Die meisten Arbeitslosen finden ohne Hilfe der Arbeitsagentur einen neuen Job

Die BA habe "kaum Anteil an erfolgreicher Arbeitssuche", berichtet das Institut für Bildungs- und Sozialpolitik

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Eine wesentliche Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit ist natürlich die "Vermittlung in Ausbildungs- und Arbeitsstellen". Aber wie das Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (ibus) an der Hochschule Koblenz im "O-Ton-Arbeitsmarkt" berichtet, ist der Erfolg bei dieser Aufgabe eher bescheiden. O-Ton-Arbeitsmarkt versteht sich als "Alternative zur offiziellen Arbeitsmarktberichterstattung".

Aufgrund der Auswertung einer Statistik der Bundesagentur über die "erfolgreiche Arbeitssuche" (März 2015) kommt das Institut zu dem ernüchternden Ergebnis, dass die überwiegende Zahl der Arbeitslosen alleine und ohne Hilfe einen neuen Job gefunden haben: "In 74 Prozent der Fälle gelingt die Arbeitssuche aus eigener Kraft." Da scheint es eine Diskrepanz zwischen dem Fördern und Fordern zu geben.

Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA). Bild: BA

So fanden zwischen April 2014 und März 2015 monatlich sieben Prozent der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Arbeitslosen einen Job. 77,8 Prozent fanden ohne Hilfe der BA einen Job, 9,2 Prozent durch Vermittlung ohne Förderung, 9,9 Prozent nach Teilnahme an einer Maßnahme innerhalb von drei Monaten, 1,3 Prozent mit begleitender Förderung und 0,8 Prozent durch Vermittlung mit Förderung. Kurzzeitarbeitslose waren deutlich erfolgreicher und weniger auf die BA angewiesen als Langzeitarbeitslose.

78 Prozent der Kurzzeitarbeitslosen hatten selbst einen Job ohne Förderung durch die BA gefunden, bei 45 Prozent bereits nach dem sogenannten Erstkontakt, also der Meldung an die BA, dass der Arbeitsvertrag gekündigt wurde, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend zu machen, bei 33 Prozent nach dem Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, also dem Vertrag zwischen BA und dem Arbeitsuchenden, welche Leistungen die BA erbringt und zu welchen Eigenbemühungen der Arbeitsuchende dafür verpflichtet ist. Geholfen wurde nur 22 Prozent. 10 Prozent fanden eine neue Arbeit durch einen Hinweis von der Arbeitsagentur, 2 Prozent durch Bezuschussung der Arbeitsstelle durch die BA und 10 Prozent in der Folge der Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme in den drei Monaten davor. Ob die Teilnahme beim Finden des Jobs geholfen hat, kann allerdings nur vermutet werden, schreibt das Institut.

Selbst bei den Langzeitarbeitslosen, die es auf dem Arbeitsmarkt deutlich schwerer haben, fand mit 58 Prozent die Mehrheit einen Job ohne Hilfe der BA, in der Regel nach dem Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. In dem statistisch ausgewerteten Jahr fanden allerdings nur 2 Prozent der Langzeitarbeitslosen einen Job. Immerhin, so das Institut, gab es bei Prozent "nachweisbare Aktivitäten" der BA. Einen Job fanden 19 Prozent nach einer Maßnahme, 14 Prozent durch Vermittlung der BA und 9 Prozent durch Bezuschussung der Arbeitsstelle.

Möglich ist freilich, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mitsamt der "Potenzialanalyse" motivierend wirkt oder Hilfestellungen bietet, also bereits als erster Schritt der Förderung betrachtet werden könnte. Dazu könnte passen, dass bei denjenigen, die sich selbständig machen konnten, dies bei 31,1 Prozent nach dem Erstkontakt, aber bei 41,1 Prozent nach Potentialanalyse und Eingliederungsvereinbarung erfolgte. Und bei den Selbständigen leistet das Arbeitsamt auch offenbar erfolgreicher Hilfe: 23,1 Prozent finden eine selbständige Beschäftigung nach einer begleitenden Förderung, 4,2 Prozent nach einer Maßnahme.

Zu der Kategorie derjenigen, die nach dem Erstkontakt einen Job gefunden haben (manche bereits bevor die Arbeitslosigkeit eingetreten ist, weil sie bereits einen Anschlussjob gefunden haben), schreibt die BA, dass sie zwar nicht nachweisbar geholfen hat, aber dass die Informationsangebote oder die Online-Jobbörse bei dem Erfolg eine Rolle gespielt haben könnten:

Nach Erstkontakt, ggf. mit Hilfe von Information, Beratung oder Online-JOBBÖRSE: Auch ohne Abschluss einer förmlichen Eingliederungsvereinbarung, ohne eine Förderung und ohne Vermittlung nach Auswahl und Vorschlag stehen Arbeitslosen und nichtarbeitslosen Arbeitsuchenden Informationen und Beratungsleistungen zur Verfügung, insbesondere die JOBBÖRSE. Ein statistischer Nachweis über die tatsächliche Erbringung solcher Leistungen durch die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter kann im Einzelfall aber nicht geführt werden.

Nach den neuesten Zahlen der BA vom Februar 2015, die auch vom O-Ton-Arbeitsmerkt ausgewertet wurden, gab es offiziell 3.017.003 Arbeitslose, aber insgesamt 7.105.233 Leistungsempfänger: "Rund 1,1 Millionen Menschen bezogen Arbeitslosengeld I und rund 4,4 Millionen Menschen und ihre mehr als 1,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren waren abhängig von Hartz IV-Leistungen beziehungsweise Sozialgeld." Mehr als die Hälfte der erwerbsfähigen Hartz IV-Empfänger werden nicht als Arbeitslose geführt.