Bewaffnete Drohnen: Die Jagd ist eröffnet

North Dakota erlaubt der Polizei als erster US-Bundesstaat, Drohnen mit nichttödlichen Waffen einzusetzen

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Es hört sich nach einem Schildbürgerstreich an. Eigentlich war die Gesetzesvorlage des republikanischen Abgeordneten Rick Becker darauf ausgerichtet, die Türen weit für die Einführung von Drohnen für die Polizei mit einert richterlichen Genehmigung zur Überwachung zu öffnen, aber durch den Verzicht, sie zu bewaffnen. Ausnahmen waren die Überwachung der Grenzregionen, der Einsatz bei einer Umwelt- oder Wetterkatastrophe oder bei unmittelbar drohenden Lebensgefahr für eine Person. Ausdrücklich ausgeschlossen waren aber alle tödlichen und nichttödlichen Waffen wie Pfefferspray, Lärmwaffen oder Tränengas.

Aber dann soll der mit der mächtigen Drohnenindustrie verbundene Lobbyist Bruce Burkett für die North Dakota Peace Officer's Association , wie Daily Beast berichtet, trotz der im letzten Jahr wegen der Polizeiübergriffe vor allem auf Schwarze aufgekommenen Kritik an der Militarisierung der Polizei durchgesetzt haben, dass die Polizeidrohnen auch mit nichttödlichen oder "weniger als tödlichen" Waffen ausgestattet werden können. Auch an diesen gibt es immer wieder Kritik, vor allem an den Taser-Elektroschockwaffen, die oft willkürlich und quälerisch eingesetzt werden und manchmal auch zum Tode führen. In den USA starben allein in diesem Jahr bereits 15 Menschen, nachdem sie mit Tasern traktiert wurden. Von daher müsste man eher von manchmal tödlichen oder meist nichttödlichen Waffen sprechen, was aber nicht so gut klingt und für die Hersteller schlecht fürs Geschäft sein könnte.

DJI Phantom. Bild: Zimin V.G./CC-BY-SA-4.0

Bereits im April wurde die endgültige Version vom Gouverneur unterschrieben und ist damit in Kraft. Das geltende Gesetz, das offenbar erst jetzt bekannt wurde, verbietet nur noch die Verwendung tödlicher Waffen. Damit ist nicht explizit, aber ganz legal die Ausrüstung mit allen Waffen möglich, die als nichttödlich oder weniger tödlich gelten, wozu neben Tränengas, Gummigeschossen, akustischen Waffen oder Pfefferspray auch Elektroschockwaffen zählen.

Becker, der auch sonst für Zurückhaltung bei Waffen einzutreten scheint und etwa einen Gesetzesvorschlag eingebracht hat, der das Tragen von verborgenen Waffen auf öffentlichen Versammlungen verbieten will, gab sich geschlagen, meinte aber: "Nach meiner Meinung sollte es eine rote Linie geben: Drohnen dürfen nicht bewaffnet sein. Punkt." Vermutlich zu Recht sorgt sich Becker, dass die angeblich ungefährlichen Waffen noch schneller eingesetzt werden, wenn dies aus der Ferne mit Drohnen geschieht. Damit entfällt freilich auch das gerne vorgebrachte Argument, dass sie eingesetzt werden, um eine direkte Bedrohung eines Polizisten abzuwenden.

Die Polizei ist aber auch mit dem geltenden Gesetz unzufrieden, das auch zur Überwachung eine richterliche Genehmigung erforderlich macht. Sheriff Bob Rost vom Grand Forks County in North Dakota hat von einem Hersteller Drohnen geliehen bekommen und sieht nicht ein, warum er zu einer Überwachung eine richterliche Genehmigung brauchen sollte. Das Gesetz sei lächerlich, sagte er Daily Beast. Er benötige Drohnen zur Überwachung, um einen Haftbefehl zu erhalten. Und überhaupt: "Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten."

Das 60.000 Einwohner Städtchen Grand Forks hat nicht nur eine Universität, in der es einen Studiengang für Drohnen und zur Ausbildung von Piloten gibt, es haben sich auch einige Firmen angesiedelt, die Drohnen für die Landwirtschaft und andere Zwecke anbieten. Auf dem nahe gelegenen Militärflugplatz sind Predator-Drohnen stationiert. Gegründet wurde auch mit Grand Sky der erste kommerzielle Drohnenpark beim Flughafen der Stadt, um dort Unternehmen anzusiedeln, die mit den Einrichtungen der Luftwaffe kooperieren. Geworben wird mit Steuernachlässen und damit, dass hier eine der wenigen Testplätze der Flugbehörde FAA ist. Ende 2013 hatte die Flugbehörde, um die Einführung von Drohnen aller Größen in den zivilen Luftraum zu ermöglichen, 6 Teststandorte in den Bundesstaaten Alaska, Nevada, New York, Texas. Virginia und eben North Dakota ausgewählt, um möglichst viele regionale, technische, klimatische und infrastrukturelle Besonderheiten zusammen mit Sicherheitsaspekten und der Dichte der Luftraumnutzung zu berücksichtigen (US-Luftfahrtbehörde genehmigt Tests zur Öffnung des zivilen Luftraums für Drohnen). Für Becker sind der Boom der Drohnenbranche und die daran geknüpften wirtschaftlichen Hoffnungen mit ein Grund, warum die Bevölkerung Bedenken über Privatsphäre und Ethik hinten anstellt.

Der Durchbruch in North Dakota dürfte der Startschuss auch für weitere Bundesstaaten sein, ihrer Polizei die Verwendung zumindest von nichttödlichen Waffen zu ermöglichen. Der nächste Schritt wird dann sicher die Aufrüstung mit tödlichen Waffen sein. Zudem wird weiter von der Lobby darum gekämpft werden, Drohnenüberwachungs- und ausspähflüge auch ohne richterliche Genehmigung durchführen zu können. Alles im Dienst des Profits, aber auch legitimiert durch eine angebliche bessere Verbrechensbekämpfung, und Strafverfolgung sowie einen besseren Schutz der Polizisten durch Fernüberwachung und -intervention, was natürlich auch zu Personaleinsparungen führen könnte.

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