WDR zensiert Feminismus

"Hart aber Fair" wird weich

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Der zur ARD gehörende Westdeutsche Rundfunk hat eine Ausgabe der Talkshow "Hart aber Fair" vom 2. März 2015 aus seiner Mediathek entfernt. Weder die Auswahl der Gäste noch das Verhalten des Moderators habe der Ernsthaftigkeit des Themas entsprochen, der WDR-Rundfunkrat habe den Talk als "unseriös" bewertet.

Diese Kritik, der WDR habe Gäste der Show "anscheinend eingeladen, um Spott und Häme zu verbreiten", und die Fragen, die sie erreichten, hätten "keinen anderen Zweck, als das Thema unbeleckt jeder Fachlichkeit lächerlich zu machen", erscheint schwer nachvollziehbar. Bei einer Diskussion zum Thema Gleichstellung der Geschlechter ist es völlig normal, auch eine Feministin einzuladen. Auch Grünen-Politiker Toni Hofreiter hatte durchaus auch Vernünftiges von sich gegeben, dem Biologen ist ferner zuzutrauen, den Unterschied zwischen solider Frauenpolitik und Feminismus zu erkennen.

Der Rundfunkrat hätte respektieren müssen, dass im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das regelmäßig Platz für Religionen und Esoterik bietet, auch Raum für feministische Weltanschauungen sein muss. Wenig überzeugend ist auch die Einlassung, die Redaktion habe zur Kenntnis nehmen müssen, "dass viele Frauen die Sendung offenbar anders empfunden haben, als sie gemeint war". Denn einerseits ist die unterschiedliche Perspektive bei ideologischen und religiösen Themen immer gegeben, zum anderen ist die Reduktion auf "Frauen" als TV-Zuschauer selbstredend sexistisch.

Zwar kann man verstehen, dass dem WDR Jahrzehnte nach Überwindung des Feminismus eine entsprechende Programmentscheidung so peinlich ist wie ProSieben seinerzeit die UFO-Show. Dennoch sind Zensur und Vertuschung für einen solchen Missgriff ein erstaunlich unsouveräner Umgang mit Meinungs- und Rundfunkfreiheit, an der nun einmal auch feministische Gemüter teilnehmen.

Deutlich eleganter verhielt sich das ZDF, als es ebenfalls einen Missgriff zu verbergen galt. So hatte die Satiresendung "Die Anstalt" selbst ihre treuesten Fans mit einer moralinsauren Feminismus-Show auf eine harte Belastungsprobe gestellt. Die misslungene Folge wurde dennoch ausgestrahlt, weil man zu Recht davon ausging, das kritische Publikum werde sich für die parallele Übertragung des Pokalspiels zwischen Bayern München und Borussia Dortmund entscheiden. Gegen den Männersport mit Spielerfrauen starb die Sendung mit 3% den Quotentod, so dass sich nicht einmal Frauenverbände für die satirisch intendierte, aber nun einmal infame Gleichsetzung ihrer Themen mit denen von Feminismus beschwerten.

Weitaus unglücklicher lief es für die Krautreporter. So hatte sich deren damaliges Mitglied Tilo Jung bei den Feministinnen angebiedert, indem er am Weltfrauentag ein geschmacklos-selbstironisches Foto twitterte und damit leichtfertigen Bad-Taste-Humor anprangern wollte. Die Krautreporter befürchteten, dass die doppelte Ironie beim nicht-feministisch orientierten Publikum nicht verstanden würde und schlossen weitere Beiträge Jungs erst einmal aus ihren Reihen aus. Während es um die Krautreporter inzwischen stiller geworden ist, sendet Jung nahezu täglich mit hoher Social-Media-Resonanz weiter. Auch Jan Böhmermanns Spott über Neo-Feministinnen störte allenfalls selbige.

Dem Netz kann die ideologische Rundfunkratzensur egal sein. Die Sendung ist zumindest vorläufig noch auf YouTube zu sehen, und falls der WDR auch gegen diese Oase der Meinungsvielfalt vorgehen sollte, werden die Feministen sicherlich Wege finden, ihre unfrohe Botschaft auch weiterhin zu verkünden. Im Gegenteil wäre die Sendung heute fast so vergessen wie der Feminismus, hätten die Leserbriefschreiber und der Rundfunkrat sie nicht wieder in die Schlagzeilen gehoben.

Der WDR-Rundfunkrat indes wird sich fragen lassen müssen, was genau er an dem Verfassungsauftrag "Meinungsvielfalt" nicht verstanden hat. Zu Recht wird von Frauen gefragt, ob der Rundfunkrat nichts Besseres zu tun habe. Auch extreme Minderheiten wie Feministinnen sollten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ihre Nische bekommen, solange sie sich auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegen. Diese zeichnet sich vor allem durch die Beherzigung des Artikel 5 des Grundgesetzes aus, dem zufolge keine Zensur stattfindet und und die Meinungsfreiheit zu gewährleisten ist.