Blackout in Bayern?

Benötigte neue Stromleitungen nach dem Bundesbedarfplangesetz von 2013. Grafik: Alexrk2. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Gehen im Freistaat 2022 die Lichter aus?

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Im Streit um die im Gefolge der Energiewende geplanten Gleichstromübertragungsleitungen in den Süden spielt sich derzeit eine Auseinandersetzung um die künftige Stromversorgung ab. Während sich die Staatsregierung die Furcht der Anlieger der geplanten Leitungen zu eigen macht, sehen das bayerische Elektrohandwerk und die Bundesnetzagentur (BNetzA) erhebliche Sicherheitsrisiken in der Münchener Energiepolitik.

Aufgrund der für das Jahr 2022 vorgesehenen Abschaltung des letzten bayerischen Kernkraftwerks Isar II bei Landshut verminderten Stromerzeugung in Bayern droht eine Versorgungslücke von fünf Gigawatt Leistung. Daher sollte der Freistaat über die beiden Leitungen SuedLink und Gleichstrompassage Süd-Ost an neue Stromquellen in nichtbayerischen Bundesländern angebunden werden.

Die Planungen für diese Trassen stoßen inzwischen jedoch auf deutlichen Widerstand der betroffen Anlieger und entwickeln sich derzeit zu einem Machtkampf zwischen Bundes- und Landespolitik. Eigentlich ist die Aufgabenteilung klar geregelt und sieht die Planung der im Zusammenhang mit der Energiewende vorgesehenen Stromferntrassen im Aufgabenbereich des Bundes, vertreten durch die Bundesnetzagentur (BNetzA), während die rein bayerische Energiepolitik Sache der Landesregierung ist.

Vor dem Hintergrund der Proteste der Trassenanlieger, die sich nicht nur in Bayern, sondern auch im Freistaat Thüringen gegen den geplanten Verlauf sträuben, hatte man sich bei der Trassenführung schon auf Änderungen verständigt, die sicherstellen sollten, dass Bayern im Bedarfsfalle nicht mit "schmutzigem" Strom aus den östlichen Braunkohlerevieren, sondern mit "sauberem" Windkraftstrom aus Mecklenburg-Vorpommern versorgt würde.

Und obwohl Bayern den Plänen zum Bau der Fernübertragungen damals zugestimmt hatte, versucht man jetzt mit allerlei Winkelzügen die Realisierung dieser Trassen zu verhindern. Dazu will man das sogenannte Landesentwicklungsprogramm (LEP) nutzen, das Heimat- und Finanzminister Markus Söder kürzlich vorstellte. Damit sollen "ökologisch sensible" Gebiete für Stromtrassen gesperrt werden. Die Details der Sperren soll das Umweltministerium der außerhalb Bayerns kaum bekannten Ministerin Ulrike Scharf regeln.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) als zuständige Stelle des Bundes hält jedoch auch gegen den bayerischen Widerstand an ihrer Planung für die sogenannten Stromautobahnen fest. "Bundesrecht hat Vorrang vor der Landesplanung eines Bundeslandes", bemerkte Jochen Homann, der Chef der BnetzA, zu den bayerischen Plänen, mit dem LEP die Trassenpläne der Bundesregierung auszuhebeln.

Im gleichen Atemzug wischte er auch die alternativen Münchener Vorstellungen vom Bau neuer Gaskraftwerke, welche im Bedarfsfall die Stromversorgungslücke schließen sollten, vom Tisch. Der Bau neuer Gaskraftwerke sei viel zu teuer und es sei kein Zufall, dass E.on und die anderen Betreiber das Gaskraftwerk Irsching stilllegen wollten. Zudem müsste für neue Gaskraftwerke das Gasleitungsnetz ausgebaut werden.

Dass die politischen Rangeleien sieben Jahre vor der Abschaltung des letzten KKWs auf der Seite der Verbraucher zu Verunsicherungen führen, ist nicht verwunderlich. Die betroffenen Stromkunden sind zu mehr als drei Vierteln die bayerischen Industriebetriebe, die zumeist nicht über eine ausreichende Eigenstromversorgung verfügen, weil Industriestrom in Bayern in der Vergangenheit in ausreichendem Maße und zu günstigen Preisen verfügbar war.

Während die Stromkonzerne sich derzeit vorwiegend mit ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage herumplagen und nach Lösungen suchen, welche es ihnen wieder ermöglichen könnten, an die Margen der Vergangenheit anzuknüpfen, lässt man anderen Mitspielern im Bereich der Stromwirtschaft den Vortritt beim Verkünden von Warnungen hinsichtlich der Sicherheit der bayerischen Stromversorgung.

Man fühlt sich an die Ankündigung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger aus dem Jahre 1975 erinnert, als dieser in einer Regierungserklärung warnte: "Ohne das Kernkraftwerk Wyhl werden zum Ende des Jahrzehnts in Baden-Württemberg die ersten Lichter ausgehen", wenn die bayerischen Elektrohandwerker jetzt befürchten, dass im Freistaat in wenigen Jahren die Lichter ausgehen könnten.

Hans Auracher, der Vorsitzende im Landesinnungsverband für das Bayerische Elektrohandwerk, verweist dazu auf Marc Elsberg und sein Buch "Black Out", das das Szenario eines Hackerangriffs auf digitale Stromzähler durchspielt, der die Stromversorgung in ganz Europa zum Erliegen bringt. Die Handlung des Buches hat jedoch außer der Vorstellung eines großflächigen Stromausfalls mit der für Bayern befürchteten Entwicklung nichts gemeinsam.

Auch die Forderung nach der Erhaltung der in Bayern angeblich historisch gewachsenen "Grundrechte für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung" trägt nur wenig zur Lösung der anstehenden Herausforderungen bei. Politisch brisanter sind dagegen die Forderungen, dass die bayerische Staatsregierung jetzt über ein nachhaltiges Stromversorgungskonzept für Bayern entscheiden und die für 2023 befürchtete Stromversorgungslücke nachweislich und nachhaltig geschlossen werden müsse. Dazu seien dezentrale Lösungen zu bevorzugen. Die deutlichste Aussage in Opposition zur CSU-Regierung ist jedoch die Forderung des Stromnetzausbaus zur Schließung der drohenden Versorgungslücke. Deutlicher und detaillierter wollte man im Stromtrassenstreit wohl nicht werden.

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