"Wer denkt, dass wir im Notfall einfach den Stecker ziehen können, der irrt sich"

Adriano Mannino von der Stiftung für effektiven Altruismus über Künstliche Intelligenz und Anreizstrukturen

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Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und Superintelligenz schreitet in rasendem Tempo voran. Da die technologische Entwicklung aus sich heraus keine ethischen Maßstäbe liefert, um diese zu beurteilen und gegebenenfalls konterkarieren zu können, wurde die "Stiftung für effektiven Altruismus" gegründet. Telepolis hat dazu Adrino Mannino befragt.

Herr Mannino, was ist die Stiftung für effektiven Altruismus?

Adriano Mannino: Die Stiftung für effektiven Altruismus ist eine Denkfabrik und Projektschmiede im Schnittbereich von Ethik und Wissenschaft. Der Effektive Altruismusist unser Leitkonzept: Es handelt sich dabei um eine Philosophie und wachsende internationale Bewegung mit dem Ziel, diejenigen Maßnahmen zu finden - und durch hohe Zeit- und Geldspenden zu unterstützen - die nachweislich den meisten Menschen (beziehungsweise leidensfähigen Wesen insgesamt) nachhaltig helfen. Unsere Ressourcen sind immer limitiert, weshalb es gerade im Bereich der angewandten Ethik zentral ist, zu fragen: Wie können wir mit diesen Ressourcen am meisten bewirken?

"Leid wird nicht dadurch weniger schlimm, dass es sich in der Ferne ereignet"

Können Sie philosophische Argumente für dieses altruistische Engagement anführen?

Adriano Mannino: Nach wie vor sterben beispielsweise jeden Tag 20.000 Kinder an den Folgen der extremen Armut. Man stelle sich vor, diese ethische Katastrophe würde sich in unserer eigenen Stadt ereignen - auf dem Weg zur Arbeit sind wir täglich mit dem Massensterben konfrontiert. Würden wir dann nicht unter anderem die folgenden beiden Dinge tun:

Erstens versuchen, möglichst viel Geld zu spenden, und zweitens uns überlegen, wie wir unsere Berufskarriere insgesamt auf eine effektive Leidminderung ausrichten können.

Das wirft sofort die Frage auf: Sollten wir das - logisch konsequent - nicht auch dann tun, wenn sich das Leid in der Nachbarstadt zuträgt? Im Nachbarland? Auf dem Nachbarkontinent? Weshalb sollte die räumliche Distanz einen Unterschied machen?

Leid wird nicht dadurch weniger schlimm, dass es sich in der Ferne ereignet. Und es wurde in Studien nachgewiesen, dass wir das Leiden und Sterben in der Ferne kausal nachhaltig beeinflussen können, das heißt, dass wir nolens volens über Leben und Tod entscheiden, wenn wir Geld beziehungsweise Zeit ausgeben. Durch die Verteilung von Malaria-Bettnetzen etwa kann ein Menschenleben für schätzungsweise 3000 Dollar gerettet werden.

Angesichts der Globalisierung und Technologisierung werden die ethischen Stakes unserer Handlungen zudem immer höher. Die EA-Stiftung interessiert sich deshalb auch besonders für die Herausforderungen, vor die uns zukunftsträchtige Technologien stellen.

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