IS gesteht Anschläge von Paris [Update]

Brachten Attentäter Waffen und Sprengstoff über Deutschland nach Frankreich?

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Die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) hat ein Schreiben veröffentlicht, in dem sie sich zu den gestrigen Terroranschlägen in Paris bekennt. Darin heißt es unter anderem: "Die Angriffe sind nur der Anfang eines Sturms und eine Warnung an jene, die Lehren daraus ziehen wollen."

Das Bekennerschreiben spricht von "acht Brüdern mit Sprengstoffgürteln und Sturmgewehren", die den "gesegneten Angriff" durchführten. Das Fußballstadion haben man angegriffen, weil sich der französische Staatspräsident Hollande dort aufhielt, der den IS in Syrien militärisch bekämpft. Den Konzertsaal habe man deshalb ausgewählt, weil dort eine "perverse Veranstaltung" stattgefunden habe. Außerdem wird auf die "Beleidigung" des Religionsstifters Mohammed verwiesen, womit womöglich die Charlie-Hebdo-Karrikaturen gemeint sind. [Update: In der Nähe einer der Explosionen vor dem Fußballstadion hat die Polizei inzwischen einen syrischen Pass gefunden.]

Dem Bayerischen Rundfunk liegen Informationen der Polizei vor, denen zufolge vorletzten Donnerstag bei einer Schleierfahnderkontrolle auf der Autobahn Salzburg-München bei Bad Feilnbach ein Mann aus Montenegro (wo etwa fünf Prozent der Bevölkerung Albaner und weitere zehn Prozent serbokroatische Moslems sind) mit einem Auto angehalten wurde, in dem ein geheimes Waffenversteck eingebaut war.

Dem BR zufolge schweigt der Festgenommene bislang, könnte aber zum Kreis der Attentäter gehören. Dazu, ob er auf auf dem Weg nach Paris war, gibt es unterschiedliche Meldungen. [Update: Inzwischen wurde bekannt, dass sich dieser Verdacht aus Adressen und Telefonnummern nährt, die er mit sich führte.] In seinem Wagen fanden die Beamten in jedem Fall acht Kalaschnikow-Sturmgewehre, zwei weitere Handfeuerwaffen, Munition, Granaten, zahlreiche Sprengkapseln und Sprengköpfe, sowie TNT-Sprengstoff. Auf das Versteck wurden die Polizisten aufmerksam, weil der Mann in seinem Handschuhfach eine Pistole griffbereit hatte.

Verbindung zwischen den Anschlägen und militärischen Niederlagen?

Der ORF sieht währenddessen eine möglichen Verbindung zwischen den Anschlägen und den militärischen Niederlagen in seinen Herrschaftsgebieten, die der IS in den letzten Tagen und Wochen hinnehmen musste. Zeit-im-Bild-Auslandsredaktionsleiter Andreas Pfeifer verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Terrorgruppe bereits im März ankündigte, den Kalifatskrieg nach dem Eingreifen europäischer Mächte nach Rom und in andere Städte zu tragen.

Am 22. Oktober eroberte die irakische Armee zusammen mit schiitischen Milizen die sunnitische Raffineriestadt Baidschi, nachdem die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition dort vorher über hundert Einsätze geflogen hatte. Und in Syrien gelang es den von Russland unterstützten Regierungstruppen diese Woche offenbar, die seit zwei Jahren andauernde Belagerung des in der Nähe von Aleppo gelegenen Militärflughafens Kwairis durch den IS zu durchbrechen.

Eine weitere Niederlage für den IS war die Eroberung von Sindschar durch irakisch-kurdische Peschmerga, die von jesidischen Freischärlern und US-Militärberatern unterstützt wurden. Letztere beteiligten sich aber angeblich nicht direkt an den Kämpfen. Die US-Luftwaffe griff dagegen mit ihren Bombardements und Beschüssen unmittelbar ein (vgl. Kurden erobern Sindschar).

Dem US-Zentralkommando CENTCOM zufolge wurde durch die "Operation Freies Sindschar" die wichtigste Verbindung zwischen der in Syrien gelegenen Kalifatshauptstadt ar-Raqqa und der irakischen Millionenstadt Mossul unterbrochen. Dadurch wird es für den IS angeblich deutlich schwerer, Truppen und Material zu verlagern. Oberst Steve Warren spracht deshalb gestern von einem "entscheidenden Schritt für eine Befreiung Mossuls", ließ aber offen, für wann diese Befreiung tatsächlich geplant ist.

Als die Peschmerga-Offensive auf die ehemalige Jesidenstadt Sindschar am Donnerstag begann, da zitierten US-Medien kurdische Kommandeure, die wegen Tretminen, Sprengfallen und todessehnsüchtigen Fanatikern mit einem langen und verlustreichen Kampf bis zur vollständigen Befreiung rechneten (vgl. Kalifat im Zweifrontenkrieg). Am Freitag meldeten die Peschmerga dann überraschend, dass die Operation schon beendet und die Ortschaft vollständig unter ihrer Kontrolle sei. Die IS-Terroristen seien "auf der Flucht".

Auf Videoaufnahmen, die die Einnahme der Stadt dokumentieren sollen, ist zu sehen, wie Peschmerga kurdische Fahnen von Häusern hängen. Auf den Bildern aus der eineinviertel Jahre von den Dschihadisten besetzten Stadt ist außerdem zu erkennen, dass viele Gebäude zerstört sind. Beobachter rechnen allerdings damit, dass die Sicherung der Stadt und die Beseitigung von Sprengfallen und Selbstmordattentätern, die sich eventuell in Häusern verstecken, noch einige Tage dauern könnte.

Der BBC zufolge gibt es außerdem Hinweise darauf, dass der aus mehreren Kopfabschneidevideos bekannte IS-Mörder Mohammed Emwazi alias "Jihadi John" bei einem US-Drohnenangriff auf ar-Raqqa ums Leben kam. Der Mann mit dem Londoner Akzent soll gezielt getroffen worden sein, als er gerade in ein Auto einsteigen wollte. Dem Pentagon und dem britischen Premierminister David Cameron zufolge prüft man allerdings noch, ob die Operation tatsächlich erfolgreich war (vgl. Syrien: USA starten Luftoffensive auf Ölfelder unter IS-Kontrolle).

Auch von der Südfront wurden in den letzten Tagen Erfolge gegen den IS gemeldet: Dort befreite die nigerianische Armee nach einem Luftangriff auf ein Terrorcamp im Bundesstaat Borno angeblich über 60 Frauen und Kinder. Sie waren von der salafistischen Terrorgruppe Boko Haram verschleppt worden, die sich im letzten Jahr dem IS angeschlossen hatte.

Seit der Machtübernahme des im März gewählten neuen Staatspräsidenten Muhammadu Buhari meldet das nigerianische Militär öfter die Befreiung von Verschleppten - zuletzt am 28. Oktober, als 192 Kinder und 138 Frauen aus einem Lager im Sambisa-Wald gerettet wurden. Im September entriss sie der Terrorgruppe bei einem Einsatz in der Nähe der Ortschaft Banki 241 gefangene Frauen und Kinder. Die mehr als 200 Schulmädchen, deren Entführung 2014 international das meiste Aufsehen erregte, befinden sich jedoch (bis auf einige wenige, denen die Flucht gelang) immer noch in der Hand der Dschihadisten.

Die Anschläge von Paris sind auch außerordentliches Thema einer Konferenz in Wien, auf der Vertreter von 17 Ländern und drei internationalen Organisationen nach Wegen für eine Beendigung des Krieges in Syrien suchen. Die Vertreter der USA, Russlands, Chinas, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Österreichs, des Iran und Saudi-Arabiens und der elf anderen Teilnehmerländer und -organisationen wollen zwei neue Kommissionen ins Leben rufen, die Vorschläge ausarbeiten sollen (vgl. Terror in Paris gegen Regelung für Syrien?).

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