Worauf Mitarbeiter der US-Flugsicherheit achten

(Oder womit sie ihre Durchsuchungsauswahl begründen)

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The Intercept hat eine geleakte Liste mit Kriterien veröffentlicht, nach denen Mitarbeiter der US-Luftsicherheitsbehörde TSA entscheiden sollen, welche der wartenden Passagiere sie für eine intensivere Durchsuchung und Überprüfung herauswinken sollen und welche nicht.

Die Kriterien sind mit Punkten versehen, durch deren Addition und Subtraktion TSA-Angestellte errechnen können, wer auf der Herauswinkliste wie weit oben steht. Einen Punkt bringt es zum Beispiel, wenn der Passagier ein auffällig blasses Gesicht hat, das aus einem unlängst abrasierten Salafistenbart resultieren könnte. Auch Schweißgeruch zählt - wegen der verstärkten Transpiration bei Stress - zu den Eigenschaften, die die Chancen auf eine intensive TSA-Überprüfung um einen Punkt erhöhen. Zuspätkommen oder das Vermeiden von Augenkontakt können dem Passagier ebenfalls einen Punkt einbringen.

Wenn der Fluggast keines dieser Stresssymptome zeigt, sondern dem TSA-Mitarbeiter grimmig ins Gesicht blickt, erhöht sich das Verdachtskonto nicht nur um einen, sondern gleich um zwei Punkte. Die erhält auch jemand, der "arrogant" wirkt, zögert, bevor er sich in die Kontrollschlange einreiht, oder seine Tasche besonders fest hält. Noch verdächtiger (drei Punkte) macht er sich, wenn er dem Kontrollpersonal Fragen zu den Kontrollen stellt, "verwirrt" wirkt oder "verkleidet" beziehungsweise "vermummt" aussieht.

Bei wem vier Punkte zusammenkommen, der soll der Vorschrift nach überprüft werden. Außer, er hat auch Minuspunkte gesammelt. Die gibt es zum Beispiel, wenn jemand mit seiner Frau und seinen Kindern reist. Hier wird angenommen, dass das Risiko für einen Anschlag geringer ist, wenn der Ehepartner oder der Nachwuchs ihm mit zum Opfer fallen würden. Sind die Ehepartner älter als 55, fallen zwei Punkte weg. Alleinreisend bekommen Frauen über 55 und Männer über 65 Jahren jeweils einen Punkt abgezogen.

TSA-Mitarbeiter beim Gepäckscannen. Foto: TSA

Ob die TSA-Mitarbeiter in ihren Köpfen tatsächlich Punkte addieren und subtrahieren, ist allerdings umstritten. Ein ehemaliger leitender Angestellter der TSA sagte The Intercept, in der Praxis würden Fluggäste einfach nach Bauchgefühl herausgewunken. Die Liste verwendet man ihm zufolge höchstens im Nachhinein, um seine Auswahl im Bedarfsfall zu begründen. Weil sie so zahlreiche (insgesamt 92) und so unscharfe Kriterien enthalte, lasse sich damit so gut wie jede Entscheidung begründen.

Das vermutet auch die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU), die seit letzter Woche gegen das Behavior-Detection-Programm klagt, zu dem die Liste gehört. Sie und andere Kritiker stören sich unter anderem daran, dass seit 2007 900 Millionen Dollar in die Entwicklung und in Schulungen für TSA-Mitarbeiter geflossen sind, ohne dass das Programm wissenschaftlich evaluiert wurde. Das trug mit dazu bei, dass TSA-Mitarbeiter in der Öffentlichkeit und in den Medien ein eher zweifelhaftes Image genießen, das sich zum Beispiel in der Netflix-Serie Orange is the New Black widerspiegelt.

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