SPD-Konvent: 124 zu 88 für Vorratsdatenspeicherung

Maßnahme soll nach zwei bis drei Jahren evaluiert, aber nicht befristet werden

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Heute Nachmittag stimmte der SPD Konvent mit 124 zu 88 Stimmen und sieben Enthaltungen für eine Neuauflage der 2010 vom Bundesverfassungsgericht und 2014 vom EuGH für grundrechtswidrig erklärten Vorratsdatenspeicherung. Vorher hatte sich der Parteivorstand mit 33 zu zwei Stimmen dafür ausgesprochen.

Parteichef Sigmar Gabriel betonte nach der Abstimmung, die Mehrheit sei diesmal größer als nach der letzten Abstimmung vor vier Jahren. Auf die Reporterfrage, wie sehr seine als Mediengerücht verbreitete aber offiziell dementierte Rücktrittsdrohung zu diesem Ergebnis beitrug, meinte er, es gäbe "Kollegen", die ihm gesagt hätten, die Mehrheit für die Vorratsdatenspeicherung wäre ohne dieses Gerücht noch größer ausgefallen. Außerdem betonte Gabriel, auch neun SPD-Innenminister in den Ländern seien klar für die Wiedereinführung.

Am Entwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas soll es vor der Abstimmung im Bundestag, die für den September vorgesehen ist, nur eine einzige Änderung geben: Eine Evaluierung durch vom Bundestag bestimmte unabhängige Fachleute, die nach zwei bis drei Jahren erfolgen soll. Auf Rückfrage meinte Gabriel, er habe die Möglichkeit so einer Evaluierung bereits vor vierzehn Tagen mit dem CDU-Innenminister Thomas de Maiziere abgesprochen. Der SPD-Chef stellte außerdem klar, dass diese Evaluierung keine Befristung sei - falle das Ergebnis negativ aus, dann werde der Bundestag neu darüber debattieren, aber es gebe keinen automatischen Stopp.

Sigmar Gabriel. Foto: Andrzej Barabasz (Chepry). Lizenz: CC BY-SA 3.0

Im Vorfeld der Abstimmung, die unter Ausschluss der Presse stattfand, hatten Teilgliederungen der Partei und Bürger die Delegierten dazu aufgerufen, gegen die Maßnahme zu stimmen. Stefan Graunke twitterte beispielsweise, die SPD-Entscheider "sollten sich fragen, ob sie auch noch für die #VDS wären, falls eine NPD-ähnliche Partei einmal Innenminister stellt". Und Oliver P. Bayer versuchte den von Gabriel immer wieder verwendeten Verweis auf die freiwillige Abgabe von Daten an Konzerne wie Facebook mit dem Vergleich zu entkräften, das sei wie das Argument: "Es rauchen doch eh fast alle freiwillig, dann kann der Staat auch giftige Dämpfe in Wohnungen leiten."

Neben Gabriel sprachen auf der Pressekonferenz nach der Abstimmung auch Justizminister Maas und der SPD-Europachef Martin Schulz. Maas gab bekannt, dass Luxemburg verlautbart habe, es wolle die Vorratsdatenspeicherung während seiner EU-Ratspräsidentschaft vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2015 erneut auf die Tagesordnung setzen. Er könne sich deshalb vorstellen, dass sein eigener Entwurf Vorbild für eine neue EU-Richtlinie wird.

Schulz redete über Asylbewerberquoten und den Grexit - zwei Themen, die der Konvent ebenfalls debattierte. Der EU-Parlamentspräsident versicherte dabei, er wolle "die Griechen unbedingt im Euro halten" - und zwar deshalb, weil er glaube "dass Europa das schaffen kann". Gabriel widersprach ihm nicht, sondern beklagte die Wahlerfolge von EU-Kritikern in Dänemark, Großbritannien, Polen, Finnland und anderen Ländern.

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