Lawrow fordert Rückzug der ukrainischen Armee aus der Ostukraine

US-Gesandte Nuland sieht die andere Seite am Zug. Streit über die Verfassungsreform zum Status der Regionen im Osten

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Am Freitag telefonierte das Normandie-Quartett miteinander, Hollande, Merkel, Poroschenko und Putin. Hollande forderte dringende Schritte zur Demilitarisierung der Zone bei Schirokin, unweit von Mariupol, den Abzug von Panzern und Waffen, wie im Minsker Abkommen vereinbart. Er sprach davon, dass die Ukraine seit Ende April "wichtige Schritte" unternommen habe.

Gestern telefonierte der russische Außenminister Lawrow mit Amtskollegen der Ukraine, der USA und Deutschland. Er forderte die ukrainische Armee dazu auf, mit dem Abzug in Schirokin zu beginnen.

Die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform berichtete von intensiven Beschuss in den Morgenstunden des 18. Juli bei Schirokin - und anderen Orten im Osten der Ukraine -, abgefeuert von Milizen auf Stellungen der ukrainischen "Anti-Terror-Einheiten".

Die OSZE-Beobachter (SMM) sprachen am Vortag indessen davon, dass man an Beobachtungsstellen bei Schirokin keine Verletzungen der Waffenruhe festgestellt habe.

Lawrow: Rückzug der Volkswehr im Gang

Laut Lawrow hätten sich Verbände der Volkswehren aus strategisch wichtigen Stellungen bei Mariupol bereits zurückgezogen.

Die russische Nachrichtenagentur Tass meldet, dass sich Verbände der selbsternannten Volksrepublik Lugansk laut deren Kommandeur mit einem Rückzug nach Maßgaben des Minsker Abkommens zurückgezogen hätten. Der Rückzug werde in Beisein der OSZE-Beobachter geschehen. Weitere Details werden nicht genannt. Der Kommandeur der Volkswehr sprach von einem bislang "einseitigen Schritt".

Victoria Nuland: Kiew erfüllt "alle Forderungen des Minsker Abkommens"

Währenddessen sieht die US-Gesandte Victoria Nuland ein anderes Bild. Sie weilte vergangene Woche zu Besuch in Kiew, um mit dem Kiewer Premierminister Jazeniuk über Investments zu sprechen. Nuland kommuniziert, dass Kiew "alle Forderungen des Minsker Abkommens" erfüllt habe und dass nun die andere Seite am Zug sei.

Selbstverständlich liegt aus ihrer Sicht die Verantwortung für die Verletzungen der Waffenruhe nach dem Minsker Abkommen einzig beim "aggressiven Verhalten" der pro-russischen Einheiten. Dem widersprechende Situationsberichte (Link auf 45464) ignoriert sie. Sie setzt weiterhin auf mehr Druck auf Russland, ökonomisch wie militärisch. "All of those are options, of course."

Die Frage des Status der Gebiete in der Ostukraine

Nuland lobte ausgiebig die "vibrierende Demokratie", die sie in der Kiewer Rada beobachtet habe, besonders bei dem "starken Mandat für das Gesetz zur Dezentralisierung". Auch Vize-Präsident Biden sieht die Ukraine bei den Verfassungsänderungen auf dem richtigen Weg.

Auch Hollande begrüßte die verabschiedeten Zusätze zur Verfassung, welche lokale Verwaltung bestimmter Regionen bei Donezk und Lugansk neu regeln.

Demgegenüber bewerten russische Medien dies nur als ersten Schritt. Poroschenko habe sich erst in letzter Minute dazu entschieden, im Text der Verfassung "die besondere Ordnung der Selbstverwaltung in den einzelnen Bezirken der Gebiete Donezk und Lugansk" zu erwähnen. Einen besonderen Status werde es aber nicht geben, wird Poroschenko wiedergegeben.

Vertreter der Volksrepubliken sehen darin einen Verstoß gegen das Minsker Abkommen: "Wir werden auf umfassende Formulierungen des besonderen Status bestehen. Unmittelbar in der Verfassung der Ukraine. Auf der Verankerung der Sonderrechte für das Donezbecken. Vor allem, auf dem Recht der gleichberechtigten vertraglichen Beziehungen mit den Kiewer Behörden."