20 russische Biker bedrohen Deutschlands Sicherheit

Deutschland und Polen in der Falle der russischen Biker

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Allmählich scheint es auf eine Konfrontation der russischen Bikergruppe "Nachtwölfe" mit europäischen Ländern und damit zwischen Russland und der EU zuzulaufen. Die Gruppe, die hinter der Antimaidan-Kampagne steht und Oppositionelle einschüchtert, hatte angekündigt, zum Jahrestag des Siegs im "Großen Vaterländischen Krieg des sowjetischen Volkes" von Moskau aus den Weg zu fahren, auf dem die sowjetischen Truppen über Weißrussland, Polen, die Tschechische Republik und Österreich nach Deutschland vorgestoßen waren, um am 9. Mai in Berlin den Jahrestag zu feiern. An diesem Tag war dort die bedingungslose Kapitulation ratifiziert worden (Polen: Protest gegen "Putin-Rocker").

Am Samstag waren die Rocker losgefahren, obgleich die polnische und die tschechische Regierung bereits Einreiseverbote verhängt haben. Der russische Verteidigungsminister Sergei Shoigu wünschte den Bikern viel Glück und erklärte, dass die Reise durch Polen auf "Tanks" erfolgen müsste. Das machte die Stimmung nicht gerade besser.

Bild: Nachtwölfe

Die Nachtwölfe dokumentieren hier ihre Reise. Sie waren bereits an der Gedenkstätte in Chatyn und legten dort Blumen für die "Kriegshelden" nieder. Dort wurden 1943 alle Einwohner von der SS ermordet statt. In Weißrussland sei man herzlich begrüßt worden. Russen und Weißrussen seien "Brüder für immer".

Polen will dem Rockerclub die Einreise nicht gestatten, weil sie keine ausreichenden Informationen über die geplante Reiseroute gegeben hätten. Damit müssten die Nachtwölfe von Weißrussland über die Ukraine fahren. Das wäre noch eine größere Provokation. Allerdings ist die Stimmung in Polen nicht eindeutig gegen die russischen Rocker gerichtet, polnische Rocker haben nichts dagegen und bieten Unterstützung an.

Die deutsche Regierung will die russischen nationalistischen Rocker, von Bild als "Putins Schläger-Truppe" bezeichnet, auch nicht einreisen lassen und ihnen keine Visa gewähren. Unter Vorspiegelung falscher Tatsache erschlichene Visa würden nicht anerkannt werden, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Außen- und Innenministerium weisen, so die Zeit, auf Gefahren für die Sicherheit und Ordnung in Deutschland hin, weswegen Ausländer an der Einreise gehindert werden können. Aber man will natürlich auch den russischen Nationalisten im Zeichen der Ukraine-Krise die Selbstdarstellung nicht gönnen: "Wir stellen uns mit Nachdruck gegen jegliche Instrumentalisierung des unermesslichen Leids der Opfer und des Widerstands gegen die Naziherrschaft." Das klingt allerdings reichlich scheinheilig. Die Nachtwölfe hatten angekündigt, dass 20 Biker, die Visa erhalten hätten, einzeln nach Deutschland einreisen wollten, um sich dann in Berlin zu treffen. Es handele sich um keine Provokation.

Die Provokation könnte eigentlich daran liegen, dass die Regierungen aus der angekündigten Reise der Rocker ein Politikum machen und diese verbieten. So hatte man schon auf stur geschaltet: "Wir geben unseren Plan nicht auf und ändern die Fahrtroute nicht", so der Chef der Nachtwölfe, Alexander Saldostanow. "Wenn uns die Einreise auf Motorrädern in einer Kolonne verweigert wird, dann werden wir einzeln durch verschiedene Übergänge die Grenze passieren. Wir geben nicht auf und setzen die geplante Route vollständig durch."

Die Regierungen Polens, Tschechiens und Deutschlands haben womöglich ganz dem Konzept nach reagiert und sind in die Falle gegangen. Jetzt kann man ihnen vorwerfen, dass sie Meinungsfreiheit nicht zulassen. Zudem werten sie eine Aktion von ein paar Bikern durch Verbote sowieso unnötig auf. Schlimmer wäre freilich der Verdacht, dass der Vorwurf, in Russland gebe es nur eine gelenkte Demokratie, auch für Europa gelten würde, wenn aus fadenscheinigen Gründen eine Aktion unterbunden wird, weil sie politisch unerwünscht ist. Dass 20 russische Rocker die Sicherheit Deutschlands gefährden sollten, ist jedenfalls ein blödes Argument, das aber zeigt, wie sehr man in der deutschen Politik wieder im Kalten Krieg angekommen ist.