Bundesregierung hält BND-Erkenntnisse zu albanischen Terroristen in Mazedonien geheim

Bevölkerungsmehrheiten in den mazedonischen Bezirken. Rot: Mazedonier (Bulgarischsprecher). Grau: Albaner. Braun: Türken. Karte: MacedonianBoy. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Veröffentlichung könnte "für die Interessen der Bundesrepublik schädlich sein"

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Vor einem Monat stellte die Linksfraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage zur aktuellen Lage in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (Drucksache 18/5319). Die Antwort auf diese Anfrage liegt Telepolis nun vor.

Der interessanteste Teil dieses Dokuments sind nicht die Antworten der Bundesregierung, sondern diejenigen Fragen, auf die sie unter Berufung auf eine mögliche Schädlichkeit für die "Interessen der Bundesrepublik" keine Antworten gibt. Diese Fragen ohne Antworten betreffen vor allem die Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur im September 2014 vom mazedonischen Albaner Nevzat Halili ausgerufenen Separatistenrepublik "Ilirida" sowie zur Albanermiliz "Garde der Republik Ilirida" und deren Verbindungen zur Führung des Kosovo und der UÇK. Auch Fragen zu den Gefechten in der Stadt Kumanovo im Mai 2015 und zum Raketenangriff auf ein mazedonisches Regierungsgebäude im Oktober 2014 wurden unter Hinweis auf ein Geheimhaltungsinteresse offen gelassen. Diese Geheimhaltung ist auch deshalb interessant, weil der 2001 in Mazedonien aktive kosovarische UÇK-Terrorist Samidin X. alias "Hoxha" für den BND gearbeitet haben soll.

Auf die Frage zu einem UÇK-Angriff auf den Grenzort Gogince im April 2015 heißt es dagegen, die Bundesregierung habe "keine über die Presseberichterstattung hinausgehenden Kenntnisse" dazu. Gar keine Erkenntnisse hat sie zur angeblichen Teilnahme von US- und EU-Diplomaten an Anti-Regierungsdemonstrationen in der mazedonischen Hauptstadt Skopje, über die russische Medien berichteten. Zwischen diesen Demonstrationen und der geplanten Turkish-Stream-Pipline, die russisches Gas über das türkische Rumelien, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Süd- und Mitteleuropa leiten soll, sieht man "keinen Zusammenhang".

Bestätigt wird von der Bundesregierung, dass die US-Regierung der Meinung ist, dass die Pipeline "entgegen den Diversifizierungszielen der Energieunion die europäische Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen erhöhen würde". Deshalb hätten US-Politiker und -Diplomaten bereits mit Vertretern der Regierungen Griechenlands, Ungarns und Serbiens gesprochen. Ob es solche Gespräche auch mit Vertretern der mazedonischen Regierung gab, ist ist dem Kabinett Merkel angeblich "nicht bekannt".

Konträr zu Berichterstattung in deutsch- und englischsprachigen Medien sind die Erkenntnisse der Bundesregierung zur Haltung der mazedonischen Regierungspartei VMRO-DPMNE und der Oppositionspartei SDSM zu dieser Pipeline: Während die Medien den VMRO-DPMNE-Regierungschef Nikola Gurewski als Befürworter und den SDSM-Vorsitzenden Zoran Zaev als Gegner des Projekts sehen, verweist die Bundesregierung auf eine Erklärung Zaevs vom 20. Mai 2015, nach der dieser "jede Art von Pipeline" durch sein Land unterstütze, während Gurevski angeblich nur dann dafür sein soll, "wenn es zuvor eine Einigung über alle Modalitäten des Projekts zwischen der Europäischen Union und Russland gibt".

In der Antwort auf die Kleine Anfrage bestätigt die Bundesregierung, dass es in Mazedonien am 24. April 2016 vorgezogene Neuwahlen geben wird. Darauf hätten sich die VMRO-DPMNE, die mit ihr koalierende Albanerpartei DUI und die SDSM unter Vermittlung des österreichischen EU-Kommissars Hahn "grundsätzlich geeinigt". Die Bundesregierung hat die mazedonischen Parteien deshalb am 23. Juni dazu aufgefordert, eine von der EU-Kommission entworfene Wahlrechtsreform und andere "systemische Reformen" umzusetzen, die "dazu beitragen soll[en], bei künftigen Wahlen gleiche Ausgangsbedingungen zu gewährleisten".

Bei der Beurteilung der letzten Wahlen schließt man sich dem Urteil der OSZE an: Danach konnten sich die Kandidaten trotz Mängeln wie einer "unzureichenden Trennung zwischen Partei- und Staatsaktivitäten", einer "voreingenommenen Medienberichterstattung" und "Vorwürfen der Einschüchterung von Wählern "ungehindert am Wahlkampf beteiligen und Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit wurden gewährleistet".