"Dieses neue SETI-Programm stellt alles Bisherige in den Schatten"!

Green Bank Teleskop. Bild: NRAO/AUI/NSF

100-Millionen-US-Dollar hohe Finanzspritze markiert Paradigmenwechsel in SETI-Forschung

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Dank der großzügigen 100 Millionen Dollar-Spende des Internet-Investors Yuri Milner soll SETI, das Suchprogramm nach außerirdischer Intelligenz, ab 2016 zehn Jahre lang 50-mal empfindlicher und 100-mal schneller operieren und dabei ein 5-mal so großes Radiospektrum abdecken als zuvor. SETI-Forscher, Astronomen und Wissenschaftler, welche die SETI-Idee unterstützen, sind enthusiastisch. Mehr als eine Million Sterne soll das Projekt "Breakthrough Listen" abtasten und sogar 100 nahe Galaxien untersuchen. Schon einmal gab es für SETI eine größere Finanzspritze, die nur bedingt half. Dieses Mal soll alles anders werden.

Bild: NRAO

Ein schmalbandiges Signal. Ein starker Puls. Ein hoher Amplitudenausschlag. Ein rhythmisches Intervall. Ein erkennbares Informationsmuster.

Das Wunschsignal

Eine Tonfolge, die sich deutlich von der Kakofonie des kosmischen Geräuschkonzerts abhebt und auf der 21-Zentimeter-Wasserstofflinie eine mehrtätige interstellare Sinfonie anstimmt, deren Komponist zwar unbekannt ist, aber unüberhörbar auf eine angemessene Reaktion des Auditoriums hofft. Eine gezielt gewählte Frequenz, eine starke Signalintensität, eine ungewöhnliche Polarisation und ein großer Informationsgehalt - erklänge eine solche Melodie im Radiobereich, brächte sie alles mit, was eine künstlich intonierte extraterrestrische Kantate auszeichnet. Eine kosmische Etüde, die jeder Besitzer eines leistungsstarken Radioteleskops hören und genießen könnte. Eine musikalische Botschaft, notiert und codiert in der Sprache der Mathematik. Zuerst Primzahlen, danach Subtraktions- und Additionsübungen, später komplexe Symbole und Muster, die das Fundament für eine gemeinsame Kommunikation legen. Zu guter Letzt der eigentliche Inhalt der astralen Flaschenpost - eine in dem Trägersignal verstaute enzyklopädische Datei außerirdischen Wissens …

Ein perfekt gestricktes und verpacktes außerirdisches Funkfeuer dieser Machart wäre zweifelsfrei ganz nach dem Gusto der SETI-Forscher, die nunmehr seit 55 Jahren im Rahmen von mehr als 125 verschiedenen Projekten nach Radiosignalen und (seit zwei Dekaden) nach Laserblitzen ferner Technologien suchen. Was alle Unternehmungen eint, ist die schlichte Tatsache, dass keine von ihnen bisher die interplanetare Flaschenpost aus dem Wellenmeer des kosmischen Ozeans zu fischen vermochte. Dieser Umstand ist einer weiteren Gemeinsamkeit geschuldet: Kein SETI-Projekt konnte bis heute über einen längeren Zeitraum ohne Zeitdruck und Geldnöte systematisch und gezielt nach einer Nachricht der Anderen suchen.

Dieses Bild vom Allen Telescope Array, auf dem nur ein Teil der 42 funktionstüchtigen Antennen zu sehen ist, dokumentiert die Verlorenheit der Schüsseln sehr anschaulich. Ursprünglich hätten sich auf einem Areal von 1 Hektar gleich 350 solcher Antennen dicht an dicht drängeln sollen. Bild: SETI

Trotz großzügiger Finanzspritze nur bedingt einsatzfähig

Fast symbolisch für die Entwicklung steht das ursprünglich ausschließlich für die Suche nach extraterrestrischen Funksignalen konzipierte Allen Telescope Array (ATA). Die in Hat Creek/Kalifornien ansässige Anlage sollte bereits letztes Jahr fertiggestellt sein, erlebte aber ein Fiasko.

Trotz einer großzügigen Finanzspritze von 30 Millionen Dollar (seinerzeit 24 Millionen Euro), injiziert vor acht Jahren von dem Microsoft-Mitbegründer Paul Allen, konnten die SETI-Wissenschaftler bis heute nur 42 der geplanten 350 Schüsseln mit einem Durchmesser von jeweils 6,1 Metern in Betrieb nehmen. Von der angedachten Teleskop-Phalanx, die auf dem einen Hektar großen Gelände 470 Kilometer nordöstlich von San Francisco Fuß fassen sollte, keine Spur.

Selbst das gesetzte Ziel, den Himmel 24 Stunden am Tag und in der Nacht und sieben Tage in der Woche erstmals kontinuierlich zu belauschen, wurde von der Realität überholt. Kein Forscher in Hat Creek konnte bis heute den Großteil der Frequenzen im Radiobereich zwischen 0,5 bis 11,2 Gigahertz analysieren und dabei sekündlich 100 Millionen Kanäle abtasten. Dafür war die Leistungsfähigkeit von ATA schlichtweg zu begrenzt.

Als im April 2011 der Bundesstaat Kalifornien, die University of California, Berkely und die US-Fördermittelbehörde National Science Foundation (NSF) ihre Zuschüsse kurzfristig einstellten, weil sie selbst vom Pleitegeier verfolgt wurden, schien das Aus der großen Radioteleskop-Phalanx besiegelt. Zwar gelang es den Verantwortlichen im Dezember 2011, ATA mit einer intensiven Crowdfunding-Aktion zu reaktivieren. Doch der Preis, den sie dafür zahlten, war hoch.

Hatten die SETI-Aktivisten früher die ATA-Phalanx noch zusammen mit der University of California, Berkeley gemanagt und geleitet, so mussten sie infolge des knappen Budgets im April einen Großteil der Teleskopzeit an das Militär vermieten. Vornehmlich an die U.S. Air Force, die im Rahmen des Space Surveillance Networks (SSN) mehr als 13.000 aktive und inaktive Satelliten und alle Arten von Weltraumschrott observiert.