Niederländische Staatsanwaltschaft stellt MH17-Untersuchung ein

Separatisten aus Lugansk sollen Kooperation verweigert haben, Malaysia fordert ein UN-Tribunal zur Aufklärung

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Die niederländische Staatsanwaltschaft teilte am vergangenen Wochenende mit, dass die vor zwei Wochen begonnene strafrechtliche Untersuchung durch Experten der Polizei und des Verteidigungsministeriums zum Absturz der Passagiermaschine MH17 abgeschlossen wurde. Mit der Hilfe der OSZE habe man erneut einen Zugang zur Absturzstelle erreicht, die weitgehend von den Separatisten der Volksrepublik Donezk kontrolliert wird.

Die wichtigsten Ziele der Untersuchung seien an der Absturzstelle gewesen. Es ging um das Sammeln von Beweisen, um die unterschiedlichen Szenarien über die Ursache des Absturzes be- oder widerlegen zu können. Man habe erneut Proben an verschiedenen Orten genommen und die lokalen Mobilfunksendeanlagen sowie das ostukrainische Telefonnetzwerk ausgeforscht. Die dabei gewonnenen Daten würden nun in den Niederlanden analysiert.

Schwere Vorwürfe richten die Holländer an die "Volksrepublik Luhansk". Deren Vertreter hätten sich in Gesprächen mit der OSZE bislang geweigert, die technische Untersuchung der Mobilfunksendeanlagen und des Telefonnetzes in ihrem Gebiet durchführen zu lassen. Nach was die Experten gesucht haben, wurde nicht mitgeteilt.

Bekanntlich hatte der ukrainische Geheimdienst SBU kurz nach dem Absturz abgehörte Telefongespräche veröffentlicht, die eine Beteiligung von Separatisten am Abschuss belegen sollen. Diese erklärten jedoch, die Gespräche hätten eine abgeschossene Militärmaschine betroffen. Das Internationale Untersuchungsteam hatte im März in einem Video, das Zeugen in der Ostukraine aufrief, Informationen weiterzugeben, auf drei weitere angeblich abgehörte Telefongespräche von Separatisten verwiesen, in denen es u.a. um eine BUK und ein Fahrzeug ging.

Malaysia forciert inzwischen angesichts des weiter unaufgeklärten Abschusses die Einrichtung eines internationalen UN-Tribunals zur Verurteilung der Täter. Unterstützt wird die Forderung offenbar auch von den anderen Ländern, die am Gemeinsamen Untersuchungsteam beteiligt sind: Australien, Belgien, die Niederlande und die Ukraine. Vertreter der Länder hatten sich vor zwei Wochen getrroffen und den Vorschlag erörtert. Malaysia will nun einen entsprechenden Resolutionsentwurf in den UN-Sicherheitsrat einbringen. Der Transportminister Datuk Seri Liow Tiong Lai erklärte, das Tribunal werde noch diskutiert, aber man wolle ein solches durchsetzen, "um die Untersuchungen zu beschleunigen und Gerechtigkeit für die Opfer zu erreichen".

Als die Diskussion bekannt wurde, hatte sich Moskau allerdings gleich gegen ein solches Tribunal ausgesprochen. Das sei "kontraproduktiv", ließ das Außenministerium verlauten. Erst müsse die Untersuchung abgeschlossen sein. In russischen Medienberichten wird darauf verwiesen, dass das Gemeinsame Untersuchungsteam im April 147 Dokumente als geheim erklärte hatte (Wer hat die MH17 abgeschossen?). Ende April war ein Forensikprofessor vom Untersuchungsteam ausgeschlossen worden. Moskau beschuldigt bekanntlich die Ukraine, die Maschine abgeschossen zu haben, und fordert immer wieder die USA bzw. die Nato auf, Satellitenaufnahmen vom Absturzort zu veröffentlichen.

Möglicherweise steht bald eine Aufklärung bevor

Bekanntlich hatte ein unbekannter Auftraggeber über die Firma Wifka, die u.a. Wirtschaftsfahndungen macht, 30 Millionen US-Dollar für Hinweise auf die Täter und weitere 17 Millionen US-Dollar für Hinweise auf Vertuschungen durch Staaten ausgelobt ("Wir trampeln da einigen Mächten gehörig auf den Füßen herum"). Am 15. Juni teilte Ermittler Josef Resch von Wifka mit, dass "stichhaltige Beweismittel und Informationen" eingegangen seien und die Gelder nicht mehr zur Verfügung stünden. Wie die Zeitschrift Capital berichtete wurden von einem Informanten offenbar den Auftraggeber zufriedenstellende Beweise geliefert.

Angeblich kennt man bei Wifka weiterhin nicht die Auftraggeber und auch nicht deren Absichten. Ein Schweizer soll der Mittelsmann gewesen sein. Es sei eine Lawine an Informationen eingegangen, fast alles sei "Schwachsinn" gewesen. Für Resch ist das Schweigen der USA seltsam, er hatte sich auch skeptisch darüber geäußert, dass das Flugzeug mit einer BUK-Rakete der Separatisten abgeschossen wurde. Über den Informanten, der vor einigen Wochen vor seiner Türe gestanden haben soll, will Resch nichts weiter verraten, auch nichts über dessen Informationen, Details kenne er sowieso nicht. Ende Mai sei der Fall schon für ihn abgeschlossen gewesen. Er selber wisse nicht, wer die Täter gewesen seien: "Je länger wir ermittelt haben, umso undurchsichtiger wurde es."

Allerdings geht er davon aus, dass der Auftraggeber etwas mit den Informationen ausrichten will: "Ich rechne damit, dass sehr bald etwas passieren wird. Wer so viel Geld für Informationen zahlt, der behält sie nicht für sich." Falls die Geschichte stimmen sollte, gibt es natürlich Rätselraten darum, ob der Auftraggeber daran interessiert ist, den Abschuss aufzuklären oder im Gegenteil die Täter zu verschleiern, indem Beweismaterial vernichtet wird. Unklar bleibt auch, ob der Informant Hinweise auf die Täter oder auf Vertuschungen eines Staates geliefert hat.

Sollte der mutmaßliche Auftraggeber tatsächlich Beweise liefern, wird er dies wohl nicht selbst machen. Zudem würde interessant sein, ob es wirklich überzeugende und unbestreitbare Beweise geben wird. Das geforderte UN-Tribunal wäre eine mögliche Adresse, was die Vermutung entstehen lassen könnte, dass womöglich Malaysia der Auftraggeber gewesen sein könnte.