Assad wurde von Putin einbestellt

Russland übernimmt derzeit die Initiative in Syrien, während der Einfluss der USA in der Region geringer wird

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ohne Vorankündigung ist der syrische Präsident Assad nach Moskau geflogen, angeblich um sich für die Unterstützung durch Russland und die von Putin geknüpfte Koalition mit Iran und Irak zu bedanken. Er wurde einbestellt, was Putin auch deutlich machte, um zu zeigen, wie die Machtverhältnisse aussehen, weil der russische Präsident mit der Intervention vor allem beabsichtigt, eine Lösung zu erzwingen, bei der die geopolitischen Interessen in der Region durchsetzbar sind und die Dominanz der USA zurückgedrängt werden kann. Assad wird bei dem Spiel, das Putin noch schnell während der Präsidentschaft von Obama beenden wollen wird, als Spielfigur geopfert werden.

Bild: kremlin.ru

Assad war gestern zum ersten Mal seit 2011 wieder in Moskau zu einem Besuch eingetroffen. Putin erklärte bei dem Treffen, dass Russland die Kampfflugzeuge auf Anfrage von Damaskus nach Syrien geschickt hat, um dort der Regierung im Kampf gegen den "internationalen Terrorismus" beizustehen, der einen "wirklichen Krieg gegen Syrien" begonnen habe. Putin wählte den Begriff, den auch die USA verwenden, bestand aber darauf, dass Russland weniger der Regierung als dem syrischen Volk helfe, als ob Assad nicht nur einen kleinen Teil des Volkes vertreten würde und zu Beginn der Anti-Assad-Proteste die Opposition nicht brutal unterdrückt hätte: "Die syrischen Menschen haben jetzt einige Jahre lang praktisch einhändig Widerstand im Kampf gegen den internationalen Terrorismus geleistet. Sie haben schwere Verluste erlitten, aber kürzlich bedeutende positive Ergebnisse im Kampf erreicht."

Das ist natürlich dank der russischen Hilfe geschehen. Russland habe gezeigt, dass es "eine effektive Antwort auf terroristische und andere Bedrohungen" geben könne. Die Operation in Syrien habe dies bestätigt.

Putin erklärte auch, dass die Intervention dazu dienen soll, eine politische Lösung "mit der Teilnahme aller politischen, ethnischen und religiösen Gruppen" zu ermöglichen. Wie das näher aussehen soll, sagte er allerdings nicht. Das letzte Wort müssten die syrischen Menschen haben. Putin ist vor allem daran interessiert, das politische System zu sichern und die Staatlichkeit und territoriale Integrität zu bewahren. Assad bedankte sich denn auch für die Hilfe für die "Einheit und Unabhängigkeit" und erklärte ebenfalls, dass nach der militärischen Aktion eine politische Lösung erforderlich sei.

Bild: kremlin.ru

Für eine politische Lösung wolle man auch mit anderen Weltmächten und Regionalstaaten zusammenarbeiten, so Putin. Ob und mit welchen Mitteln es Putin gelingen könnte, die USA, aber auch die Türkei und Saudi-Arabien einzubeziehen und Russland damit als Weltmacht zu präsentieren, die in der Lage ist, einen Krieg zu beenden, wird spannend zu beobachten sein. Mit den USA konnte man sich gerade nur auf eine technische Kooperation zur Vermeidung von Konflikten im Luftraum über Syrien einigen. Der Sprecher des Pentagon betonte, es handele sich nicht um ein Abkommen, es gebe keine Absprachen über Gebiete und Ziele und auch keinen Austausch von Informationen, sondern lediglich Protokolle für die Piloten.

Tatsächlich gerät Washington durch die Intervention Russlands, das im Gegensatz zu den USA auch keinen völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien führt, ins Hintertreffen. Die von Washington, Saudi-Arabien und der Türkei unterstützten Oppositionsgruppen, die Verbindungen mit den islamistischen Terroristen haben und auch mit diesen kooperieren, werden von Russland bombardiert und von der Offensive der syrischen Armee bedrängt.

Auf die irakische Regierung wächst der Druck, auch für den Irak russische Militärhilfe anzufordern. Vor allem die schiitisch dominierte Irakische Nationalallianz und die schiitischen Milizen, die mit Iran kooperieren, wollen russische Hilfe. Die schiitischen Milizen auch deswegen, weil das Pentagon ihnen zumindest nicht direkt Waffen liefert und sie bei Kämpfen zurückzuhalten versucht, um den iranischen Einfluss zu mindern und zu verhindern, dass die Milizen Gräueltaten an den Sunniten begehen. General Joseph Dunford, der Vorsitzende der Joint Chiefs of Staff, hat sich gerade noch einmal von Regierungschef Abadi und dessen Verteidigungsminister versichern lassen, dass sie Russlands Hilfe nicht anfordern werden. Aber das kann sich schnell ändern.

Auf der anderen Seite droht der brüchigen Koalition gegen den IS, die von den USA geführt wird, womöglich eine allmähliche Auflösung, nachdem Kanadas gerade gewählter neuer Regierungschef Truderau an seinem Wahlversprechen festhalten will, die Kampflugzeuge aus Syrien zurückzuziehen. Viele Länder machen in der Koalition nur pro forma mit. Allerdings sagte er nicht, wann dies geschehen soll, die parlamentarische Genehmigung läuft erst im März nächsten Jahres ab. Kanada werde aber weiter den Kampf gegen den IS unterstützen, beispielsweise durch Fortführung der Mission, irakische Soldaten auszubilden. Spannend wird sein, ob Trudeau das Freihandelsabkommen mit den USA ratifizieren wird.