Krankenhaus Kunduz: Versehentlich das falsche Gebäude vernichtet

Bild: Dan Sermand/MSF

Der "Untersuchungsbericht" des US-Militärs will erklären, was alles schief gegangen ist und warum niemand wirklich verantwortlich ist

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US-General John Campbell, Befehlshaber der Mission Resolute Support der NATO und Befehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan, hat den Untersuchungsbericht des US-Militärs vorgestellt. Demnach sei der Luftangriff das Ergebnis von vermeidbaren menschlichen Fehlern, Fehlern in der Verfahrensweise und technischen Störungen gewesen. Weder die Bordcrew des Kampfflugzeuges noch die Special Forces am Boden hätten gewusst, dass es sich bei dem Gebäude um ein Krankenhaus gehandelt habe. Der 3.000 Seiten starke Untersuchungsbericht folgt damit den lancierten Meldungen der letzten Wochen (vergleiche Afghanistan: Kriegsziel Krankenhaus).

Die Untersuchung wurde von drei Generälen durchgeführt, die in keiner Verbindung zum NATO-Hauptquartier in Afghanistan stehen. Nach Brigadegeneral Wilson Shoffner ist dies eine Garantie für die Unabhängigkeit der Untersuchung. Ergebnis der siebenwöchigen Ermittlungen ist, dass das Krankenhaus der Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) gar nicht das eigentliche Ziel des Angriffes gewesen sei. Vielmehr hätte ein anderes Grundstück in etwa 400 Metern Entfernung beschossen werden sollen. Auf diesem soll sich angeblich eine Stellung oder wahlweise ein Gefängnis der Taliban befunden haben.

In der Nacht des 3. Oktober hatte ein AC-130 Special Operations Command Gunship das Krankenhaus von MSF in mehreren Angriffswellen vollständig zerstört. Bei dem Luftangriff wurden 31 Menschen getötet und 37 verletzt. Der Angestellte Anayatullah Nazari beschrieb die Nacht, als wäre es das Ende der Welt gewesen. "Sie wirkten entschlossen uns zu töten und niemand sollte entkommen. Es war wie der Weltuntergang, nichts, was ich mir jemals hätte vorstellen können."

Bild: MSF

Das fliegende Kanonenboot schoss nach Angaben von AP 211 Geschosse auf das Krankenhaus innerhalb von weniger als einer halben Stunde ab, bevor der Fehler bemerkt und der Angriff abgebrochen wurde. Wie das mit den bisherigen Erkenntnissen eines über eine Stunde währenden Angriffes in Einklang zu bringen ist, bleibt - wie so vieles - unklar.