Juristenstreit um Facebook-Abmahnung

Thomas Stadler und Carsten Ulbricht glauben nicht an die von Christian Solmecke vorhergesagte neue Abmahnwelle

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Der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke zufolge hat ein Fotograf, dessen Foto eines Fußball-Promis in einem Artikel in der Bild-Zeitung verwendet wurde, eine Facebook-Nutzerin mit 1.080 Euro abgemahnt, weil diese den Artikel mit dem Share-Button auf Facebook geteilt hat. Dabei wurde automatisch ein verkleinertes Vorschaubild erzeugt, das der Fotograf als Urheberrechtsverletzung wertet.

Dass Facebook automatisch ein solches Vorschaubild setzt, kann der Nutzer nur verhindern, wenn er auf den Share-Button verzichtet und alleine den Link teilt - nur dann lässt sich das Vorschaubild entfernen oder mit zusätzlichen Lizenzangaben versehen. Rechtsanwalt Christian Solmecke raunte deshalb gestern in einer Pressemitteilung, es werde "mit Sicherheit nicht bei dieser einen Abmahnung bleiben" und warnte, dass nicht nur eine "erhöhte Abmahngefahr für die Nutzer" bestünde, sondern auch "eine noch größere Gefahr für die Blogbetreiber, die womöglich bald zahlreichen Regressansprüchen ausgesetzt sein werden".

Facebook-Vorschaubild. Screenshot: Telepolis

Andere Juristen sehen das allerdings anders: Der IT-Fachanwalt und Blogger Thomas Stadler verweist in diesem Zusammenhang nicht nur auf ältere Facebook-Abmahnungen, die es bereits seit 2013 immer wieder gibt, sondern auch auf eine ausführliche Analyse des Stuttgarter Rechtsanwalts Dr. Carsten Ulbricht.

Der merkt unter anderem an, dass der Bundesgerichtshof (BGH) dazu neigt "bei verkleinerten Vorschaubildern, die den Besuch der jeweiligen Webseite nur 'anteasern' und den 'Genuss' des eigentlichen Werkes nicht ersetzen, […] von einer noch zulässigen Nutzungshandlung auszugehen". Deshalb hält er es "für nicht unwahrscheinlich, dass sich Internetnutzer, die von Webseiten teilen, auf denen ein Sharing-Button eingebunden ist, in einigen Konstellationen mit Verweis auf die Vorschaubilder-II-Rechtsprechung erfolgreich gegen entsprechende Abmahnungen wehren können".

Deshalb erscheinen Ulbricht neue Abmahnwellen für mit dem Facebook-Share-Button geteilte Inhalte "höchst unwahrscheinlich", weil sie "auch für den 'Abmahner' ein rechtliches Risiko darstellen, […] solange hier keine obergerichtliche Rechtsprechung existiert". Ein von Solmecke herangezogenes Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 17. Juli 2014 (Az. 2-03 S 2/14) hält der Stuttgarter für nicht ausreichend. Dort wurde seiner Lesart nach nur entschieden, "dass mit der Einbindung eines Share-Buttons eine schlichte Einwilligung seitens des Webseitenbetreibers zum Ausdruck komme, dass der Inhalt eben geteilt werden dürfe".

Die Interpretation, dass sich Webseitenbetreiber deshalb von Fotografen neue Rechte für die Fremdnutzung in Sozialen Medien einräumen lassen müssten, würde seiner Ansicht nach "dazu führen, dass bald alle Social-Media-Sharing-Buttons verschwinden müssten, weil sie sonst unkalkulierbare Risiken für die Webseitenbetreiber bedeuten würden, im Falle der (teilweise massenhaften) Verbreitung der Inhalte über Soziale Medien von dem jeweiligen Urheber dafür in Anspruch genommen zu werden". Wie lebensfern das ist, zeigt sich dem promovierten Juristen zufolge auch daran, dass sich derzeit "nicht einmal große Medienhäuser [gesonderte] Nutzungsrechte zum Angebots des Teilens der verwendeten Inhalten bei Twitter, Facebook & Co einräumen" lassen, "sondern eben Rechte zur Veröffentlichung auf den eigenen Präsenzen".

Update:: Rechtsanwalt Solmecke hat mittlerweile entdeckt, dass der Sportfotograf selbst öffentlich angibt, seit 1999 für den Axel-Springer-Verlag tätig zu sein. Deshalb geht er davon aus, dass dessen Lizenz auch die Weiterverbreitung via Facebook umfasst. Außerdem macht er darauf aufmerksam, dass sich die Abmahnung nur darauf stützt, dass der Urheber auf Facebook noch einmal namentlich genannt werden wollte.

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