Schwarze Fahnen in Aden

Zusammenarbeit zwischen IS und al-Qaida - Sunnitenallianz soll Sturm auf Sanaa vorbereiten

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In Aden, der ehemaligen Hauptstadt des Südjemen, wehen Augenzeugen zufolge von zahlreichen - auch öffentlichen - Gebäuden die schwarzen Fahnen des Islamischen Staats (IS). Die Terrorgruppe übt dort angeblich nicht nur symbolisch, sondern auch praktisch Macht aus: Am 23. August sollen IS-Salafisten nach Erkenntnissen von Human Rights Watch schiitische Gefangene in orangefarbenen Overals gefesselt in ein Boot gesteckt haben, das sie anschließend vor der Küste sprengten.

Solche Berichte deuten darauf hin, dass die Armee der Vereinigten Arabischen Emirate, die die 800.000-Einwohner-Stadt am 4. August mit französischen Leclerc-Panzern besetzte, faktisch deutlich weniger Kontrolle über Aden hat als die von Saudi-Arabien angeführte Sunnitenallianz zum Sturz der im letzten Jahr gewaltsam an die Macht gelangten schiitischen Huthi-Rebellen dies darstellt.

Informanten der BBC nach nutzte der IS im Jemen das Chaos, das dort durch die monatelangen Kämpfe zwischen schiitischen Huthi-Milizen und der Sunnitenallianz entstanden war. Dabei setzte er auch auf die im Irak ausgesprochen erfolgreiche Methode, Gefängnisse zu stürmen und unter den dort eingesperrten Schwerverbrechern und Terroristen massenhaft neue Kämpfer zu rekrutieren.

In Aden arbeitet der IS mit der Terrorgruppe al-Qaida zusammen, die seit April große Teile der Provinz Hadramaut beherrscht. Diese Zusammenarbeit weist darauf hin, dass ein westliches Wetten auf eine dauerhafte Rivalität zwischen den beiden ideologisch sehr ähnlichen Gruppen eher riskant wäre. Der ehemalige CIA-Chef David Petraeus schlug am Dienstag trotzdem vor, Kämpfer der syrischen al-Qaida, der al-Nusra-Front, für den Einsatz gegen den IS zu rekrutieren. Hintergrund des Vorschlags ist offenbar, dass es den USA nicht gelingt, in nennenswerter Zahl "moderate Rebellen" zu finden (vgl. Aktuell weniger als hundert Mann).

Schiiten und Sunniten im Jemen. Karte: Telepolis.

Die Saudis sollen derweil mit einem Panzeraufmarsch in der östlich von Sanaa gelegenen Provinz Marib und mit dem Ausbau eines alten Flughafens am Ölfeld Safir den Sturm auf die jemenitische Hauptstadt vorbereiten, in der - anders als in Aden und im Süden des Landes - zahlreiche Schiiten leben. Ihre im März begone Bombardements und Raketenbeschüsse dauern an - dabei werden unter anderem die von über 100 Staaten geächteten Streubomben eingesetzt. Alleine am Samstag kamen bei einem Angriff auf eine Fabrik in der Nordprovinz Haddscha mindestens 31 Menschen ums Leben. Insgesamt forderte der Krieg bislang etwa 4.500 Todesopfer - knapp 2.000 davon waren Zivilisten.

Versuche der Huthis, den Krieg nach Saudi-Arabien zu tragen, erwiesen sich bislang als bloße Nadelstiche und stießen bei den etwa drei Millionen saudischen Schiiten, die nicht im (an den Jemen grenzenden) Westen, sondern im Osten des Landes leben, auf keine merkliche Resonanz. Ein Grund dafür könnte sein, dass diese saudischen Schiiten Ismailiten sind, während es sich bei denen im Jemen um Zaiditen handelt. Ein anderer - womöglich wichtigerer - ist, dass es den saudischen Schiiten wirtschaflich deutlich besser geht als den meisten Jemeniten.

Den Vereinten Nationen nach haben die saudischen Luftangriffe und die Blockade durch die Sunnitenallianz dazu geführt, dass mittlerweile 21 der insgesamt knapp 27 Millionen Jemeniten auf humanitäre Hilfe angewiesen wären. Solche Hilfe ist wegen der Kampfhandlungen nur sehr bedingt möglich: Erst gestern wurden zwei Helfer des Internationalen Roten Kreuzes (ICRC) offenbar gezielt erschossen. Acht Tage vorher hatten Bewaffnete das Büro der Hilfsorganisation in Aden gestürmt und ausgeraubt.

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