Will die US-Regierung mit einer großen Militärübung die Macht in Bundesstaaten übernehmen?

Viele Amerikaner misstrauen der Regierung in Washington und sagen, sie sei eine Bedrohung der individuellen Freiheit

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Dass viele Amerikaner ihrer Bundesregierung wenig trauen, ist ebenso bekannt wie die Tatsache, dass die gesamte politische Klasse in Washington gering geschätzt wird. In Umfragen sagen 10 Prozent und weniger, sie hätten Vertrauen in den Kongress, ganz oben stehen die Militärs und die Polizisten.

Dass das Misstrauen hoch ist, haben auch wieder die im Sommer geplanten Militärübungen unter dem Titel Jade Helms 2015 in einigen Bundesstaaten gezeigt. Texas wurde für die Übungen als "Feindesstaat" bezeichnet, was Gerüchte entstehen ließ, die Bundesregierung wolle in Texas irgendwie die Macht übernehmen und mit der "false flag"-Übung das Kriegsrecht einführen (In Texas kursieren krause Verschwörungsängste vor dem Zweck der großen Militärübung Jade Helm). Offenbar sind viele Menschen verunsichert oder auch auf Paranoia gestimmt. Auch der republikanische Gouverneur Gregg Abbott sprang auf den Zug auf und erklärte, die ihm unterstellten Truppen sollten den übenden Spezialeinheiten genau auf die Finger schauen, auch wenn er schnell wieder einen Rückzieher machen musste. Interessant ist dabei, dass hier das eigentlich hoch angesehene Militär im Inneren der verdächtigen Bundesregierung zu der vermuteten Unterwanderung zu Diensten sein soll, was eigentlich zu einer kognitiven Dissonanz führen sollte.

Nach einer aktuellen, landesweiten Rasmussen-Umfrage sind tatsächlich 45 Prozent der Amerikaner besorgt, dass die Bundesregierung Militärübungen nutzen könnte, um mehr Kontrolle über Bundesstaaten auszuüben, 19 Prozent sind sogar sehr besorgt. Mit 52 Prozent hegt gerade einmal die Hälfte keinen Verdacht, dass die Bundesregierung finstere Pläne hat, davon sind 26 Prozent völlig unbesorgt. Das spricht schon für ein großes Misstrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen ihres Landes, das sich gerne als Vorbild für alle Demokratien gibt.

Direkt nach dem Militär befragt, schlägt die Paranoia schon deutlich weniger durch. 65 Prozent begrüßen, dass das Militär in ihrem Staat Übungen durchführt, nur 16 Prozent sprechen sich dagegen aus (von denen über 80 Prozent glauben, diese dienten dazu, mehr macht in dem Bundesstaat zu erlangen), allerdings sagen 19 Prozent, sie wüssten es nicht, sind also verunsichert. Zwei Drittel sind gleichwohl dafür, das Militär zur Grenzkontrolle einzusetzen, das fordert auch der texanische Gouverneur. Gefragt, ob die Entscheidung der Regierung, in einigen Bundesstaaten Militärübungen durchzuführen, eine Verletzung der Bürgerrechte darstellt, was Gegner behaupteten, lehnten dies 62 Prozent ab. Allerdings trifft dies für ein Fünftel zu, 16 Prozent sind sich nicht sicher.

Rasmussen kommentiert, dass das Ergebnis nicht verwunderlich sei, weil in einer anderen Umfrage vom April 62 Prozent der Amerikaner sagen, dass die Macht der Regierung zu groß und die individuelle Freiheit zu gering sei. Und 60 Prozent sagen, die Regierung sei eine Bedrohung der individuellen Freiheit. Das Misstrauen in den Staat bzw. in die Bundesregierung ist bei den Konservativen am höchsten. So glauben von diesen 56 Prozent, dass die Militärübungen zu einer größeren Kontrolle über die Bundesstaaten führen, bei den Republikanern sind es 50 Prozent, während bei den gemäßigten und liberalen Wählern 58 bzw. 67 Prozent der Meinung sind, es sei nichts zu befürchten. Mit 47 Prozent ist fast die Hälfte der Befragten der Meinung, dass die Regierung zu viel Macht über die Bundesstaaten hat, 54 Prozent sind der Meinung, die Bundesstaaten sollten ein Veto-Recht haben und Gesetze nicht übernehmen müssen. Bei Gerichtsbeschlüssen ist immerhin auch noch ein Viertel dieser Meinung.