2035 könnte das Internet den gesamten britischen Strom fressen

Unterseekabel (nicht mehr ganz aktuell). Bild: Rarelibra/gemeinfrei

Britischer Wissenschaftler warnt, dass das Internet, wenn es weiter exponentiell wächst, bald an die Kapazitätsgrenzen stoßen wird

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das Thema scheint ernst genug. Die Royal Society veranstaltet am Montag nächster Woche eine Konferenz von Wissenschaftlern, bei der es um die zu erwartende Kapazitätsgrenze des Internet geht. Das sei eine "möglicherweise gefährliche" Entwicklung, heißt es, weswegen man nach Wegen suchen will, wie man das Internet am Laufen halten könnte. Im Gespräch sind Theorien über nichtlineare Dynamiken optischer Systeme, neue, auf Mathematik basierenden Netzwerkarchitekturen, neue Techniken und ökonomische Analysen, um die Dringlichkeit zu erfassen.

Der Physiker Andrew Ellis, Professor für Optische Kommunikation an der Aston University und stellvertretender Direktor des Institute of Photonics Technologies, hat die Konferenz mitorganisiert und schon im Vorfeld für Stimmung gesorgt. Wenn weiterhin immer mehr Daten über das Internet gejagt würden, müsse man damit rechnen, dass die jetzigen Glasfaserkabel in Großbritannien in 8 Jahren ihre Kapazitätsgrenze erreichen. Daily Mail erzählte Ellis:

Wir beginnen den Punkt im Forschungslabor zu erreichen, ab dem wir keine Daten mehr in ein einziges Glasfaserkabel bringen können.

Noch sei die Forschung einige Jahre der Anwendung voraus, aber die Nachfrage, die sich alle vier Jahre verdoppelt, hole zunehmend auf und es werde immer schwieriger, mit der Entwicklung vorne zu bleiben. Man habe dies viele Jahre lang geschafft, allein im vergangenen Jahrzehnt wurde die Internetgeschwindigkeit um das Fünfzigfache erhöht, aber allmählich könne man dies nicht mehr leisten. Bislang konnte man die Kapazität immer weiter erhöhen und mehr Daten durch die Kabel leiten, jetzt würde man die physikalische Grenze der Glasfaserkabel erreichen.

Lösen ließe sich das Problem des Flaschenhalses, wenn nicht doch weiterhin Möglichkeiten wie Multiplexing gefunden werden, die Kapazität der Datenübertragung zu vervielfachen, relativ einfach, nämlich durch Verlegung von zusätzlichen Kabeln, vor allem von Unterwasserkabeln in den Meeren, was aber zu großen Kostensteigerungen führen würde. Ellis drängt mit seinen Kollegen wohl darauf, dass mehr Geld in die Forschung gepumpt werden müsse, um "wirkliche radikale Lösungen" für das Problem zu finden, die keine dramatischen Kostensprünge verursachen.

Zumindest müsse man eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen, ob die Menschen bereit sind, mehr zu zahlen, oder ob das "Geschäftsmodell" verändert werden müsste. Das Geschäftsmodell zu ändern, soll wohl heißen, dass zukünftig für den Datenverbrauch gezahlt werden müsste, es also Schluss mit der Netzneutralität wäre, um den Zugang zu reduzieren. Google und Facebook, die beide Drohnenhersteller gekauft haben, wollen mit Drohnen und Satelliten weltweite eigene mobile Internetverbindungen schaffen und die Glasfaserkabel entlasten, was auch zu Änderungen des Geschäftsmodells führen würde.

Ellis weist auf einen weiteren Trend hin, der mit dem exponentiellen Wachstum des Internets und des Datenverkehrs verbunden ist. Jetzt schon verbrauche das Internet allein für den Datentransport in Großbritannien und in anderen vergleichbaren Ländern 2 Prozent des gesamten Stroms. Rechne man alle damit verbundenen Geräte wie Computer, Smartphone, Fernseher etc. hinzu, seien es mindestens 8, vielleicht auch bereits 16 Prozent. Mit jeder Zunahme der Internetgeschwindigkeit, steige auch der Stromverbrauch. Wenn das Internet weiterhin exponentiell anwachse wie bislang, so Ellis, "könnte es bis 2035 theoretisch den gesamten, in Großbritannien produzierten Strom verbrauchen".