USA: Erste Zulassung eines genveränderten Tiers als Lebensmittel

Die zuständige Behörde genehmigte unter Einschränkungen den Verkauf eines gentechnisch veränderten Lachses und öffnete damit die Tür für weitere transgene Tiere

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Viele Jahre hat es gedauert, bis die FDA, die Behörde, die für die Zulassung von Lebensmitteln und Medikamenten zuständig ist, den Schritt gewagt hat, eine Genehmigung für das erste genveränderte Tier zu fällen. Schon bald 20 Jahre hatte die kanadische Firma AquaBounty versucht, die genveränderte Lachssorte AquAdvantage Salmon (AAS) als Lebensmittel genehmigen zu lassen. Schon vor 5 Jahren stand man kurz vor der Entscheidung (Durchbruch für Frankensteinfood von transgenen Tieren?), jetzt kann also nach ungewöhnlich langer Zeit für solche eine Entscheidung der Turbo-Lachs, der durch die eingebauten Wachstumshormone doppelt so schnell wachsen soll, in den USA auf den Tisch kommen.

Der Lachs, dem die FDA schon vor Jahren bescheinigt hatte, dass er für den Verzehr unbedenklich sei, da er sich biologisch nicht von normalem Lachs unterscheide, galt stets als Türöffner, um weitere genveränderte Tiere - von Kritikern gerne mal Frankenfood genannt - auf den Markt durchzusetzen. Auch AquaBounty hat noch andere Fischarten im Angebot, ansonsten warten zahlreiche transgene Tiere von Ziegen über Fische und Hühner bis hin zu Kühen und Schweinen auf eine Zulassung und die dahinter stehenden Firmen auf die entsprechenden Profite.

Größenvergleich zwischen einem transgenen Lachs und einem normalen Lachs im selben Alter. Bild: AquaBounty

Bei anderen Tieren werden die Sicherheitsbedenken allerdings größer sein. Die Firma versicherte, dass der Lachs sich nicht vermehren könne, weil nur sterile weibliche Fische gezüchtet würden. Daher könne der transgene Lachs sich nicht mit natürlichen Populationen mischen und die neuen Gene weiter vererben. Die Sterilisierung funktioniert freilich nicht hundertprozentig sicher, sondern nur bei 98 Prozent der Lachse. Weil er aber so schnell wächst, könne er auch in großen Tanks auf dem Land mit der Verwendung von Grundwasser gezüchtet werden, so dass hier eine Gefahr ausgeschlossen werden könnte und zugleich könnten Belastungen für Tiere und Umwelt wie in herkömmlichen Zuchtanlagen reduziert werden.

Die FDA hat zur Regulierung von genveränderten Tieren das neue Gesetz für Lebensmittel, Medikamente und Kosmetika verwendet, weil die rekombinierte DNA (rDNA), die in das Genom des Fisches eingeführt wurde, der Definition eines Medikaments entspreche. Bei AAS werden zwei Gene hinzugefügt, ein Wachstumsgen des Königslachses sowie ein regulatorisches Gen der Nordamerikanischen Aalmutter (Zoarces americanus), das die Produktion eines Proteins zum Frostschutz steuert und mit dem das Wachstumsgen angeschaltet bleibt. Die beiden Gene (opAFP-GHc2) werden mit Plasmiden in das Genom eingebaut. Man habe nun die von AquaBounty beigebrachten Daten und Informationen sorgfältig geprüft und entschieden, dass sie den Vorschriften genügen, erklärte Bernadette Dunham, Direktorin der Abteilung für Veterinärmedizin, und dass Lebensmittelprodukte des Fisches unbedenklich verzehrt werden können.

Der Turbolachs. Bild: AquaBounty

Allerdings darf der Lachs nicht in den USA gezüchtet werden, sondern nur in Tanks auf dem Land in zwei Zuchtanlagen in Panama und Kanada. Nur auf diese Zuchtanlagen, die verschiedene Sicherheitsmaßnahmen besitzen, bezieht sich die Genehmigung. Zudem würden die Anlagen regelmäßig geprüft und inspiziert. Man öffnet also die Türe, will sie aber nur einen Schlitz öffnen, wohl um zu sehen, ob dadurch nicht doch Gefährdungen entstehen, zudem ist gewiss, dass Proteste laut werden, da sich Umwelt- und Verbraucherorganisationen strikt gegen die Zulassung ausgesprochen und die Sicherheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit bezweifelt haben.

Um den Kritikern entgegenzukommen, wurde gleichzeitig noch beschlossen, dass im Widerspruch zu den Forderungen der Industrie Lebensmittelprodukte, freiwillig gekennzeichnet werden dürfen, ob sie genveränderten Lachs enthalten oder nicht. Das gilt ab nun auch für andere tierische und pflanzliche Lebensmittel, wogegen die Industrie lange Sturm gelaufen ist, weil sie nun eben so gekennzeichnet werden können, dass sie keine genveränderten oder auch durch Bioengineering hergestellten Bestandteilen enthalten ("not bioengineered", "not genetically engineered" oder "not genetically modified through the use of modern biotechnology"). Vorschreiben dürfe die FDA dies nur, wenn zwischen einem genveränderten und einem nicht genveränderten Produkt ein "materieller Unterschied", beispielsweise im Ernährungswert, besteht. Das habe man bei dem genveränderten Lachs nicht erkennen können. Die FDA empfiehlt aber nicht, Kennzeichnungen zu verwenden, die behaupten, die Produkte würden aus gentechnikfreien Bestandteilen bestehen.

Tanks zur Aufzucht der Genlachse. Bild: AquaBounty

Nach der New York Times hätten Lebensmittelketten mitgeteilt, sie würden keinen genveränderten Lachs verkaufen. In vielen Lebensmitteln in den USA sind bereits Bestandteile aus genveränderten Pflanzen enthalten, die aber nicht gekennzeichnet sind. Das wird man auch weiter nicht machen, aber wenn sich die Kennzeichnungen durchsetzen, dass Produkte keine gentechnisch veränderten Bestandteile haben, wird dies denselben Effekt haben und möglicherweise die Verbreitung von genveränderten Pflanzen in der US-Landwirtschaft senken können.

AquaBounty versucht nun die gentechnisch veränderten Lache grün zu färben. Sie würden eine die Umwelt wesentlich weniger beeinträchtigende Aquakultur ermöglichen, als dies bei den herkömmlichen Methoden der Fischfarmen (Schwimmender Giftmüll...) der Fall sei. Es sei nämlich der "weltweit nachhaltigste Lachs". Das total kontrollierbare und biologisch gefilterte Wasser in den Fischtanks könne zu 95 Prozent recycelt und von Abwasserschlamm gereinigt werden. Der Lachs wachse zwar schneller, benötige aber 25 Prozent weniger Futter als der Atlantische Lachs. Er benötige weniger als 1 kg Futter für ein Kilogramm Körpergewicht, bei Rindern wäre das Verhältnis 8:1, bei Geflügel 2:1. Und wenn man dann den Lachs noch in der Nähe von Großstädten auf dem Land in den Wassertanks züchtet, würde man 25 Mal weniger CO2 produzieren, als wenn der Lachs aus Norwegen oder Chile in die USA transportiert wird.