Amazon testet Lieferdrohnen in Kanada

Nachdem die US-Luftbehörde sich mit einer Genehmigung schwer tut und den Flug nur in Sichtweite erlauben will, hat der Konzern seine schon länger geäußerte Drohung wahr gemacht

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Die US-Flugbehörde FAA hat unlängst eine Regulierung für den Betrieb gewerblicher Drohnen vorgestellt. Sie sieht vor, dass Drohnen bis zu einem Gewicht von 25 kg nur bei Tageslicht maximal bis zu einer Höhe von 152 m in Sichtweite des Piloten fliegen dürfen. Autonom fliegende oder ferngesteuerte Drohnen zur Auslieferung von Paketen, wie dies Amazon und andere Unternehmen beabsichtigen, wären damit nicht möglich (Sind die Amazon-Drohnen eine gute Idee?). Das Gesetz soll 2017 verabschiedet werden, man kann davon ausgehen, dass die Lobby daran noch einiges verändern wird. Amazon ist vorerst schon einmal nach Kanada ausgewichen, um dort die Drohnentechnik auf einem geheimen Gelände zu testen.

Bild: Amazon

Mehrmals hatte Amazon bereits gewarnt, ins Ausland zu gehen, wenn die US-Regierung Amazons Projekt verhindert, Drohnen zur Auslieferung zu testen und einzusetzen. Versucht hatte Amazon, im Bundesstaat Washington eine Genehmigung für Tests unter freiem Himmel zu erhalten. Der Antrag wurde im Juli 2014 gestellt, Amazon erhielt erst letzte Woche die Genehmigung - offenbar zu spät. Der Konzern musste die Drohnen in einem Gebäude in Seattle testen, hatte aber in Israel und in Cambridge die Möglichkeit, sie auch draußen fliegen zu lassen. Die Ungeduld war jedenfalls so groß, dass man bereits vor einigen Monaten nach British Columbia ausgewichen ist und dort mit einem größeren Team von Robotikwissenschaftlern, Programmierern, Luftfahrtexperten und Experten für Fernerkundung, wie der britische Gurdian berichtet, die Technik anwendungsreif machen will. Der Innovationsdruck sei so hoch, dass man keine Zeit mehr verlieren wollte, so Paul Misener von Amazon.

Geplant ist offenbar, einen Korridor zwischen 60 m und 152 m zu nutzen. Da ab 152 m Höhe der normale Flugraum beginnt, würde man den Vorgaben der FAA genügen, während die meisten Gebäude nicht höher als 60 m sind. Die Drohnen sollen zudem, wie von der FAA vorgesehen, weniger als 25 kg Gewicht haben, aber autonom 10 Meilen (17km) und länger mit einer Geschwindigkeit bis zu 80 km/h und einem Gewicht bis zu 2,5 kg fliegen. Ziel ist es, die Ware innerhalb von 30 Minuten nach Bestellung mit der Drohne an den Kunden zu liefern.

Amazon will eigene Drohnen herstellen, die durch ihre Sicherheit überzeugen sollen. In Kanada wurden bislang, so der Guardian, Sensoren, die Hindernisse entdecken und vermeiden sollen, Techniken, die eine Störung der Funkverbindung überbrücken, die Stabilität bei Wind und Turbulenzen und anderen Umwelteinflüssen getestet. Aus den bewährten Komponenten soll dann ein Prototyp gebaut werden.

Wie der Guardian weiter berichtet, hat Amazon in unmittelbarer Nähe zur US-Grenze ein großes offenes Gelände umgeben von Bäumen erworben, um dort mit der Genehmigung der kanadischen Regierung die Drohnen für den geplanten Lieferdienst "Prime Air" zu testen. Kanada scheint sich für den Drohnenmarkt positionieren zu wollen. Während die FAA zögert und umfangreiche Anträge und Dokumentationen verlangt, wurde in Kanada die Genehmigung in drei Wochen erteilt, innerhalb des Testgeländes soll Amazon, so der Guardian, praktisch freie Hand haben. Während die FAA von 750 Anträgen für Drohnentests gerade einmal 48 genehmigt hatte, genehmigte die kanadische Flugbehörde Transport Canada im letzten Jahr alleine 1.672 gewerbliche Anträge.

Die FAA besteht zudem darauf, dass Drohnen nur in Sichtweite fliegen dürfen, was die Pläne von Amazon natürlich verhindern würde. In Kanada seien bereits 2.400 Quadratkilometer Luftraum für Drohnentests mit Flügen außerhalb der Sichtweite vorgesehen. Auch in Wales soll demnächst ein solches Gebiet eingerichtet werden. Hält die FAA an der restriktiven Politik fest, könnte dies die bislang vorhandene Dominanz der US-Firmen in der Drohnentechnik untergraben.