Iran soll Unterstützung für Hamas und Hisbollah einstellen

"Hisbollah-Territorium". Foto: Eternalsleeper; gemeinfrei

US-Außenminister Kerry: "Wir werden genau hinschauen." Auch auf den IS im Gazastreifen?

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Auf den Straßen Teherans ist die Stimmung in diesen Wochen gelöst: Mit Begeisterung, in freudiger Erwartung sprechen die Menschen vom Atomabkommen, und noch viel mehr als das, von dem, was man sich davon erwartet.

Denn in Teheran sprechen ausländische und einheimische Manager über gigantische Deals; dabei kann man dem anderen noch nicht einmal so ohne weiteres Geld überweisen. Geld, das außerdem nicht da ist: Die Infrastruktur ist marode, die Wirtschaft am Ende. Wie es in der Staatskasse aussieht, darüber schweigt die Regierung.

Viel lieber spricht man über den Erfolg: Die Mitglieder der Verhandlungsdelegation werden im Narrativ des offiziellen Iran zu Helden hochstilisiert, die es geschafft haben, das Atomprogramm, wenn auch in Grenzen, aufrecht erhalten zu können.

Zeitdruck auf dem Deal durch möglichen Führungswechsel in Iran

Die Atomverhandlungen seien zuletzt auch ein Rennen gegen die Zeit gewesen, so ein amerikanischer Diplomat aus dem Umfeld der Verhandlungen: Vieles deutet darauf hin, dass der 76jährige Khamenei schwer erkrankt ist; ein Führungswechsel steht bevor. Und im Ausland befürchtet man, dass dem ein langer Machtkampf voraus gehen könnte: Schon jetzt stehen die Hoffnungsvollen Schlange.

Hätte sich das Ganze hingezogen, wäre man mit großer Wahrscheinlichkeit in eine Situation geraten, in der sich durch den Führungswechsel im Iran alles geändert hätte; gleichzeitig hätten auch die Befürworter eines harten Kurses gegen den Westen zunehmend die Oberhand gewonnen.

Das Staatsoberhaupt wird vom zwölfköpfigen Wächterrat ernannt. Dabei handelt es sich um eine Art Verfassungsgericht mit sehr umfassenden Befugnissen. Die Hälfte seiner Mitglieder wird vom Ajatollah ernannt; die anderen sechs sind Anwälte, die vom Chef der Justiz ernannt werden. Jede Amtszeit läuft für sechs Jahre, wobei jeweils sechs Amtszeiten drei Jahre vor den anderen Sechs ablaufen.

Normalerweise gibt es im Wächterrat bei den von Khamenei ernannten Klerikern wenig Fluktuation; das Gremium ist über die Jahre hinweg extrem konservativ und anti-westlich geblieben. Doch nun stehen auch hier Veränderungen an: So ist unter anderem Ahmad Jannati, Vorsitzender des Wächterrats, mittlerweile 88 Jahre alt; seine Amtszeit läuft, gemeinsam mit der von drei Anwälten und zwei weiteren Geistlichen, Ende des Jahres ab.

In den USA hofft man darauf, dass sowohl Khamenei als auch Justiz-Chef Sadek Laridschani sich für Kandidaten entscheiden, die sowohl was die Außenbeziehungen als auch die Haltung zu den Menschenrechten betrifft, gemäßigter sind.

Neue Forderungen an Iran: Einstellung der Hilfe von Terrororganisationen

Denn noch sind die Sanktionen nicht aufgehoben. Irans Regierung wird nun mit Forderungen konfrontiert, die nichts mit nuklearen Dingen zu tun haben.

Man werde sich sehr genau anschauen, wie sich der Iran in der internationalen Arena so mache, bevor man die Sanktionen aufhebe, sagte US-Außenminister John Kerry vor zwei Wochen in Richtung des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu, dessen Regierung sämtliche Kräfte mobilisiert hat, um zu verhindern, dass die Sanktionen aufgehoben werden.

Der Deal sei lebensgefährlich für Israel, so Netanjahu immer wieder. Nur: Alternativen haben auch seine Berater nicht anzubieten. Ab und zu wird dort mal über mögliche Luftschläge gegen Nuklearanlagen im Iran gesprochen. Und die Militärführung, die vehement dagegen ist, erwidert dann stets, dass auch konventionelle Waffen ein Land zerstören können; die militärische Option müsse von einer großen internationalen Allianz getragen werden und auf Grund eines umfassenden Plans ausgeführt werden.

Aus Sicht von Kerry und seinen Mitarbeitern hingegen bietet der Deal die Chance, den Iran in die internationale Gemeinschaft einzubinden; dadurch steige die Chance, der besonderen Herausforderungen im Nahen Osten Herr werden zu können, was letzten Endes auch Israel zugute komme.

Denn schon seit dem Jom Kippur-Krieg 1973 hat Israel keinen Krieg gegen eine staatliche Armee mehr gefochten; sämtliche Kriege der vergangenen Jahrzehnte wurden mit Organisationen wie der Hamas im Gazastreifen oder der Hisbollah im Libanon geführt. Beide Organisationen wurden über die Jahre hinweg durch den Iran finanziell und militärisch unterstützt.

Der Iran solle nun diese Unterstützung einstellen, wenn die Sanktionen eingestellt werden sollen, fordert man nun im Westen; "wir werden keinesfalls akzeptieren, dass Geld, das nach der Aufhebung der Handelsbeschränkungen in den Iran fließt, in die Hände von Terrororganisationen gelangt", sagt ein Sprecher des US-Außenministeriums.

Iran als Stabilitätsfaktor

Und tatsächlich gibt es bereits Hinweise darauf, dass zumindest die Unterstützung für die Hamas zumindest zurückgefahren wurde: So klagte der stellvertretende Chef des Politbüros der Hamas, Mussa Abu Marzuk, der Iran habe die fianzielle Unterstützung eingestellt, und der Hisbollah-nahe Fernsehsender al-Manar kritisierte die iranische Regierung vor zwei Wochen offen, sie habe sich den "Freunden Israels" zugewandt.

Allerdings berichteten israelische Medien, ein festgenommener Kämpfer des bewaffneten Flügels der Hamas habe gegenüber dem israelischen Inlandsgeheimdienst ausgesagt, der Iran habe seine Unterstützung in den vergangenen Monaten sogar noch ausgeweitet; mittlerweile verfügten die Kassam-Brigaden, der bewaffnete Flügel der Hamas, über fortgeschrittene technische Ausrüstung.

Gleichzeitig fürchten allerdings israelische Militärs und Geheimdienstler ein Ende des iranischen Engagements: Teheran sei in Gaza wie im Libanon gleichermaßen eine Gefahr für die Sicherheit Israels und ein Stabilitätsfaktor, heißt es in einem Bericht an den Verteidigungsausschuss der Knesset: Die Situation sei ausgesprochen komplex und kaum zufriedenstellend zu lösen.

Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass weder die libanesische noch die palästinensische Zentralregierung politisch und militärisch stark genug sind, um in ihren Gebieten nachhaltig die Kontrolle zu übernehmen, und die bewaffneten Organisationen zu zerschlagen, die auf Teilen ihrer Territorien de facto die Macht übernommen haben. "Ganz gleich, was die Politik sagt, aber die Hamas und die Hisbollah werden wir nicht wieder los", sagt Meir Dagan, ein ehemaliger Mossad-Chef: "Also müssen wir lernen, mit ihnen zu leben, und einen Weg finden, uns gegenseitig aus dem Weg zu gehen, so schwer das ist."

Das sagt die Politik: "Es ist doch eine gute Sache, wenn der Iran die Unterstützung für solche Gruppen einstellt", sagt die stellvertretende Außenministerin Zippi Hotovely; ähnliches sagen Abgeordnete fast aller Fraktionen.