werden. Und während der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sich zuversichtlich zeigte, dass es keine Verfahrensprobleme wegen der Informanten gebe, sagte die Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages und Linken-Politikerin, Petra Pau, offenbar liefen die Antragssteller in dieselbe V-Mann-Falle, an der schon das erste Verbotsverfahren gescheitert sei.