Suhl: Krawallermittlungen auf versuchten Totschlag ausgedehnt

Tatverdächtige befinden sich weiterhin auf freiem Fuß

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In der Nacht vom 19. auf den 20. August kam es in der thüringischen Stadt Suhl zu schweren Ausschreitungen, bei denen 17 Menschen verletzt und eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber sowie zahlreiche Autos verwüstet wurden (vgl. Suhl: Verletzte und Sachschäden in Erstaufnahmeeinrichtung). Die Krawalle begannen, als sich ein afghanischer Asylbewerber, der Seiten aus einem Koran gerissen hatte, vor syrischen Asylbewerbern, die ihn attackierten, in die Wachstube des Sicherheitsdiensts flüchtete.

Die Angreifer zogen sich darauf hin nicht zurück, sondern versuchten, die Tür der Wachstube einzutreten, worauf hin der Sicherheitsdienst Tränengas versprühte und die Polizei alarmierte. Als diese eintraf, wurde sie von den Angreifern umzingelt und unter Allahu-Akbar-Rufen mit Steinen beworfen, weshalb der Einsatzleiter Verstärkung aus der Landeshauptstadt Erfurt und sogar aus Bayern anfordern musste. Am Ende waren 125 Beamte, neun Notärzte und 90 Sanitäter im Einsatz. Inzwischen gesperrte Videoaufnahmen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zeigen, wie der Mob auch andere Asylbewerber und Reporter mit Eisenstangen und Messern attackiert. Mehrere Brandstiftungen konnte die Feuerwehr relativ schnell unter Kontrolle bringen.

Am Freitag nach den Krawallen gab die Landespolizeiinspektion Suhl bekannt, dass die für die Stadt zuständige Staatsanwaltschaft Meiningen (unter anderem anhand privater Videoaufnahmen) "prüft, welche Tatverdächtigen in welchem Umfang die Tatbestände des Landfriedensbruchs, der Körperverletzung und der Sachbeschädigung erfüllt haben". Der thüringische Integrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) hatte davor anhand der Tatschilderungen nicht von Landfriedensbruch, sondern von "versuchter Lynchjustiz" gesprochen.

Nach Informationen von Telepolis wurden die Ermittlungen nun auf den Vorwurf des versuchten Totschlags gemäß den Paragrafen 212 und 22 StGB ausgedehnt. Das heißt, dass die Staatsanwaltschaft zwar den Verdacht hat, dass eine Tötungsabsicht vorlag, aber der Meinung anhängt, dass religiöser Fanatismus kein "niederer Beweggrund" im Sinne des Mordparagrafen 211 StGB ist. Für eine Stellungnahme dazu, warum sie trotz des Feuerlegens und der Eisenstangen auch die Mordmerkmale "gemeingefährliche Mittel" und "Grausamkeit" nicht als gegeben sieht, war bei der Staatsanwaltschaft bislang niemand erreichbar.

Der Polizei zufolge befinden sich alle Suhler Tatverdächtigen weiterhin auf freiem Fuß - bislang wurde noch keiner von ihnen in Untersuchungshaft genommen. In Karlsruhe, wo etwa 60 Nordafrikaner in der Nacht vom 21. auf den 22. August Wachleute und Polizeibeamte mit Baustellenmaterial, Mobiliarteilen und Pflastersteine attackierten und ein Pfortenhäuschen stürmen wollten, wurden dagegen zwei von elf Festgenommenen in Untersuchungshaft behalten.1 Beide sind algerische Staatsangehörige. Weil die algerische Regierung sehr entschieden gegen Islamisten vorgeht, befinden sich unter den Asylbewerbern aus diesem Land auch religiöse Fanatiker. Der Anlass für den Sturm auf das Karlsruher Wachhäuschen soll jedoch kein religiöser gewesen sein, sondern ein Streit um den Einlass von Personen, die dazu nicht berechtigt waren.

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