"Untergang in Würde"

In Deutschland herrscht der Dünkel über die blöden Griechen vor, die sich nicht unterwerfen lassen wollen

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Kaum haben die Griechen darüber abgestimmt, dass sie nach 5 Jahren des Scheiterns nicht mehr die immergleiche Politik des Sparens fortsetzen wollen und können, kommen vor allem in Deutschland die belehrenden Töne und die Aufforderungen, dass man nun den aufmüpfigen Griechen zeigen müsse, wo der Barthel den Most zu holen hat, nämlich durch den Grexit.

"Politikberater" und gerne eingeladener Talkshow-Gast Michael Spreng, der seine Herkunft von der Bild nicht leugnen will, sieht bei Jauch stellvertretend alle Schuld bei den Griechen, die mit ihrer Entscheidung nun den Untergang in Würde gewählt hätten. Das war natürlich zynisch gemeint, weil die griechische Regierung immer von der Bewahrung der Würde gesprochen hat.

Besonders hervorstechen Sozialdemokraten, die sich in ihrem Reflex gegen links besonders konservativ zeigen müssen, um an der Macht zu bleiben, obgleich diese Strategie die einstige Volkspartei schon ziemlich klein gemacht hat. Das muss man verteidigen als richtige Strategie, so diejenigen, die ihre Positionen kurzfristig sichern wollen, auch wenn es den mittelfristigen Untergang der Partei bedeutet.

SPD-Chef und Wirtschaftsminister Gabriel, der aus Angst, dass die Union bei der nächsten Wahl mit den Grünen oder der FDP koalieren könnte, immer hartnäckiger den Unionskumpel spielt, verkündete, Tsipras habe mit dem Referendum "letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zu bewegen konnten". Klar ist daran vor allem, dass Kompromisse von der griechischen Seite erwartet werden, man sollte eher sagen: Unterwerfung. Ob diese die Griechen zu mehr Hoffnung auf eine bessere Zukunft geführt hätten, ist fraglich, zumal selbst der IWF konstatiert hat, dass die Schuldenlast einfach zu groß ist und Sparen in einer solchen Situation nichts bringt.

Schön auch der Mann für das Strategische, Stefan Kornelius von der SZ, der nicht nur Stärke gegenüber Russland fordert, sondern nun auch dafür plädiert, möglichst schnell die Griechen aus der Eurozone zu schmeißen. Denken kann der Stratege der SZ vor allem in Gockelkämpfen. Die bösen Griechen haben die anderen Länder der Eurozone bzw. deren Regierungen beleidigt, also müssen sie nun dafür büßen. Tsipras und die Mehrheit der Griechen würden dem Motto folgen, so die Analyse des selbsternannten Völkerpsychologen: "Wer sich bockig verweigert, der wird am Ende Gehör und Respekt finden." Das darf man nicht durchgehen lassen, Tsipras hat sich daneben benommen, da sei Kornelius davor, der den exzessiven Griechen nun erklärt, dass sie ihre Konsequenzen ziehen und die Eurozone verlassen müssten.

In der Bild wird die Doppelbödigkeit gefeiert: "Fünf Jahre 'Rettungspolitik' haben eine absurde Situation geschaffen, die sich in dieser historischen Nacht in Athen entlädt: Tanzend feiern glückliche Griechen ihren wirtschaftlichen Untergang..." Zwar wird die Rettungspolitik in Klammer gesetzt, hervorgehoben werden jedoch die glücklichen Griechen, die trotzig untergehen.