"Benehmen" als Schulpflichtfach

Die Mehrheit der Deutschen wäre laut YouGov dafür

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Eine Trainerin für Hauptschüler fragt nach Berufsvorstellungen, danach, wieviel Geld die Schüler ihrer Ansicht nach benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, ist zwischenzeitlich schockiert darüber, dass der Unterschied zwischen Brutto- und Nettoverdienst nicht bekannt ist und stellt abschließend folgende Aufgabe: "Recherchiert im Internet anhand der Berufe, die Ihr eingangs gewählt habt, welches Tarifeinkommen Ihr damit regelmäßig erzielen könnt."

Darauf folgt, so die Trainerin, Ernüchterung. Ihr Fazit:

Sie können sich vorstellen, wie oft ich mir wünsche, man könnte diesen Kindern früher helfen zu verstehen, warum es in einer Leistungsgesellschaft wie der unseren sinnvoll ist, sich frühzeitig mit Fächern wie Deutsch, Mathe, Englisch und auch Computerwissen anzufreunden?

Die Episode ist ein Ausschnitt aus einer Bildungsdebatte, die von einer mittlerweile viel zitierten Klage einer Schülerin angestoßen wurde. Eine "fast 18-Jährige" konstatierte, dass sie "keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherung habe". Aber:

Ich kann 'ne Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen.

Gedichtinterpretation macht nicht satt, sagt die Hauptschultrainerin.

Das Umfrageinstitut YouGov nimmt den Debattenball auf und fragt Anfang Mai via Internet repräsentative 1.330 Personen in Deutschland danach, ob sie der Meinung sind, dass "Schüler zu viel unnützes Zeug in der Schule lernen". 68 Prozent stimmen zu.

Was empfehlen die Befragten als Fächer, die gelehrt werden sollten? Wirtschaft? Programmieren? Mehr naturwissenschaftliches Grundlagenwissen? Das Unterrichten handwerklicher und technischer Grundlagen?

Wirtschaft kommt immerhin an zweiter Stelle. An erster Stelle aber steht "Benehmen". 51 Prozent wünschen sich dies als Pflichtfach. Bei Wirtschaft sind es 48 Prozent. Danach kommt "Gesundheitskunde" (42 %), "Suchtprävention" (39%) und schließlich "Computerprogrammierung" (35%).

Weit unter "Schönschrift" (17 %) gleichauf mit "Kochen" rangiert "christlicher Religionsunterricht" (12 %) und ganz unten "islamischer Religionsunterricht" (2 Prozent).

Früher, als sie selbst Kinder waren, war die Qualität des Unterrichts besser, meint mehr als die Hälfte der Befragten (54%). Je ferner die Schulzeiten liegen, desto überzeugter zeigten sie sich von dieser Einsicht. Unter den 18 bis 24-Jährigen waren es nur 34 Prozent, bei den über 55-Jährigen 65 Prozent.