US-Navy führt wegen Cyberrisiken wieder Astronomische Navigation ein

Mit der GPS-Navigation wurde der Sextant beiseitegelegt, aber nun sollen die Offiziere wieder aufgrund der wachsenden Risiken die archaische Orientierung an den Sternen lernen

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Satelliten können Ziele von Cyberangriffen werden werden. So warnte ein im Juli 2015 veröffentlichter Bericht der World Teleport Association (WTA), dass Mittel und Techniken zum Hacken immer raffinierter würden. Satellitenbetreiber müssten für einen angemessenen Schutz sorgen und mehr in Sicherheit investieren. 94 Prozent der Firmen hätten ein Sicherheitsproblem während des letzten Jahres berichtet.

Gefährdet sind vor allem die Signale, die zwischen Satelliten und Bodenstationen gesendet werden. Auf dem Boden durchlaufen die Signale zahlreiche Computer, die in der Regel über IP-basierte Datennetzwerke einen Fernzugriff für Mitarbeiter ermöglichen, der aber auch gehackt werden kann, wodurch Nicht-Befugte über das Netzwerk auch Zugang zu den Signalen und den Satelliten erlangen können. Dazu wurden Internetzugriffe für Kunden geschaffen und damit auch Türen für Hacker. Meist kommen wie üblich die einfachsten Angriffe vor, nämlich DoS-Angriffe (Denial of Service). Es kann aber auch Schadsoftware, beispielsweise Computerviren, in das Netzwerk eines Satellitenbetreibers eingebracht oder es kann gezielt gehackt werden, um an Informationen zu gelangen oder Daten bzw. Systeme zu manipulieren oder lahmzulegen. Und ein Mitarbeiter kann versehentlich ein Kennwort weitergeben und so die Türen öffnen.

So sollen chinesische Hacker bereits 2007 und 2008 in Netzwerke der Nasa eingedrungen sein und auf die Kontrollsysteme von Satelliten Zugriff erlangt haben, auch wenn sie keinen Gebrauch davon machten. Der Übergang zu IP-basierten Netzwerken in der Satellitenbranche hat nach Robert Ball, Direktor des WTA, große Vorteile mit sich gebracht und Kosten gesenkt, aber eben auch neue Gefahren eröffnet. Problematisch kann dies beispielsweise werden, wenn die Satellitensignale für die Navigation manipuliert oder blockiert würden.

Bild: Naval Academy

Eben das schreckt jetzt auch das Pentagon. Die Naval Academy der US-Marine, wo man sich nun auch auf den Cyberwar vorbereitet, hatte in den späten 1990er Jahren wegen der Satellitennavigation durch das Global Positioning System (GPS) die Ausbildung in Astronomischer Navigation beendet und 2006 ganz eingestellt. Man war wohl der Überzeugung, stets und auch in Zeiten eines Kriegs, Zugang zu den GPS-Daten haben zu können, mit denen es sich viel leichter und genauer navigieren lässt. Tatsächlich scheint das GPS auch bisher niemals ausgefallen zu sein. So schien es realistisch zu sein, auf Resilienz durch ein unabhängiges Notsystem und das Wissen, es zu bedienen, zu verzichten.

Jetzt nimmt man die Astronomische Navigation (CELNAV) wieder in den Lehrplan auf und holt die nicht mit Netzwerken verbundenen Sextanten und den Nautical Almanac wieder heraus, die vor Cyberangriffen sicher sind, wie Capital Gazette berichtet. Allerdings wurden bereits 2011 erste Kurse begonnen, die nun weiter ausgebaut werden sollen. Gelehrt wird offenbar nur sehr begrenzt die Theorie der Astronomischen Navigation, wohl aber nicht der Umgang mit Sextanten. 2017 soll dann der erste Jahrgang von Offizieren an der Naval Academy wieder mit einem Abschluss auch in Astronomischer Navigation machen.

Bild: Naval Academy

In einem Marineblog wird das so begründet: "Stell Dir vor: Ein Marineschiff fährt auf hoher See Tausende von Meilen entfernt vom Land. Plötzlich fallen alle Navigationssysteme aus. Was geschieht jetzt?" Die Navy, so heißt es weiter, wendet sich wieder der Vergangenheit zu, um die Zukunft zu meistern. Auch wenn moderne Techniken immer besser werden, habe man bei der Navy realisiert, dass die alten noch immer wichtig sind. Astronomische Navigation sei eine Kernkompetenz, so Konteradmiral Adan Cruz: "Wenn wir mit Astronomischer Navigation navigieren können, können wir immer sicher von Punkt A nach Punkt B kommen."

Es gehe sogar nicht primär um Cyberangriffe, so die Navy, aus vielen Gründen könne GPS ausfallen: Systemfehler, Stromausfälle oder Satellitenstörungen. Astronomische Navigation sei gegenüber der GPS-Navigation selbstgenügsam. Die Sterne sind halt immer da, wenn man sie sieht. Und so ersetzt die digitale Technik nicht wirklich die alten Techniken und ermöglicht es, kognitive Ressourcen für andere Aufgaben zu nutzen, sondern sie kommt dazu und beansprucht zusätzliche Ressourcen.