Rekordwerte für Putin nach Syrien-Intervention

Die Akzeptanz der ukrainischen Regierung fällt nach einer Umfrage dagegen in den Keller, radikalere Parteien und Politiker profitieren

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Offenbar macht der russische Präsident Wladimir Putin auch im Syrien-Konflikt alles richtig im Sinne eines Großteils der russischen Bevölkerung. Nach einer Umfrage des Russian Public Opinion Research Center (VCIOM), die am 17. und 18. Oktober durchgeführt wurde, stieg die Anerkennung von Putin auf einen Rekordwert von 89,9 Prozent. Seit Frühjahr 2014 sind die Zufriedenheitswerte von Putin über 80 Prozent gestiegen und haben sich dort gehalten, im Januar 2014 lagen sie noch bei 60 Prozent. Das letzte Hoch war im Juni mit 89,1 Prozent Zustimmung.

Die militärische Intervention in Syrien war dafür offenbar der wichtigste Anlass. Bei Mehrfachnennungen gaben dies ein Viertel der Befragten an, die anderen Themen, abgesehen von Sport (9%) und Ukraine (5%), waren gerade einmal für 1 oder 2 Prozent wichtig, z.B. steigende Preise oder Terrorbedrohung. 49 Prozent gaben an, das sei schwer zu beantworten, was darauf hinweisen könnte, dass die Mehrzahl wenig an Politik interessiert und leidlich mit dem Leben zufrieden ist.

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Putin hat mit der schnellen militärischen Intervention in den Syrien-Konflikt auf der Seite der syrischen Assad-Regierung mit Iran und dem Irak Russland wieder als Großmacht in der Region ins Spiel gebracht und zugleich den Ukraine-Konflikt in der globalen Öffentlichkeit beiseite gerückt, was sicher ein zumindest sekundäres Ziel war.

Die nach Europa kommenden Flüchtlingsströme haben dies begünstigt, ebenso die russische Intervention, eine Chance, die Putin auch schnell ergriffen hatte. Zudem hat sich die Kriegsgefahr in der Ostukraine entschärft und scheinen beide Seiten zögernd die Umsetzung des Minsker Abkommens wenn schon nicht voranzubringen, so doch nicht unmöglich zu machen.

Popularität des ukrainischen Präsidenten Poroschenko auf Tiefstand

Während also Putin zuhause der Gewinner ist und keine Opposition fürchten muss, sieht es in der Ukraine anders aus (wie die Stimmung in den Volksrepubliken der Separatisten ist, lässt sich kaum eruieren). Nach einer am 16. Oktober veröffentlichten Umfrage im Auftrag des International Republican Institute (IRI) und finanziert von der U.S. Agency for International Development, ist die Popularität des ukrainischen Präsidenten Poroschenko auf einen Tiefstand von 24 Prozent gefallen, während 69 Prozent mit seiner Amtsführung nicht einverstanden sind, davon 40 Prozent sehr negativ. Im September 2014 konnte Poroschenko noch eine Zustimmungsrate von 55 Prozent erzielen. Die Krim sowie die beiden "Volksrepubliken" wurden in die Befragung, die am 21. September stattfand, nicht einbezogen.

Die Regierung unter Jazenjuk schneidet noch schlechter ab. Nur 13 Prozent unterstützen sie, 83 Prozent lehnen ihre Arbeit ab. Selbst auf dem Höhepunkt der Popularität der ukrainischen Regierung im April 2014 wurde diese gerade einmal von 52 Prozent unterstützt und von 40 Prozent abgelehnt. Auch das Parlament kommt nicht besser weg. 11 Prozent finden deren Arbeit gut, 81 Prozent beurteilen sie negativ.

Der Hintergrund der negativen Einstellung zur Regierung und zum Parlament dürfte sein, dass die Ukraine weiterhin von Oligarchen und der politischen Klasse regiert werden. Ähnlich wie nach der "Orangenen Revolution" wurde die Spitze nur ausgetauscht. Unzufrieden sind die Menschen denn auch mit der Politik, da weder der Konflikt in der Ostukraine gelöst noch die wirtschaftliche Lage des Landes wirklich verbessert wurde. Nur 17 Prozent sagen, dass die eingeleiteten Reformen wirksam seien, 68 Prozent meinen, dass dies kaum der Fall ist. Und 82 Prozent sagen, die Wirtschaft habe sich verschlechtert, etwas weniger als im Juli. 79 Prozent sagen, ihre eigene wirtschaftliche Lage habe sich verschlechtert.

Die Bereitschaft, an anstehenden Kommunalwahlen teilzunehmen ist nicht sonderlich hoch. 36 Prozent wollen nur definitiv teilnehmen, 39 Prozent wahrscheinlich. Daraus leitet das International Republican Institute (IRI) "großen Enthusiasmus" ab. Hervorgehoben wird auch die große Zustimmung zu der neuen Stadtpolizei in Kiew, Odessa und Lwiw, und natürlich auch, dass mit 48 Prozent mehr Ukrainer sagen, sie würden bei einem Referendum für den Nato-Beitritt sein (dass 57 Prozent für einen EU-Mitgliedschaft sind, scheint schon nicht mehr so wichtig zu sein).

Frustration über langsame Fortschritte

Erwähnt wird noch die hohe Frustration über die langsamen Fortschritte bei den Reformen, wobei auch sicherheitshalber gar nicht gefragt wurde, welche Reformen denn gemeint sind bzw. welche die Menschen wollen und welche sie ablehnen. Die Ablehnung von Präsident, Regierung und Parlament ist IRI, man will ja schließlich "Demokratie weltweit fördern", kein Wort wert. Das IRI wird von der Regierung und der gleichfalls mit Steuergeldern finanzierten Stiftung finanziert und ist republikanisch ausgerichtet, der Vorsitzender des Board of Directors der republikanische Senator John McCain.

Dabei wären noch einige Ergebnisse durchaus erwähnenswert gewesen. Bei der Sonntagsfrage stellte sich heraus, dass die Volksfront von US-Liebling Jazenjuk völlig abgeschmiert ist, gerade einmal 1 Prozent würden sie noch wählen. Sogar die Radikale Partei und der Rechte Sektor haben mit 7 bzw. 6 Prozent mehr Anhänger. Der Oppositionsblock, dem viele ehemalige Abgeordnete der Janukowitsch Partei der Regionen angehören, käme auf 11 Prozent, ebenso wie Samopowich und die Vaterlandspartei der wieder populärer gewordenen Julia Timoschenko. Die Poroschenko-Partei erzielt mit 13 Prozent nur wenig mehr. Die politische Zukunft erscheint danach als sehr ungewiss, die radikalen Kräfte nehmen zu. Im Süden und Osten liegt der Oppositionsblock vorne.

Gefragt, was sie von Politikern halten, beurteilen 27 Prozent Poroschenko positiv, 26 Prozent Oleg Tyagnibok von der Swoboda-Partei, 24 Prozent Julia Timoschenko, 23 Prozent Jarosch vom Rechten Sektor, 20 Prozent Oleg Lyashko von der Radikalen Partei und 13 Prozent Jazenjuk, ebenso viel wie Jurij Bojko, dem Chef des Oppositionsblocks.

89 Prozent sind dagegen, wenn Russland Truppen zum Schutz der russischsprachigen Bevölkerung schickt, 95 Prozent finden die Besetzung der Krim als illegal. 90 Prozent wollen, dass die Ukraine ein Einheitsstaat bleibt, ein Bundesstaat kommt nicht an.