Vom Verteidigungsfall und den Geflüchteten als Bombe

Die Rechten versuchen in der Flüchtlingskrise mit Populismus aufzutrumpfen, bekommen aber viel Gegenwind von einem neuen Patriotismus, der sich auf Deutschland als Einwanderungsland bezieht

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"Das Milliardengeschäft mit den Flüchtlingen" lautet der reißerische Titel des Buches, das der ehemaligen FAZ-Redakteur Udo Ulfkotte im Kopp-Verlag veröffentlicht hat. Damit bearbeitet er populistisch ein Thema, das alle Kräfte rechts von der Union zurzeit umtreibt. Jürgen Elsässer versucht sich in der aktuellen Ausgabe seines Monatsmagazin Compact als populistischer Problemlöser und ruft die deutschen Soldaten auf, die Grenzen Deutschlands zu "sichern":

"In der aktuellen Situation droht jedoch akute Gefahr für das Volk und den Staat, denen Ihr Treue geschworen hat. Mit der kürzlichen Entscheidung der Bundeskanzlerin zur bedingungslosen Öffnung unserer Grenzen wird die Existenz beider aufs Spiel gesetzt", bringt Elsässer auf den Punkt, was nicht nur rechts von der Union bedacht wird. Damit ist er sich einig mit Gerhard Wisnewski, der die Flüchtlingskrise als Invasion bezeichnet und schon mal den Verteidigungsfall ausgerufen hat.

Wisnewski ging noch weiter und bezeichnete die Geflüchteten als "Waffen" oder Bomben, die bald in Deutschland explodieren könnten.

"Bei solchen Ausführungen sträuben sich uns die Haare"

Mit solchen Ausführungen können die Autoren derzeit im rechten, menschen- und ausländerfeindlichen Spektrum punkten, bekommen aber auch in einem Deutschland Gegenwind, das mehrheitlich die Aufnahme von Geflüchteten, vor allem wenn sie hochqualifizierte Syrer sind, zur nationalen Aufgabe erklärt hat.

Der SPD-Ortsverein von Rottenburg forderte nach dem Beitrag von Wisnewski vom Kopp-Verlag eine Stellungnahme und Distanzierung . Doch die Empörung der SPD-Genossen, dass der Kopp-Verlag mit solchen haarsträubenden Äußerungen wirbt und damit sogar Geld verdient, muss doch etwas verwundern. Schließlich sind Verschwörungstheorien und Populismus das Geschäftsmodell des Kopp-Verlags seit seiner Gründung. Der Verlag greift dabei natürlich immer die aktuellsten Themen auf und da ist zurzeit die Flüchtlingskrise natürlich vorne dabei.

Was sich aber geändert hat, ist, wie die SPD-Intervention zeigt, das aktuelle gesellschaftliche Klima. In einer Zeit, in der eben Deutschland die Flüchtlingshilfe als Markenzeichen entdeckt und sogar Politiker der Grünen dazu aufrufen, stolz auf Deutschland zu sein, weil es Geflüchtete aufnimmt, sind solche rechten Querschüsse plötzlich für einige Grund zur Aufregung. Der Kopp-Verlag reagierte auf die SPD-Intervention gewohnt rechtspopulistisch und sieht gleich die Meinungsfreiheit bedroht.

Die SPD antwortete:

Unser Hauptanliegen war es, vom Inhaber des Kopp-Verlages eine klare Auskunft zu erhalten, ob er sich hinter diesen Beitrag stellt oder sich davon distanziert. Wir haben ihn nach seiner Meinung gefragt. Es wäre die Möglichkeit gewesen, sich auch anders zu positionieren, wenn schon "die Meinung des Verfassers nicht zwangsläufig die Meinung des Verlages wiedergibt". Herrn Kopp nach seiner Meinung zu fragen hat nichts mit Gedanken- oder Gesinnungsschnüffeleien zu tun, wie er unterstellt. Sein Vorwurf, wir würden die Pressefreiheit angreifen, ist der Versuch, unliebsame Kritiker mundtot zu machen. …

Dass solche Beiträge wie der des Herrn Wisnewski und der von beiden erhobene Vorwurf der Gedanken- und Gesinnungsschnüffelei sowie des Angriffs auf die Pressefreiheit geeignet sind, Hass zu schüren, erleben wir in diesen Tagen in eindrücklicher Weise per Mails, Telefonaten und auf einschlägigen Internetseiten. "Volksverräter; Blockwarte; Pack, das eingesperrt werden muss." Das sind nur wenige Beispiele aus solchen Beiträgen. Wir haben weder gefordert, dass Kopp seinen Autor vor die Tür setzt, noch ihm vorgeschrieben, was er verlegen darf, wie er behauptet.