Ukraine: als Kampffeld erwünscht

Weshalb US-Politiker eine Aufrüstung Kiews fordern

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Mit satter Mehrheit von Demokraten wie Republikanern hat das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten dazu aufgerufen, an die ukrainische Regierung auch "tödliche Waffen" zu liefern. Die US-amerikanischen Oberkommandierenden der NATO verlangen längst danach; im Terrain der westlichen Nachbarn der Ukraine und Russlands baut das transatlantische Bündnis eine zweite Front auf. Das Minsker Abkommen Nr. 2 wird dabei kaum ernst genommen.

Der ukrainische Präsident Poroschenko am Mittwoch beim Empfang der ersten Lieferung von Humvees, also noch von so genannten "nichttödlichen" Waffen. Bild: president.gov.ua

In der US-amerikanischen politischen Klasse dominiert der Drang, beim "hybriden" Krieg um die Ukraine die militärische Komponente zu stärken und so auch die geopolitische Konfrontation mit Russland zu verschärfen. Mit einem "großen" oder gar atomaren militärischen Konflikt zwischen Moskau und Washington wird offenbar nicht kalkuliert, wohl aber mit einer Fortdauer der Gewalt in der Ukraine und weiteren Sanktionen gegen die russische Ökonomie. Dass so Differenzen zwischen der US-amerikanischen Russlandpolitik und der etlicher EU-Staaten, vor allem auch der Bundesrepublik, sich verfestigen, beunruhigt die Supermacht nicht; einen Dämpfer für europäische Eigenwilligkeiten hat sie offenbar einkalkuliert. Weshalb denken US-Politiker so?

Dass der Kampfplatz Ukraine bedrängende Folgen für ihre eigene Gesellschaft hat, müssen sie nicht befürchten, Kiew liegt weit ab von Washington. Auf dauerhaften Austausch mit Russland ist die US-amerikanische Wirtschaft - anders als die der Bundesrepublik - nicht angewiesen; auf russische Energieangebote auch nicht, die will sie ja gerade vom europäischen Markt verdrängen. Negative Effekte der Sanktionen für die Sanktionäre betreffen nicht die USA. Die Kosten für den Unterhalt des Kampfplatzes Ukraine und der konfrontativen Russlandpolitik sollen überwiegend zahlungskräftige EU-Staaten übernehmen.

Dass auf diese Weise in Russland militanter "Patriotismus" sich weiter verstärkt, muss auf längere Sicht auch nicht störend sein. Aufrüstung bringt den russischen Staat in zusätzliche wirtschaftliche Probleme. Putins Regime kann dann Vertrauensverlust erleiden, dagegen hilft auf Dauer auch keine martialische Präsentation. In der US-amerikanischen Gedankenwelt grassiert die Erwartung, in Moskau komme so Regime Change in Gang, eine Art neuer Jelzin werde dann in den Kreml einrücken, Russland als geopolitischer Konkurrent der USA und möglicher Dauerpartner Chinas seine Bedeutung verlieren.

Vor einer weltweiten "hybriden" Aggression russischer Politik müssen die USA sich nicht fürchten; sie sind strategisch und ökonomisch in einer absolut besseren Position. Dass Putin "den Globus beherrschen" wolle, ist angesichts dessen nur ein propagandistisches Konstrukt.

Fazit: Die Menschen im ukrainischen Terrain, ob der Kiewer Regierung oder den Separatisten zuneigend, haben mit zivilen Verhältnissen nicht zu rechnen. Sie bleiben Opfer einer Politik, die Gewalt, in unterschiedlichen Formen, für das Natürlichste im Weltgeschehen hält.