Russland verstärkt Angriffe auf syrische Turkmenen

Haben russische Kampflugzeuge einen Hilfskonvoi angegriffen?

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Die Beziehungen zwischen Türkei und Russland sind nach dem Abschuss der russischen SU-24 auf Hochspannung. Moskau versucht, die Türkei wirtschaftlich zu treffen, ruft die russischen Touristen zurück, hat die militärische Kooperation eingestellt und rüstet demonstrativ in der Region auf. Begonnen wurde, ein S400-Luftabwehrsystem in Syrien zu installieren, das Kriegsschiff Moskwa mit Lenkraketen wurde vor die syrische Küste geschickt, während die Türkei die Patrouillenflüge an der Grenze verstärkt.

Der türkische Präsident Erdogan lehnt inzwischen eine Entschuldigung ab und erklärte, Russland müsse sich entschuldigen, weil das Flugzeug den türkischen Luftraum verletzt habe. Das wiederum weist Moskau zurück und streitet auch ab, dass die Piloten gewarnt worden seien.

Nach Medienberichten gehen russische Kampfflugzeuge und die syrische Armee in Reaktion auf den Abschuss und die Tötung des russischen Piloten durch eine turkmenische Rebellengruppe verstärkt gegen Turkmenen südlich der türkischen Provinz Hatai vor1, die Syrien für sich beansprucht (Geopolitische Interessen hinter dem Konflikt zwischen Russland und Türkei). Die turkmenischen Gruppen arbeiten hier auch mit der al-Qaida-Gruppe als-Nusra zusammen. Die hatte sich zeitweise als "gemäßigt" dargestellt, um in den Genuss von amerikanischer Hilfe zu können, aber weil viele unterschiedliche Oppositionsgruppen nun nach dem Beginn der russischen Intervention eine Koalition gebildet haben, ist die Unterscheidung zwischen gemäßigten und extremistischen bzw. islamistischen Oppositionsgruppen sowieso fadenscheinig geworden. Gerade erst hat al-Nusra ein Video veröffentlicht, auf dem im IS-Stil eine inszenierte Massenexekution von Soldaten der syrischen Armee zu sehen ist.

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Offensichtlich haben syrische Truppen, die am Mittwoch nach dem Abschuss eine Bodenoffensive begonnen haben, in der Region Bayır Bucak in der Provinz Latakia an der Grenze zur Türkei Erfolge erzielt und die turkmenischen Gruppen dort zurückgedrängt bzw. vertrieben. Aber die Lage ist verworren. Die turkmenische Miliz Sultan Abdulhamid Han Brigades berichtet hingegen, sie hätten Kızıldağ bzw. Jebel al-Ahmar wieder eingenommen, das am Montag von der syrischen Armee erobert worden war. Wie verlässlich die Information ist, bleibt fraglich, die Gruppe behauptet auch, einen der russischen Piloten in Gefangenschaft zu haben. Ein Pilot soll jedoch getötet worden sein, der andere hat sich retten können.

Nach dem russischen Verteidigungsministerium wurden in der Region, in der die russischen Piloten mit dem Fallschirm gelandet sind und einer der Piloten von einer turkmenischen Gruppe getötet wurde, die "Terroristen" und andere "mysteriöse Gruppen" bombardiert und vernichtet. Die syrischen Truppen hätten mit der Unterstützung der russischen Kampfflugzeuge die Kontrolle über die Bergregion in der Latakia-Provinz an der türkischen Grenze erlangt und damit die Versorgung der "Terroristen" aus der Türkei abgeschnitten.

Bild: IHH

Wie jetzt von türkischen Medien berichtet wird, sollen russische Kampfflugzeuge einen angeblichen Hilfskonvoi in Syrien bei der Stadt Azaz in einer Entfernung von 5 km von der türkischen Grenze bombardiert haben, durch den 7 Menschen getötet und 10 verletzt wurden. Es scheint allerdings ein seltsamer Hilfskonvoi gewesen zu sein, die Lastwagen sollen Zement und Eisen aus der Türkei nach Syrien über den von Rebellen kontrollierten Grenzübergang des türkischen Öncüpınar, südlich von Kilis, gebracht haben. Nach dem Rebellenchef soll eine Garage für kommerzielle LKWs getroffen worden. Zaman berichtet hingegen, es sei ein Hilfskonvoi für Flüchtlinge in der Umgebung von Azaz gewesen.

Serkan Nergis von der türkischen Hilfsorganisation Humanitarian Relief Foundation (IHH), die in Syrien u.a. den Turkmenen hilft, sagte Daily Sabah, man habe geholfen, das Feuer zu löschen, aber er wusste nicht, ob die LKWs Hilfsgüter geladen hatten oder kommerzielle Güter. Über Twitter berichtete IHH, man wisse nicht, wer die LKWs bombardiert habe, nach ersten Berichten sollen es Russen gewesen sein.

Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konashenkov, stritt ab, dass russische Flugzeuge einen Hilfskonvoi angegriffen haben. Das sei eine Fehlinformation. Russische Flugzeuge hätten erfolgreich die Energie-Infrastruktur des Islamischen Staats angegriffen: Öl-LKWs, Raffinerien und Lager in Raqqa und Deir ez-Zor.