Obama will auch dann nach Elmau, wenn die NSA-Selektorenliste öffentlich wird

National Security Council dementiert Gerüchte über G7-Absagedrohung

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In den USA läuft am 1. Juni die Lizenz der NSA zur Komplettüberwachung der inländischen Kommunikation ab. Danach könnte ein vom Repräsentantenhaus beschlossenes Ersatzgesetz in Kraft treten - wenn sich in einem zweiten Abstimmungsanlauf am 31. Mai auch im Senat eine Mehrheit dafür findet. Dieser USA Freedom Act sieht vor, dass weiterhin die elektronische Kommunikation aller Bürger gespeichert wird - aber nicht mehr durch die NSA direkt, sondern durch die Telekommunikationsprovider, die die Daten dann auf Anweisung eines Geheimgerichts herausgeben sollen.

Einschränkungen der NSA-Spionage außerhalb der USA sind in diesem Ersatzgesetz nicht vorgesehen. Dort kann die NSA alleine mit ihrem Grundauftrag auch dann weiterüberwachen, wenn der USA Freedom Act im Senat auch in der Sondersitzung am 31. Mai keine Mehrheit findet. Im Ausland Einhalt gebieten könnten der NSA nur ausländische Regierungen - zum Beispiel die deutsche Bundesregierung.

Sie könnte die "Selektoren" herausgeben, mit denen der US-Geheimdienst den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) in den in Bad Aibling und anderswo abgefangenen Kommunikationsdaten suchen lässt. Diese Selektoren sind insofern von öffentlichem Interesse, als es Hinweise darauf gibt, dass die NSA mit Begriffen wie "Eurocopter" und "EADS" nicht nur Terroristen sucht, sondern auch Wirtschaftsspionage zum Schaden deutscher Unternehmen betreibt.

Angeblich gibt es fast eine halbe Million dieser Suchbegriffe - und von der Hälfte soll nicht einmal der BND ahnen, worauf sich die abstrakten Kombinationen beziehen. Gut mit Geheimdienstkreisen vernetzte Medien haben in den letzten Wochen berichtet, dass die NSA für den Fall der Herausgabe der Selektoren angedroht hat, die Zusammenarbeit mit dem BND auf Terrorwarnungen zu beschränken. Offizielle Bestätigungen dafür gibt es ebenso wenig wie Analysen dazu, ob und welcher Schaden deutschen Bürgern dadurch konkret entstehen würde.

Barack Obama. Foto: Pete Souza für das Weiße Haus.

Die Bundesregierung verhandelt derzeit nach eigenen Angaben mit den Amerikanern, ob und in welcher Form sie dem Parlamentarischen Kontrollgremium, dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages oder einem beauftragten Gewährsmann Selektoren zur Verfügung stellen darf. Die meisten Beobachter halten es für unwahrscheinlich, dass die US-Regierung ihre Zustimmung dazu gibt.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende öffentlich auf, die Selektoren bis zum 8. Juni herauszugeben. Dieses Datum hatte Fahimi wahrscheinlich nicht zufällig gewählt: Am 8. Juni endet der G7-Gipfel im (80 Kilometer von Bad Aibling entfernten) Elmau, bei dem Merkel unter anderem den US-Präsidenten Barack Obama persönlich treffen wird.

Geht man davon aus, dass die SPD ein echtes Interesse an der Veröffentlichung der Selektoren hat, dann könnte die SPD-Generalsekretärin mit dem Termin (der ihrem Parteichef Sigmar Gabriel zufolge kein "Ultimatum" sein sollte) Druck ausgeübt haben, damit Merkel das Thema bei Obama direkt zur Sprache bringt. Berücksichtigt man dagegen, dass die NSA-Kooperationsabkommen zustande kamen, als der Außenminister Frank-Walter Steinmeier Kanzleramtschef war, dann könnte man auch zum Ergebnis kommen, dass Fahimi mit dem vermeintlichen Ultimatum die Frage bis zum Gipfelende hinausschiebt, damit die Amerikaner vor dem Treffen nicht verstimmt werden.

Die Bild-Zeitung wollte aus deutschen Regierungskreisen von Gerüchten erfahren haben, nach denen Obama dem G7-Gipfel fernbleiben könnte, wenn die Bundesregierung Einblicke in die NSA-Suchbegriffsliste gewährt. Das National Security Council (NSC) dementierte dieses Gerücht gestern jedoch mit den Worten, man habe "nicht einmal darüber nachgedacht", Obamas Reise nach Elmau "aus Gründen, die mit den Geheimdiensten zu tun haben", abzusagen.

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