Bayern droht mit Verfassungsklage gegen Merkels Flüchtlingspolitik

Der Bund gefährde die "eigenstaatliche Handlungsfähigkeit der Länder"

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Neulich noch, als das Betreuungsgeld gekippt wurde, hieß es, dass die CSU völlig zur Provinznummer abgesunken sei und Bayern in Berlin auf keine Stimme mehr zählen kann, die gehört wird. Das gilt im Augenblick nicht mehr.

Seehofer hat sich als Gegenspieler der Kanzlerin beim Thema Flüchtlingspolitik profiliert, das Medien als Bewährungsprobe der Kanzlerschaft Merkels aufgehängt haben. Der CSU-Chef wird wie kein anderer Politiker gleichgesetzt mit der Forderung, die Flüchtlingszahlen zu begrenzen. Dazu hatte er im Vorfeld der heutigen Sitzung "einen eigenen Weg" angekündigt (siehe Seehofer kündigt Zurückweisung von Asylbewerbern nach Österreich an).

Bei der Pressekonferenz ließ er dann von seinem Innenminister Hermann ein lautes, größeres Geschütz auffahren: Falls die Bundesregierung nicht selbst die Initiative ergreife, um die Rekordzahl der Flüchtlinge zu begrenzen, wolle die Staatsregierung das vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen, berichtet der BR.

Als Grund für die Klage würde ein Organstreit angeführt - mit dem Argument, dass der Bund die "eigenstaatliche Handlungsfähigkeit der Länder gefährde". Seehofer kommentierte: "Der eine hält das Recht nicht ein und der andere will, dass es eingehalten wird."

Innenminister de Maizière versuchte, Druck rauszunehmen: Er sehe in der angekündigten Klage keine Drohung. In der Union sei es unstrittig, dass die Zuwanderung verringert werden müsse. Umstritten seien die dafür geeigneten Maßnahmen. Ein Alleingang Bayerns sei "keine tragfähige Grundlage für eine Lösung des Flüchtlingsproblems".

Wie der Alleingang Bayerns genau aussieht, ist noch unklar. Man behalte sich vor "anlassbezogen eigene Maßnahmen zu ergreifen", falls die Bundesregierung die Flüchtlingszahlen nicht genug begrenzen könne. "Dann tun wir, was notwendig ist", soll Seehofer ergänzt haben, ohne Details.

Zuvor stellte er ein Maßnahmen-Paket vor, angekündigt als "Maßnahmen zur Notwehr" mit dem dann amtlichen Titel "Zusammenhalt fördern, Integration stärken", das ein Volumen von 489 Millionen Euro hat.

Vorgesehen sind 3.772 neue Stellen "in der Verwaltung, bei der Polizei, in der Justiz und bei Bildungseinrichtungen", 1.700 neue Lehrkräfte sollen eingestellt werden. Bis 2019 sollen in 60.000 Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Asylbewerber geschaffen und 28.000 neue Wohnungen gebaut werden.