Stromausfall im Sommer

Liegt es an der Energiewende?

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Strom kommt aus der Steckdose, jedoch nicht immer. So gab es in Nordwestfrankreich Ende Juni einen größeren Stromausfall, der seinen Ursprung offensichtlich in der Überlastung eines Transformators hatte, der gegen 22:00 Uhr seinen Dienst quittierte und eine Kettenreaktion auslöste, die weitere Ausfälle nach sich zog. Letztlich waren gegen Mitternacht etwa 830.000 Haushalte ohne Strom.

Der Netzbetreiber RTE sieht die Ursache in den starken Temperaturschwankungen im Tagesgang. Dadurch sei das Netz überlastet gewesen. Weil das Netz in Frankreich (anders als das vermaschte deutsche Netz) jeweils als Stichleitung ausgelegt ist, wirkt sich der Ausfall eines Transformators direkt auf alle Kunden aus, die von diesem Transformator mit Strom versorgt wurden. Der plötzliche Wegfall dieser Kunden sorgt dann auch für eine gewisse Netzinstabilität und verursacht am nächsten Schwachpunkt den nächsten Ausfall.

Dass es im Sommer zu Stromausfällen kommt, wird häufig dem zunehmenden Einsatz von Klimageräten und damit von einschlägig interessierten Kreisen auch dem Klimawandel zugeschrieben. Neben den von der Verbraucherseite ausgelösten Netzausfällen entstehen gerade im Sommer, wenn die Gewässer nur Niedrigwasser führen, auch Ausfälle auf der Erzeugungsseite.

Dies trifft einerseits die Nutzung der Wasserkraft, andererseits jedoch in beachtlichem Umfange die Stromerzeugung in thermischen Anlagen, wie Kohle- oder Kernkraftwerken. Diese Kraftwerke müssen ihre Leistung drosseln, wenn zuwenig Kühlwasser zur Verfügung steht oder die Wassertemperatur keine Nutzung als Kühlwasser mehr ermöglicht.

Dass sich Ausfälle im Stromversorgungsnetz zu großflächigeren Versorgungsstörungen auswachsen können, ist nicht überraschend und kommt durchaus nicht nur in Frankreich mit seiner besonderen Netztopografie vor. Auch in den vermaschten Netzen in Deutschland nennt der Monitoringbericht 2014 der Bundesnetzagentur für das Jahr 2013 etwa 179.000 Ausfälle, die Endkunden betroffen haben.

Foto: Yummifruitbat. Lizenz: CC BY-SA 2.5.

Dabei muss man berücksichtigen, dass in Deutschland nur Stromausfälle, die länger als drei Minuten dauern, statistisch als solche gezählt werden. Die Drei-Minuten-Grenze scheint sich zu einer Zeit etabliert zu haben, als PC-Netzteile noch keine Bedeutung hatten. Für träge Verbraucher wie Kühlgeräte oder Elektroherde wirken sich kurzfristige Unterbrechungen von weniger als drei Minuten auf den Betrieb nicht aus. Selbst bei einer Waschmaschine in der Aufheizphase führt eine Stromunterbrechungvon drei Minuten zu keinem größeren Problem. Die Trägheit eines PC-Netzteils kann derartige Unterbrechungen jedoch nicht überbrücken.

Wurde Kunden mit PCs in der Vergangenheit daher empfohlen, sich mit einer kleinen Unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) gegen kurze Netzaussetzer abzusichern, führt der zunehmende Ersatz der Desktoprechner durch Notebooks, die mit einem Akku ausgestattet sind, dazu, dass kurze Netzunterbrechungen weniger auffallen. In welchem Umfang die Akkus jedoch schneller altern, wenn sie praktisch durchgängig mit Ladestrom versorgt werden, ist in der Fachwelt noch immer umstritten.

Stromausfälle in Deutschland häufiger wegen der Energiewende?

Für Deutschland wird seit der Verabschiedung der Energiewende immer wieder vor einem mehr oder weniger heftigen Stromausfall gewarnt. Dabei zählt der Sommer hierzulande bislang nicht zu den hinsichtlich der Versorgungssicherheit besonders riskanten Jahreszeiten. Zudem hat sich gezeigt, dass die althergebrachten Verbrauchsspitzen, die im Haushaltsstromverbrauch zur mittäglichen Kochzeit angefallen waren, einerseits aufgrund der Veränderung der Lebensgewohnheiten und andererseits aufgrund der mittäglichen PV-Einspeisespitze für die Stromversorgung bislang kein Problem darstellen. Daher galten die Warnungen in Deutschland im Zusammenhang mit der Einspeisung von Erneuerbaren Energie und der Abschaltung großer Kraftwerksblöcke zuletzt dem Risiko eines Stromausfalls im Winter, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind auch mal nicht weht.

Der Hauptfeind des deutschen Stromnetzes sind jedoch weder Sonne noch Wind, die plötzlich nicht verfügbar sind. Der Hauptfeind der in Deutschland meist als Erdkabel verlegten Verteilnetze ist der gemeine Bagger. Auch wenn die einschlägigen Planunterlagen der Netzbetreiber die Lage der Erdkabel zeigen sollten, gibt es immer wieder Fälle, in welchen das Kabel dann doch nicht da lag, wo es plangemäß zu liegen hatte. Manchmal hatte sich auch der über dem Erdkabel verlegte Warnstreifen verschoben. Daneben gibt es wohl auch indisponierte Baggerfahrer, die aus Unaufmerksamkeit einem Erdkabel mit brachialer Gewalt zu Leibe rücken.

Dann ergeben sich auch in vermaschten Netzen oftmals Kettenreaktionen, die dafür sorgen, dass ganze Stadtteile für Stunden im Dunkeln sitzen. Auch ein vermaschtes Netz, das mindestens zwei Einspeisepunkte besitzt, bietet keine hundertprozentige Sicherheit, wenn beispielsweise der zweite Einspeisepunkt aufgrund der plötzlichen Unterbrechung auf der anderen Seite überlastet wird. Dazu sind in manchen Ortsnetzen noch immer fehlerhafte Muffen (Verbindungselemente) eingebaut, die bei erhöhter Last zu Netzunterbrechungen neigen.

Auch wenn man berücksichtigt, dass nur Netzausfälle ab drei Minuten gemeldet werden und dass die statistischen Daten zur Dauer der Netzausfälle keine absoluten Zahlen liefern, sondern in Relation zur Zahl der versorgten Kunden gesetzt werden, scheint sich die Netzverfügbarkeit seit Beginn der Energiewende nicht verschlechtert zu haben.

Verbesserte Netzverfügbarkeit durch Big Data?

Um schneller auf Netzstörungen reagieren zu können, wird in der Energieversorgung mit Blick auf die Entwicklung der Smart Grids derzeit darüber diskutiert, ob man die im Störungsfalle schnell überlasteten Kundenhotlines durch die gezielte Auswertung von anderen Datenquellen ergänzen oder gar ersetzen kann. So will man die Einträge in Social Media automatisch nach Hinweisen auf Netzausfälle durchsuchen, weil man annimmt, dass die Verbraucher einen Netzausfall schneller bei Facebook posten, als zum Telefon zu greifen und bei der Störungsstelle des Netzbetreibers anzurufen. Dieses Vorgehen bietet sich jedoch nur dann als praktikabel an, wenn zumindest die Mobilfunkversorgung mit einer Notstromversorgung für die Sender in den einzelnen Funkzellen abgesichert ist.

Der mit der Energiewende forcierte Ausbau kleiner Einspeiser im Niederspannungsnetz kann bei einer entsprechenden zellenförmigen Ausgestaltung der Netze unabhängig von allen Big-Data-Träumen der IT-Branche jedoch dafür sorgen, dass sich die Stromverteilung in kleinen Zellen organisieren lässt, die unabhängig von der übergeordneten Netzebene oder benachbarten Zellen wieder in den Normalzustand zurückgeführt werden können. Damit könnte bei einer konsequenten Umsetzung die Netzverfügbarkeit deutlich verbessert werden. Bislang setzt man jedoch eher auf eine großflächig organsisierte Stromversorgung und will die Möglichkeiten der zahlreichen Einspeiser nicht gezielt nutzen. Was die Energiewende betrifft konnte der Monitoringbericht der Bundesnetzagentur für das Jahr 2013 keinen Einfluss, also auch keinen negativen, auf die Versorgunssicherheit feststellen. Auf der anderen Seite bieten 179.000 Ausfälle in den knapp 880 Netzen noch ausreichend Optimierungspotential.

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