Freifunker kritisieren werbegebundenes Internet-Hotspot-Konzept in Freiburg

Deutschland ist ein Entwicklungsland im Hinblick auf öffentliche Internet-Hotspots, aber es gibt Städte, die das ändern wollen und dabei sehr unterschiedliche Wege gehen

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Während Städte wie Halle, Weimar oder München einfach Freifunk-Router in städtischen Gebäuden aufstellen oder dies unterstützen, hat sich Freiburg darauf festgelegt, öffentliches WLAN nur über Außenwerbeflächen bereitzustellen. Netz-Provider oder Freifunk-Initiativen kommen dadurch nicht zum Zug, da sie keine Werbeflächen verkaufen.

Mitte Oktober hat die Außenwerbefirma Wall AG siebzehn WLAN-Hotspots in Freiburg in Betrieb genommen, die jeweils an einer Werbetafel hängen. Die Firma zahlt dabei für zehnjährige Werberechte 2.5 Millionen Euro an die Stadt, während sie für die zehn Jahre zuvor noch 4.2 Millionen Euro gezahlt hatte. "Es kann kaum sein, dass die Wall AG für Einrichtung und Betrieb von siebzehn WLAN-Routern 1.7 Millionen Euro kalkuliert", kritisiert der Freiburger Freifunker Jens Rieger die gefallenen Einnahmen. Der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon entgegnet, dass die geringeren Einnahmen eher durch eine "schlechte Marktentwicklung bei der Außenwerbung, nicht zuletzt durch das Internet" begründet seien.

Laut Statistischem Bundesamt sind die Gesamteinnahmen durch Außenwerbung aber in den letzten Jahren immer gestiegen. Jedenfalls sei die Vergabe nach einer ordnungsgemäßen Ausschreibung erfolgt, an der aber nur wenige Bieter teilgenommen hätten, wie der Oberbürgermeister zugibt. Die Stadt hatte sich dabei in der Ausschreibung auf das umstrittene Konzept "Öffentliche Hotspots durch Außenwerbung" festgelegt. Dadurch gibt es Netzabdeckung auch nur an den Stellen, an denen große Werbetafeln stehen. Bisher hat nur die Stadt Düsseldorf auf dieses Konzept gesetzt.

Freifunker sind in zahlreichen Städten aktiv. Mit dreihundert in Freiburg aufgestellten Freifunk-Routern "erreichen innerhalb eines Monats 25.000 Endgeräte das Internet, darunter viele in der Innenstadt", berichtet Jens Rieger von seinen aktuellen Messungen. Zu einem Materialpreis von 20 Euro können sich Geschäfte und Privatleute schlüsselfertige Router bei einem Laden in der Innenstadt oder beim Chaos Computer Club besorgen. Durch Anschluss an Steckdose und den eigenen Router steht ohne weitere Konfiguration ein Freifunk-Hotspot bereit. Zudem vernetzen sich die Router nach Möglichkeit untereinander, so dass größere Distanzen und Ausfälle überwunden werden können. Das Freifunk-Netz kann so in der Freiburger Innenstadt bereits mit dem Angebot der Wall AG konkurrieren, obwohl es keine Unterstützung durch die Stadt erhalten hat.

Bei der Wall AG äußert man sich auf Nachfrage positiv zum Freifunk. "Die Angebote des Freifunks und der Wall AG ergänzen sich" meint der Vorstandsvorsitzende Daniel Wall. Freifunker Rieger ist allerdings skeptisch, ob sich die beiden Netze vergleichen oder verbinden lassen. "Wir organisieren einen werbefreien Internetzugang, der keine kommerziellen Interessen verfolgt und gemeinschaftlich betrieben wird", sagt Rieger. Nicht zuletzt hat er Bedenken beim Datenschutz, denn die Hotspots auf den Werbetafeln verlangten die Erfassung von Namen und Email-Adressen und betrieben ein Nutzer-Tracking. Wall verweist wiederum auf strenge Bestimmungen, die mit der Bundesdatenschutzbeauftragten besprochen worden seien, und darauf, dass die Daten die Firma nicht verlassen würden.

Die nächste Frage nach öffentlicher Internetabdeckung gibt es in Freiburg nun bei Flüchtlingsunterkünften. Auch hier sind die Freifunker aktiv und haben eigenständig und mithilfe von Privatleuten an einigen Orten für schnelle Vernetzung gesorgt, oft gegen Vorbehalte der Verwaltung. "Wir wünschen uns, dass Städte bürgerschaftliches Engagement unterstützen", sagt Rieger und verweist auf die Stadt München, wo bereits zahlreiche Freifunk-Router in Flüchtlingsunterkünften stehen. Allerdings zeichnet sich ab, dass die Stadt Freiburg auch hier vor allem auf kommerzielle Anbieter setzt.

In der ersten Version wurde fälschlich behauptet, dass Freiburg grün regiert wird. Bündnis 90/Die Grünen stellen aber tatsächlich nur die größte Fraktion mit knapp unter 25% der Stimmen sowie den Oberbürgermeister und Chef der Verwaltung.