"Gehaltstransparenz ist sinnvoll und nötig"

Die Unternehmerin Anke Domscheit-Berg über benachteiligte Frauen, zögerndes Management und persönliche Angriffe

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Anke Domscheit-Berg arbeitete in verschiedenen Positionen bei der IT-Beratung Accenture, als Projektleiterin für IT-Strategieprojekte im Business Technology Office von McKinsey - und als Direktorin bei Microsoft Deutschland. Mittlerweile hat sie zwei eigene Unternehmen gegründet: fempower.me und opengov.me. Die Netzaktivistin engagiert sich beruflich und politisch für mehr Transparenz in der Politik und Geschlechtergerechtigkeit. Mit ihrem Ehemann Daniel Domscheit-Berg und ihrem Sohn lebt sie in Fürstenberg/Havel im Norden von Brandenburg. Kürzlich erschien ihr Buch "Ein bisschen gleich ist nicht genug!".

Anke Domscheit-Berg. Bild: Julia Tham/CC-BY-SA-3.0

Im Gespräch mit Telepolis erklärt Domscheit-Berg, warum in den Entscheidungsgremien meist Männer sitzen, was sie an der Geschlechterdebatte stört und weshalb viele Medien ihrer Verantwortung nicht gerecht werden.

Frau Domscheit-Berg, was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an die Gleichstellungspolitik der Bundesregierung denken?

A; Das ist eine Politik der Kompromisse. Dank Manuela Schwesig inzwischen aber auch eine Politik der Fortschritte. Es tut sich was, Stichwort Frauenquote. Damit durchstoßen wir eine Schallmauer.

Ab 2016 soll der Frauenanteil in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen mindestens 30 Prozent betragen. Arbeitgeberverbände warnen, eine gesetzliche Vorgabe schade Unternehmen wie Beschäftigten.

Anke Domscheit-Berg: Daran sieht man, wie nötig der Kompromiss ist. Solche Reaktionen sind lächerlich. Die Quote betrifft nur 108 Unternehmen. Zieht man die diejenigen Frauen ab, die bereits in den Gremien sitzen, reden wir über zirka 100 Frauen, die in die Aufsichtsräte einziehen. Und vor denen hat die Wirtschaft allen Ernstes Angst? Die Debatte zeigt allenfalls die psychologische Hemmschwelle. Quoten sind wichtig, sonst ändert sich nichts. Hoffentlich sprechen wir bald über eine 40-Prozent-Quote.

Bundesfamilienministerin Schwesig will jungen Eltern zudem eine staatlich unterstützte 32-Stunden-Woche ermöglichen, das Elterngeld Plus ist ohnehin längst beschlossen. In den Reihen der CDU und CSU brodelt es...

Anke Domscheit-Berg: ...Frau Schwesig ist mutig, sie macht verschiedene Baustellen auf und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, sinnvolle Kompromisse zu erzielen. Die CDU dagegen betreibt Klientelpolitik. Sie traut sich nicht, den einflussreichen Wirtschaftsverbänden zu widersprechen. Es ist überdies eine unrühmliche Praxis, jene Menschen lächerlich zu machen, die mit Konzepten zur Geschlechtergerechtigkeit an die Öffentlichkeit treten. Offensichtlich hat das auch Kanzlerin Merkel erkannt, sonst hätte sie sich wohl Ende des Jahres nicht vor Manuela Schwesig gestellt und ihre eigenen Leute zurückgepfiffen.

"Weinerlich" hatte Volker Kauder die Familienministerin zuvor in der Debatte um die Frauenquote genannt.

Anke Domscheit-Berg: Solche Macho-Sprüche sind peinlich. Das Unsachliche, Beleidigende sollten wir ohnehin aus der Debatte heraushalten, denn es ist destruktiv. Und zudem extrem frustrierend für all die Leute, die Ideen haben, mutig sind und sich für eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Klar ist aber auch: Der Staat sollte bei sich selbst ansetzen. Wasser predigen und Wein saufen, nein, das passt nicht.

Wie meinen Sie das?

Anke Domscheit-Berg: Der Staat taugt bislang nicht als Vorbild. In vielen staatlich kontrollierten Unternehmen arbeiten kaum mehr Frauen in Führungspositionen als anderswo. Bei den öffentlichen Banken sieht es gar schlechter aus als in den DAX-30-Unternehmen. Die Politik schreibt der Wirtschaft also Quoten vor, die sie im eigenen Laden nicht ansatzweise vorlebt. In über 90 Prozent der öffentlich rechtlichen Banken sitzt überhaupt keine Frau im Vorstand. Derlei ist nicht vermittelbar. Und denken Sie an die Gehaltsunterschiede. Es ist eine Frechheit, dass männliche Referatsleiter in Bundesministerien besser bezahlt werden als weibliche. Erfreulicherweise reformiert Manuela Schwesig auch das Gleichstellungsgesetz im öffentlichen Dienst.

Aussagen wie: "Das geht doch sowieso nicht" langweilen mich

Die Ministerin will Firmen obendrein verpflichten, ihre Gehaltsstrukturen offenzulegen. Was antworten Sie jenen Arbeitgebern, die sagen, Manuela Schwesig überdrehe und greife mit ihren Vorgaben in die unternehmerische Freiheit ein?

Anke Domscheit-Berg: Ein weiteres Scheinargument. Gehaltstransparenz ist sinnvoll und nötig. Denn viele Frauen wissen gar nicht, wie viel mehr ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Tätigkeiten verdienen. Gleichwohl hat mich überrascht, wie konsequent Frau Schwesig vorgeht. Zwar fordere auch ich in meinem Buch eine solche Transparenz, würde allerdings kleine und mittlere Unternehmen davon ausnehmen. Aus meiner Sicht ist es ausreichend, aggregierte Zahlen zugänglich zu machen. Andernfalls könnte man Rückschlüsse auf einzelne Mitarbeiter ziehen. So habe ich auch die Ankündigung von Schwesig zum geplanten Gesetzentwurf verstanden. Die bissigen Reaktionen vieler Wirtschaftsvertreter haben mich indes nicht überrascht, die würden das Konzept gern sofort zerreißen - egal, wie es im Detail aussieht.

Sie fordern auch eine individuelle Besteuerung von Männern und Frauen, unabhängig von deren Familienstand. Kritiker kommentieren derartige Vorschläge seit jeher mit dem Satz, ein solches Modell sei juristisch und politisch in Deutschland nicht durchsetzbar.

Anke Domscheit-Berg: Das ist Unfug. Es kommt - wie immer - auf die Umsetzung an. Aussagen wie: "Das geht doch sowieso nicht" langweilen mich. Fakt ist: Das derzeitige Ehegatten-Splitting schafft Ungerechtigkeiten. Maximale Einkommensunterschiede werden maximal subventioniert. Diejenigen Familien, in denen Ehemann und Ehefrau gleich verdienen, erhalten dagegen keinerlei Förderung. Das kann doch nicht im Interesse des Staates sein! Wir werden Geschlechtergerechtigkeit nicht annähernd erreichen, wenn wir all diese Hürden beibehalten.

Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass Frauen in der Wirtschaft nach wie vor benachteiligt sind?

Anke Domscheit-Berg: Ich habe in meinem Betriebswirtschaftsstudium gelernt, der Mensch sei ein Homo oeconomicus und dass deshalb bei Management-Entscheidungen stets die Frage im Vordergrund stehe: Was bringt den größten wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen? Allerdings zeigen zahlreiche Studien, dass das falsch ist. Entscheidungen von Führungskräften werden auch von vielen anderen Kriterien beeinflusst.

Zum Beispiel?

Anke Domscheit-Berg: Unter anderem von Genderstereotypen, was zur Folge hat, dass in Führungspositionen nicht die besten Leute sitzen, sondern aus Prinzip meist Männer. Immer wieder werden mittelmäßige Männer überdurchschnittlich kompetenten Frauen vorgezogen. All diejenigen, die behaupten, das sei Blödsinn, sollten uns bitteschön erklären, weshalb nur knapp 6 Prozent Frauen in Topführungspositionen von Großunternehmen zu finden sind. Wegen der mangelnden Diversity gehen viele Produkte übrigens an einem Teil des Marktes vorbei und es kommen weniger Innovationen zustande. Bei einer ausgewogenen Geschlechtermischung ist die Innovationskraft am stärksten, wir verzichten also auf Wettbewerbsfähigkeit.

"Gender Balance" ist nicht nur fair, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil

Welches Unternehmen taugt derzeit als Vorbild?

Anke Domscheit-Berg: Die Deutsche Telekom hat einen beeindruckenden Weg eingeschlagen.

Weil der Frauenanteil im Aufsichtsrat zuletzt auf 40 Prozent gestiegen ist?

Anke Domscheit-Berg: Nicht nur deshalb. Das Unternehmen verfolgt schon länger eine klare Strategie, um gläserne Decken einzureißen, auf allen Ebenen, bin hin zum Vorstand. Das zahlt sich inzwischen auch im Recruiting aus. Wir alle wissen: Gute Ausbildungsbewerber in technischen Berufen sind knapp. Von ebenjenen Nachwuchstalenten braucht die Telekom aber bekanntlich besonders viele. Ich kenne kein anderes Unternehmen, in dem der Frauenanteil in den technischen Ausbildungsberufen 50 Prozent beträgt. Ohne das gute Image als Unternehmen mit fairen Chancen für Frauen wäre das kaum gelungen.

Geschlechtermischung als Imagekampagne?

Anke Domscheit-Berg: Offensichtlich zahlt sich diese Strategie aus. Viele Vorstände haben inzwischen begriffen, dass "Gender Balance" nicht nur fair ist, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil. Auch das weisen Studien seit Jahren nach.

Und weshalb scheitern die meisten Manager bei der Umsetzung?

Anke Domscheit-Berg: Genau das stellt mich als einen Menschen mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung vor ein echtes Rätsel. Die wissen doch alle, wie es geht! Warum diese Tatenlosigkeit? Sie brauchen doch nur das gleiche machen, was sie tun, wenn sie einen neuen Markt erschließen wollen oder ein neues Produkt entwickeln. Um das zu erreichen, gehen die Firmen stets nach den gleichen bewährten Methoden vor. Aber weshalb nicht beim Thema Geschlechtervielfalt? Wirklich merkwürdig.

Welche Methoden meinen Sie?

Ziele konkretisieren - was soll bin wann erreicht werden, Verantwortlichkeiten benennen, Ressourcen zuteilen. Dann: Zielerreichung überprüfen, Sanktionen verhängen, wenn es nicht klappt; Belohnungen verteilen, wenn es klappt - das Übliche eben. Ich war an einer McKinsey-Studie beteiligt, es ging es um die tief verankerten und teils unbewussten Glaubenssätze, nach denen Verantwortliche handeln, obwohl sie es rational besser wissen müssten. Solche gängigen Stereotype lauten: Ein männlicher Führungsstil ist der einzig wahre", "Frauen bringen es einfach nicht", "Männer sind Hauptverdiener" und so weiter. Da tauchten sämtliche Vorurteile auf - erschreckend!

Aber stehen einige Frauen sich im Beruf nicht auch selbst im Weg, weil sie zu leise und risikoscheu sind?

Anke Domscheit-Berg: Das will ich nicht abstreiten. Viele Frauen könnten im Beruf in der Tat mehr Risikobereitschaft an den Tag legen, mobiler sein, selbstbewusster auftreten und zudem energischer für ihre Ziele eintreten oder sich häufiger gegen Sexismus am Arbeitsplatz wehren. Leider ist das aber auch eine Gratwanderung, denn selbstbewusste Frauen bekommen schnell das Label "karrieregeil" oder "aggressiv". Kritik-übende Frauen hält man für "zickig". Hier wird oft mit zweierlei Maß gemessen. Die Mobilität hängt natürlich oft auch vom Partner ab.

Es geht aber auch um viele vermeintlich kleine Dinge: Man kann auch Beschwerdebriefe schreiben, Unternehmen antwittern, wenn jene mal wieder eine sexistische Werbung geschaltet haben. Letztlich würden viele sexistische Produkte vom Markt verschwinden, schon wenn wir Frauen diesen Kram nicht kauften.

An welche Produkte denken Sie?

Anke Domscheit-Berg: Es gibt eine Menge Frauen, die sich darüber ärgern, dass es in den meisten Geschäften nur rosa und hellblaue Strampler gibt. Aber die Wenigsten beschweren sich an der richtigen Stelle darüber oder suchen im Netz nach einer Alternative. Leider höre ich noch immer viel zu oft den Satz: "Ach, daran kann ich eh nichts ändern." Das ist ein schwerwiegender Irrtum, denn unser Einfluss als Käuferinnen ist groß.

In den Medien sehe ich zurzeit eher eine Rückwärtsbewegung

Politik und Wirtschaft sind nur zwei Akteure von vielen, Sie, Frau Domscheit-Berg, appellieren in Ihrem Buch auch an die Medien, Geschlechtergerechtigkeit auf die Tagesordnung zu setzen. Wo genau sehen Sie Handlungsbedarf?

Anke Domscheit-Berg: Medien sind mächtig, sie sind die vierte Gewalt. Leider werden viele von ihnen dieser großen Verantwortung nicht ausreichend gerecht. Das liegt unter anderem daran, dass nennenswert weniger Frauen Nachrichten machen. Nur zwei Prozent weibliche Chefredakteure in deutschen Medien! In den Wirtschafts- und Politikredaktionen der Zeitungen und Sender sieht es nicht wesentlich besser aus. Zudem kommen Frauen in den Medien seltener als Experten zu Wort. Wenn überhaupt, dann zu den sogenannten Frauenthemen. Andererseits werden sie häufiger als Opfer thematisiert, obwohl die meisten Opfer männlich sind. All diese klassischen Stereotype sollten wir endlich überwinden. Leider sehe ich in den Medien zurzeit eher eine Rückwärtsbewegung.

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Anke Domscheit-Berg: Wenn in ARD-Kinderfilmen nur etwa 24 Prozent aller Hauptrollen von weiblichen Personen gespielt werden, transportieren wir falsche Bilder an unsere Kinder. Nach dem Motto: Mädchen spielen eine unwichtigere Rolle als Jungs. Wenn darüber hinaus weibliche Figuren mit unrealistischen Körpern gezeigt werden, überlange Beine, extrem schmale Taille, dann ist das fatal. Auch womit sich die Figuren beschäftigen, unterscheidet sich nach Geschlecht. All das prägt Mädchen und Jungen zugleich. Wie durch ein trojanisches Pferd werden hier Werte transportiert, die schädlich sind für unserer Gesellschaft. Sie wirken sich auch auf spätere Berufswünsche aus, sodass mehr Mädchen heute Modell werden wollen als Wissenschaftlerin. Hier versagen die Medien auf ganzer Linie. Oder schauen Sie sich die Talkshows an, da sitzen immer sehr, sehr viele Männer, manchmal keine einzige Frau.

Sie saßen schon des Öfteren in Talkshows.

Anke Domscheit-Berg: (lacht) Zwar werde ich ab und zu eingeladen, wenn es um Themen geht wie "Digitale Revolution" oder "Überwachungsstaat", aber in der Regel bin ich dann auch die einzige Frau in diesen Runden. Dabei kenne ich viele Frauen, die sich mit denselben Themen beschäftigen, die genauso kompetent sind. Warum werden die nicht auch eingeladen? Selbst bei einer Konferenz mit dem Titel "Die Zukunft des Internets" habe ich erlebt, dass die Reden auf dem Podium nur von Männern gehalten wurden. Aber kann man sich die Zukunft des Internets ohne Frauen vorstellen? Solche Veranstaltungen kann man schon deshalb nicht ernst nehmen. Leider sind das keine Einzelfälle.

Der Ton in der Debatte hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verschärft

Noch einmal zum Thema "Vorbilder": Die Yahoo-Chefin Marissa Mayer hat einen eigenen Stil durchgesetzt, der...

Anke Domscheit-Berg: ...Nicht nur Super-Wirtschafts-Star-Personal taugt als Vorbild, sondern zum Beispiel auch "Tatort"-Kommissarinnen. Siehe da, auf einmal gibt es in NRW 50 Prozent Polizeianwärterinnen. Woran liegt das bloß? Ich behaupte: Ohne die TV-Vorbilder sähe das anders aus. Ähnliches würde ich mir im Übrigen auch für Wissenschaftlerinnen und Programmiererinnen wünschen. Solche starken Frauen sollten in der Öffentlichkeit endlich sichtbarer werden.

Geschlechterdebatten werden in der Öffentlichkeit meist emotional geführt - ärgert Sie das?

Anke Domscheit-Berg: Mit Leidenschaft oder Konsequenz eine Meinung zu vertreten, ist kein Problem, aber ich beobachte etwas anderes. Der Ton in der Debatte hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verschärft; Verletzungen werden billigend in Kauf genommen. Eine Feministin, die in der Öffentlichkeit ihre Meinung äußert, muss damit rechnen, dass ihre Adresse im Netz veröffentlicht wird, dass Aufrufe gegen sie gestartet werden, dass mit Vergewaltigung oder gar Mord gedroht wird. Immer häufiger geht es darum, Menschen zu verletzen und persönlich anzugreifen. Solange wir uns auf einem derart primitiven Niveau bewegen, wird es sehr, sehr schwierig, konstruktive Debatten zu führen. Viele Frauen halten sich deshalb in der Öffentlichkeit zurück, sie haben Angst vor den möglichen Konsequenzen.

Haben Sie mal darüber nachgedacht, sich nicht mehr öffentlich für das Thema einzusetzen?

Anke Domscheit-Berg: Ich bin nicht der Mensch, der sich zurückzieht. Gleichwohl gab es Momente, in denen ich auch Angst hatte und mich fragte: Warum tue ich mir das an?

Und wie lautete die Antwort?

Anke Domscheit-Berg: (überlegt) Weil es nötig ist. Irgendjemand muss es ja machen. Auch meine Adresse wurde veröffentlicht, zudem gab es fiese Aufrufe, deren Inhalt ich nicht wortwörtlich wiedergeben möchte. Nur so viel: Mir hat mal jemand geschrieben, er würde mir gern eine lange Busfahrt durch Indien sponsern. Solche Dinge sind sehr verletzend. Man weiß ja auch nie, wohin das führt. Kürzlich habe ich mit meinem Ehemann darüber gesprochen, was die Veröffentlichung dieses Buches für die Familie bedeuten könnte. Dass solche Familiengespräche überhaupt stattfinden, ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

Dennoch hätten Sie das Buch wohl nicht geschrieben, wenn Sie nicht davon überzeugt wären, dass eines Tages Geschlechtergerechtigkeit herrschen würde. Was schätzen Sie, wie lange wird der Prozess dauern?

Anke Domscheit-Berg: Eine schwierige Frage. Ich habe mehrere Stimmen in mir, die optimistische und einen realistischen Schweinehund, der sagt "So schnell geht das alles nicht". Es ist ja auch eine Frage der Definition: Ab wann bezeichnet man eine Gesellschaft als geschlechtergerecht? Wahrscheinlich wird es noch zwischen 50 und 100 Jahre dauern. Ich wäre froh, wenn ich es noch erleben würde, und zwar bevor Alzheimer meinen Geist verdunkelt. Dafür kämpfe ich, dafür setze ich mich ein. Ich will es noch selbst sehen!

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