Herr Seehofer, wo bleibt das "Hohe C"?

Der CSU-Chef bläst mal wieder seine bayerischen Backen auf

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Horst Seehofer bläst mal wieder seine bayerischen Backen auf. Immer heftiger und verantwortungsloser stänkert der CSU-Chef gegen die menschenfreundliche und wirtschaftsfreundliche Flüchtlingspolitik der Kanzlerin.

Das hat System. So populistisch und stammtischfreundlich verhielt er sich bei seiner Ausländer-Maut oder auch vor vier Jahren, als er bei einem politischen Aschermittwoch martialisch posaunte, er werde sich "bis zur letzten Patrone" gegen "massenhafte Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme" wehren.

Seine braungefärbten Sprüche garnierte er in dieser Woche mit dem Begriff "Notwehr" gegen die Flüchtlinge und drohte gar mit einer Verfassungsklage gegen dieselbe Bundesregierung, der doch seine eigene Partei, die CSU, angehört. Ein echter Seehofer: Will er sich jetzt selber anklagen?

Ausländerhetze mit System

Diese Ausländer-Hetze ist kein rhetorischer Ausrutscher, sie hat bei Seehofer System. Kein Wunder, dass sein Finanzminister Markus Söder sogar Grenzzäune gegen Flüchtlinge forderte. Aber hallo, ist das noch unser Europa der Freizügigkeit?

CSU, daran muss man jetzt erinnern, heißt "christlich"-soziale Union. Was aber ist an Seehofers Ausländer-Hetze noch christlich? Mit dem Begriff "Notwehr" hat schon Adolf Hitler in seinem "Mein Kampf" gegen Juden und Ausländer gepöbelt.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat in diesen Wochen mehrfach daran erinnert, dass "christlich und ausländerfeindlich nicht zusammenpassen". Im "Spiegel" sagte er, für Christen gebe es gar keine Ausländer, sondern nur Brüder und Schwestern, denen man, wenn sie in Not sind, helfen müsse. So hat es Jesus in seiner berühmten Geschichte vom "barmherzigen Samariter" gelehrt und so sagt es auch Papst Franziskus gegenüber Flüchtlingen. Gilt dieses christliche Grundgebot im "christlichen" Bayern für eine "christliche" Partei nicht mehr?

Zwischen der Wortwahl des CSU-Chefs gegenüber Flüchtlingen und der Wortwahl der rechtspopulistischen AfD und den Pegida-Rednern in Sachsen ist kein großer Unterschied mehr. Sie alle hetzen gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft anstatt die schwierigen Integrationsbemühungen der Kanzlerin zu unterstützen.

Herr Seehofer, wo bleibt das "Hohe C" im Namen ihrer Partei? Es bleibt ein Trost und eine Hoffnung: Als Franz Josef Strauß gegen Helmut Kohl intrigierte blieb der damalige CDU-Chef so cool wie heute Angela Merkel gegenüber Horst Seehofer. Strauß hat gewettert und Kohl blieb 16 Jahre Bundeskanzler.

Das Flüchtlingsproblem ist mit Mut und Zuversicht zu bewältigen. Das zeigt die deutsche Geschichte der letzten 165 Jahre. Ohne 12 Millionen Flüchtlinge aus den früheren deutschen Ostgebieten nach 1945 und ohne acht Millionen Gastarbeiter nach 1960 hätte es hierzulande kein Wirtschaftswunder gegeben. Angela Merkel hatte jetzt den Mut, ihre CDU daran zu erinnern, dass das C im Namen der Partei nicht nur in Sonntagsreden gelte.

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