Insider verabschieden sich aus Chinas Aktienmarkt

Die chinesische Aktienblase, die die Kurse in den letzten 12 Monaten um mehr als 150 Prozent hat ansteigen lassen, ist offenbar geplatzt

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Geht es nach dem kritischen Finanzportal Zerohedge, dann ist die chinesische Aktienblase bereits geplatzt. Nach dem mehr als zehnprozentigen Einbruch in der Vorwoche notieren die meisten Indizes inzwischen um rund 20 Prozent unter ihren Höchstständen von Juni, und allein in der Vorwoche war der Leitindex in Schanghai um 13 Prozent eingebrochen, wodurch das Plus von 55 Prozent seit Jahresbeginn auf mittlerweile nur noch 30 Prozent zurückgefallen ist.

Das wäre das Ende eines Bullenmarktes, der gemessen am Shanghai Composite Index mittlerweile 928 Tage angehalten hat und die Kurse in den vergangenen 12 Monaten um 152 Prozent ansteigen ließ. Damit war der chinesische Aktienmarkt der mit abstand stärkste der Welt, woran sich auch nichts änderte, als die Wachstumserwartungen sukzessive zurückgeschraubt wurden. Am jüngsten Höhepunkt wurden die Aktien im Schnitt mit dem 95fachen Jahresgewinnen bewertet, was deutlich über dem bisherigen Rekordstand von 68 lag, der im Jahr 2007, am Top des letzten Aktienbooms, erreicht wurden Obwohl nach den jüngsten Kursverlusten an den Märkten die Hoffnung aufgekeimt war, die Notenbank PBOC werde die Mindestreservenpflicht der Banken lockern, um Börse und Wirtschaft zu stimulieren, zeigten die Indizes in der letzten Woche auch generell wenig Neigung, die Verluste weder aufzuholen. Unter den Aktienanalysten finden sich nun im Grunde auch nur zwei Ansichten, wie es weiter gehen wird. So meinen die einen, dass die Behörden den Boom mit weiteren Stimulierungsmaßnahmen am Leben erhalten können - die anderen meinen, dass dies nicht gelingen wird. Alle sind sich jedoch einig, dass Regierung und Notenbank alles versuchen werden, was nur möglich ist.

Die Manager und die großen Sharholder der chinesischen Aktiengesellschaften gehen dabei anscheinend schon länger von schwächeren Aktienmärkten aus. Laut der Großbank HSBC haben sie im Mai netto für 145 Milliarden Yuan (20,5 Mrd. Euro) und in den ersten drei Juniwochen für weitere 100 Milliarden Yuan Aktien verkauft. Damit haben Insider heuer monatlich im Schnitt Aktien für 80 Milliarden Yuan abgegeben, während es in den Jahren 2013/14 im Monatsschnitt nur Aktien für zehn Milliarden Yuan waren. Damit zeigt der aktuelle chinesische Aktienboom den typischen Verlauf so gut wie aller Aktienbooms, der am Ende in eine so genannte Milchmädchen-Hausse übergeht, während der unbedarfte Kleinanleger, die von den bisherigen, hohen Gewinnen angelockt wurden, von den versierteren Investoren die überteuerten Papiere übernehme und dann auf den Verlusten sitzen bleiben.

Bisher konnten die Neueinsteiger an den Märkten noch gut verdienen und werden vermutlich ihren Konsum an ihre steigenden Papiervermögen angepasst haben, was nicht unbeträchtlich zur chinesischen Konjunktur beigetragen haben dürfte. Diese Outsider kauften die Aktien zudem vor allem auf Kredit, was die Angelegenheit besonders gefährlich macht. So hatten die Margin-Kredite, die zur Finanzierung von Aktienkäufen dienen, Mitte Juni mit 2,27 Billionen Yuan einen Rekordstand erreicht, der mehr als doppelt so hoch lag, wie die 1,03 Billionen von Anfang 2014.

Insofern ist der jüngste Kurseinbruch gut verständlich, denn er erfolgte nachdem die Chinesische Börsenaufsicht kleineren Investoren die Aufnahme von weiteren Margin-Krediten untersagt und den Brokern das Volumen der von ihnen vergebenen Kredite mit dem Vierfachen ihres Eigenkapitals beschränkt hatte. Das stellte allerdings keine Überraschung dar, sondern war informell längst angekündigt worden, weshalb die drastische Reaktion der Börse doch ein wenig verwundert. Die Broker hatten zudem ihr Nettokapital mit zuletzt 773 Milliarden Yuan angegeben, was ihnen in Summe 3,1 Billionen Yuan an Brokerkrediten und damit noch deutlich mehr als die bereits vergebenen 2,2 Billionen erlauben würde.

Keine Statistiken liegen indes darüber vor, wie viele dieser Kredite von Ausländern refinanziert werden. Immerhin lagen die an chinesische Kreditnehmer vergebenen Kredit laut Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bei rund einer Billion Dollar, während Hongkonger Broker allein im ersten Quartal 15 bis 20 Milliarden Dollar aufgenommen hatten.

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