Weniger Lehrstellenverträge und weniger Bewerber

Der Berufs-Bildungsbericht 2014 spricht von "Passungsproblemen" auf dem Ausbildungsmarkt. Bildungsministerin Wanka fordert mehr Wertschätzung für die "Duale Ausbildung"

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Das Angebot an Ausbildungsplätzen sank 2014 wie auch die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen und die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging nochmals zurück, konstatiert der Berufsbildungsbericht 2015 der Bundesregierung. Der Trend der letzten Jahre setze sich fort. Als Gründe werden sinkende Schulabgängerzahlen genannt, eine gestiegene Studierneigung und "Passungsprobleme" auf dem Ausbildungsmarkt.

Das Phänomen der Passungsprobleme - wozu beispielsweise Unterschiede zwischen den Ausbildungswünschen der Jugendlichen und den betrieblichen Anforderungen oder dem Angebot des dualen Systems zählen wie auch Anforderungen der Märkte, worauf die Betriebe reagieren, das Ausbildungssystem anscheinend aber nicht im gewünschten Maße u.a. - durchzieht als roter Faden den 496-seitigen Bericht. Herausgestellt wird die allseits bekannte Mahnung, dass künftig Facharbeiter fehlen.

Hohe Anteile an unbesetzten Ausbildungsstellen und an erfolglosen Bewerbern zeigen, dass Angebot und Nachfrage nicht ausreichend zueinanderfanden, so ein Kernresüme des Bildungsberichts. 522.200 Ausbildungsverträge gab es im vergangenen Jahr, über 7.000 weniger als im Vorjahr, das sei"erneut ein Tiefstand". Dass 37.100 der registrierten Ausbildungsstellen im Berichtsjahr nicht besetzt werden konnten, markiere den höchsten Wert seit 1995 und eine Steigerung von etwa 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Trends korrespondieren mit den Zahlen, die das Statistische Bundesamt (das einen anderen Stichtag als Maßgabe hatte) ebenfalls heute veröffentlichte.

Erste Reaktionen von politischer Seite konzentrierten sich darauf, dass die Lehrlingsausbildung gegenüber der Neigung zum Studium, in der polemischen Debatte heißt das Stichwort "Akademisierungswahn" (Julian Nida-Rümelin) - ins Hintertreffen gelangt ist. So plädiert exemplarisch Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) für eine "höhere Wertschätzung der dualen Ausbildung", die gerade international als Stärke Deutschlands gesehen werde.

Exemplarisch ist auch die Reaktion von SPD-Politiker Hubert Heil, der anmahnt, dass bloße Wertschätzung nicht reiche, sondern an die Arbeitgeber plädiert, dass sie sich mehr um Ausbildungssuchende mit "schwachen Schulabschlüssen" bemühen. Es gehe nicht, dass diese Personen keine Chance bekommen, die Unternehmer müssten mehr tun, als nur "über fehlende Ausbildungsreife zu lamentieren". Die Klage ist bekannt (siehe "Sie müssen auch Hauptschülern wieder bessere Chancen geben") und sie wird auch von Gewerkschaften bekräftigt. So äußerte sich IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban gegen eine "Bestenauslese", die endlich aufhören müsse.

Auch Jugendlichen mit Hauptschulabschluss muss eine Ausbildung ermöglicht werden. Über 280.000 von der Bundesagentur für Arbeit als geeignet eingestufte Jugendliche haben vergeblich eine Ausbildung gesucht.

Dem Bildungsbericht ist zu als Beobachtung zu entnehmen, dass die Unvermittelten einen merklich höheren Altersdurchschnitt haben (54 % sind über 28; bei der Gesamtzahl der Bewerber beträgt der Anteil 48 Prozent) und dass die Bewerber mit Migrationshintergrund zum ungenutzten Potential gehören.

Besonderes Augenmerk sollte aber auch auf diejenigen gelegt werden, die zwar einen Schulabschluss der Sekundarstufe I haben, die aber ohne for­male Qualifikation bleiben und auch nicht in Ausbildung sind. Diese Gruppe bietet ein großes Qualifikations- und künftiges Arbeitskräftepotenzial. Darunter befinden sich viele junge Menschen mit eigenem Migrationshintergrund, die arbeitslos bzw erwerblos sind.