Amtsgericht Nienburg erlaubt Dashcam-Aufnahmen zur konkreten Beweissicherung

Autofahrer, die ihre Kamera nur "anlassbezogen" einschalten, dürfen damit rechnen, dass die Bilder vor Gericht zugelassen werden

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Im letzten Jahr lehnten die Amtsgerichte Münchenund Heilbronn Aufnahmen aus Dashcams als Beweise ab, weil diese ihrer Ansicht nach gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen. D as Amtsgericht Nienburg kommt in einem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil aus dem Januar zu einem anderen Ergebnis - wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (Az.: 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14) ).

In dem von ihm verhandelten Fall hatte der Fahrer eines Alfa Romeo Mito seine Dashcam nach eigenen Angaben erst dann eingeschaltet, als ein VW-Bus auf einer vierspurigen Bundesstraße gefährlich dicht auffuhr. Nach dem sehr dichten Auffahren überholte der VW-Bus den Alfa-fahrenden IT-Administrator mit einer Geschwindigkeit über hundert Stundenkilometern und fuhr anschließend absichtlich langsam vor ihm her.

Als das italienische Coupé darauf hin zum Überholen ansetzte, wechselte der VW-Bus selbst schnell auf die Überholspur, was dazu führte, dass der Alfa in Richtung Leitplanke abgedrängt wurde und teilweise nur ein Seitenabstand von fünf Zentimetern zwischen den Fahrzeugen bestand. Dem Gericht war es laut Urteilsbegründung "unerklärlich, warum der Seitenabstand von wenigen Zentimetern nicht weiter unterschritten wurde und warum es nicht zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen ist". Anschließend hielt der Alfa-Fahrer auf einem Parkplatz, auf den ihm der VW-Bus-Fahrer folgte und ihn als "dummen Wichser" und "Arschloch" beschimpfte.

Dashcam. Foto: Rollei

Bei der Entscheidung, ob er die Dashcam-Aufnahmen zulassen soll oder nicht, zitierte der Nienburger Amtsrichter nicht einfach die Urteile aus München und Heilbronn, sondern wägte selbst ab. Dabei kam er zum Ergebnis, dass der Einsatz der Kamera "erforderlich und verhältnismäßig" war, weil sie nicht ständig lief, sondern vom laut Urteil "im Datenschutzrecht geschulten" Alfa-Fahrer erst zu Beginn des Vorfalls eingeschaltet wurde, um ein objektives Beweismittel für einen drohenden Haftungsfall anzufertigen.

Der Richter bezog in seine Entscheidung mit ein, dass auch bei zulässig angefertigten Beweismitteln eine "Gefahr des späteren Missbrauchs […] besteht". Die "abstrakte Furcht vor allgegenwärtiger Datenerhebung" kann seiner Ansicht nach aber "nicht dazu führen, dass den Bürgern sachgerechte technische Hilfsmittel zur effektiven Rechtsverfolgung kategorisch vorenthalten werden".

Den VW-Fahrer verurteilte der Richter zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten und zu zehn Monaten Führerscheinentzug. Das Urteil fiel nur deshalb so milde aus, weil seine Behauptung, er sei nicht mit Absicht, sondern aus Unachtsamkeit und Ungeschicklichkeit ausgeschert, auch durch die Dashcam-Aufnahmen nicht zweifelsfrei wiederlegt werden konnten.

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