Bericht über die CIA-Geheim- und Foltergefängnisse

Zwischen 2002 und 2008 verschwanden mindestens 119 verschleppte Menschen in das Netz von CIA-Gefängnissen

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Nach den 9/11-Anschlägen auf das WTC und das Pentagon wurde nicht nur bereits der Einmarsch in den Irak geplant, der damalige Vizepräsident Cheney forderte auch sogleich, dass nun die Handschuhe ausgezogen werden müssten, dass man sich im Kampf gegen die Terroristen die Hände schmutzig machen müsse. Schluss also mit Menschenrechten und Rechtstaat, was dann teils offen und teils heimlich mit verstärkten Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen im Inland und mit gezielten Tötungen, Verschleppungen, Folter und Geheimgefängnissen im Ausland praktiziert wurde. Verdächtige wurden entweder getötet oder als "feindliche Kämpfer" ihrer Rechte beraubt eingesperrt - in Afghanistan, im Irak, in Guantanamo und eben in einem Netz an Foltergefängnissen, in denen man manche Gefangenen verschwinden ließ.

Bild: CIA

Der Geheimdienstausschuss des US-Senats hatte die Praktiken der CIA untersucht und einen 6000-seitigen Bericht verfassen lassen, der aber weiterhin geheim bleibt. Nach langem Hin und Her (Kerry und Bush gegen die Veröffentlichung des CIA-Berichts) konnte die 500-seitige Zusammenfassung veröffentlicht werden, aber nur in Teilen und mit vielen Schwärzungen. So wurden die Namen von 119 Verschleppten bekannt, die gefoltert wurden, mehr als 130 sollen es gewesen sein. 42 wurden seither freigelassen, 30 befinden sich noch in US-Haft, 7 sind gestorben. Doch die Länder, die mit der CIA kooperierten, waren ebenso geschwärzt wie viele Daten, Namen oder Zahlen (Nach dem 11.9. haben sich Geheimgefängnisse und Verschleppungen verbreitet). Durch die Ermittlungen des UN-Sonderberichterstatters für Folter waren aber bereits einige Erkenntnisse bekannt geworden (Nach dem 11.9. haben sich Geheimgefängnisse und Verschleppungen verbreitet).

Das Bureau of Investigative Journalism und The Rendition Project haben in einem Bericht über die CIA-Geheimgefängnisse Daten über 119 der von der CIA verschleppten, inhaftierten und gefolterten Gefangenen zusammengestellt und aufgelistet. Und sie vor allem haben Geheimgefängnisse lokalisieren können, die im Bericht mit Farben codiert wurden. Folgen wird das weiterhin nicht haben, obgleich Polen (Nach dem CIA-Bericht: Schwarzer Peter für Polen?), Rumänien und Litauen aktiv mitgewirkt haben (CIA-Bericht - nicht ohne juristische Folgen?).

Grün war beispielsweise das erste Gefängnis in Thailand, wo aber schnell politische Schwierigkeiten auftauchten und es nach einem halben Jahr am 4. Dezember 2002 wieder geschlossen wurde. In Thailand wurden zwei Männer, der Palästinenser Abu Subaida, der fälschlicherweise als hohe al-Qaida-Führungsfigur galt, und der wegen des Bombenangriffs auf die USS Cole verdächtigte Abd al-Rahim al-Nashiri, festgehalten und wiederholt gefoltert: Waterboarding, Schlafentzug, Stresspositionen und Einsperrung in einem sargähnlichen Kasten bzw. in eine Box mit einem Durchmesser von weniger als einem Meter.

Schon mit der Verschleppung von Abu Zubaydah im März 2002 war die Errichtung eines Geheimgefängnisses in Afghanistan geplant worden, das im September nach dem Bericht fertiggestellt war und Cobalt genannt wurde. Bis dahin wurden Männer, die in Georgien und in Pakistan verschleppt wurden, in anderen Einrichtungen in Afghanistan inhaftiert. Cobalt war bis 2004 in Betrieb, nach CIA-Angaben wurden dort 64 Gefangene zeitweise festgehalten, es dürften aber mehr gewesen sein. Cobalt war der Ort, wo die CIA mit Verhör- und Foltermethoden an Gefangenen experimentierte und einen Ausbildungskurs veranstaltete.

Ende 2002 hatte man in Polen, eines der Länder des Neuen Europas, das sich eng an die USA und Großbritannien anschloss und zur Koalition der Willigen in Vorbereitung des Irak-Kriegs gehörte, ein Geheimgefängnis auf einem Luftstützpunkt bei Szymany eröffnet und Nashiri und Abu Zubaydah dorthin gebracht, später auch Ramzi bin al-Shibh, Khaled Sheikh Mohamed und Abu Yasir al-Jazairi sowie weitere Gefangene. Auch hier wurde gefoltert. Weil Cobalt und das Geheimgefängnis in Polen überbelegt waren, wurde in Afghanistan ein weiteres Gefängnis (Grey) eingerichtet, es gab ein "Safehouse" und zwei Gefangene wurden in Marokko "ausgelagert".

Im September wurde das polnische Gefängnis aufgegeben und die Gefangenen in ein Lager in Rumänien (Black) und in damals noch geheime Lager in Guantanamo verlegt. Ende 2003 hatte die CIA bis zu 60 Gefangene, wobei allerdings schon klar war, dass die Mehrzahl für die CIA ohne Wert war und in ein normales Gefängnis gesteckt oder freigelassen werden könnte. Im April 2004 wurden die Gefangenen aus Cobalt in ein neues Gefängnis (Orange) verlegt, andere befanden sich in Marokko und Rumänien, da die Geheimgefängnisse in Guantanamo geschlossen werden mussten. Auch in Marokko gab es Schwierigkeit, weswegen im Februar 2005 die mittlerweile 18 Gefangenen in ein Gefängnis nach Litauen verlegt wurden. Insgesamt hatte die CIA damals 29 Gefangene in Afghanistan, Rumänien (Bukarest) und Litauen.

Nachdem die CIA-Geheimgefängnisse bekannt wurden, musste das in Rumänien geschlossen werden, der Regierung wurde es zu heiß. Die Gefangenen wurden nach Litauen, wo man weiter mitspielte, und nach Jordanien verbracht. Im März 2006 wurde auch das Gefängnis in Litauen geschlossen und die Gefangenen in ein Gefängnis in Afghanistan (Brown) gebracht. Dort wurden zwischen März und September 2006 10 Gefangene festgehalten. Nachdem der damalige Verteidigungsminister Rumsfeld es verboten hatte, CIA-Gefangene weiter im Guantanamo-Lager abzuladen, wurden die Gefangenen von der CIA in andere Länder wie Pakistan, Jemen, Jordanien oder Saudi-Arabien überstellt. Die letzten "high value detainees" wurden schließlich im September 2006 in das offizielle Gefangenlager in Guantanamo gebracht, um dort vor Gericht gestellt zu werden.

Damit scheint das CIA-Programm bis auf die Festnahme von Abd al-Hadi al-Iraqi (November 2006 bis April 2007) und Muhammad Rahim (Juli 2007 bis März 2008) nicht beendet worden, aber doch weithin stillgestellt worden zu sein, auch wenn der Geheimdienst sicherheitshalber zwei Geheimgefängnisse für künftige Verwendung bereithielt, die von Mitchell Jessen Associates bis Ende 2009 verwaltet wurden. Auch das ist ganz interessant, die Firma wurde von den Psychologen James Mitchell and John Jessen gegründet, die das Folterprogramm bzw. die "verschärften Verhörtechniken" der CIA mit entworfen hatten. Zuvor hatten die Psychologen als CIA-Vertragspartner "Verhördienste, Sicherheitsteams für Verschleppungen, Einrichtungen, Ausbildung und andere Dienste" angeboten.

Abu Subaida, der erste Gefangene, der nach 11/9 von der CIA verschleppt und gefoltert wurde, und Al Nashiri werden immer noch in Guantanamo festgehalten. Beide haben beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klagen gegen Polen und Litauen wegen Folter eingereicht, Al Nashiri auch gegen Rumänien. Polen wurde 2014 zu einer Entschädigung von je 100.000 US-Dollar verurteilt.