Keine Anklage gegen "Scharia-Polizei"

Landgericht Wuppertal wertet Auftreten nicht als Straftat - Staatsanwaltschaft kündigt Beschwerde an

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Das Landgericht Wuppertal will gegen acht Gesinnungsgenossen des Salafisten Sven Lau keine Anklage erheben. Die neun Männer waren im September 2014 festgenommen worden, weil sie in einheitlichen Warnwesten, an denen sie die Aufschrift "Shariah Police" befestigt hatten, Passanten vor Tanzlokalen, Gaststätten und Spielcentern zur Einhaltung der Ge- und Verbote ihrer Islamvorstellung aufforderten. Außerdem hatten die Salafisten mit gelben Schildern eine "Shariah Controlled Zone" proklamiert, in der Alkohol, Glücksspiel, Musik und Unzucht verboten sein sollte.

Das Landgericht wertete diese Aktionen, die von den Salafisten selbst gefilmt wurden und bundesweites Aufsehen erregten, nicht als geeignet, eine "einschüchternde" und "militante" Wirkung zu erzeugen. Die jedoch ist der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes in § 3 des Versammlungsgesetzes, der das Tragen von "Uniformen, Uniformteilen oder gleichartigen Kleidungsstücken als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung" auf Versammlungen verbietet. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders und hat angekündigt, Beschwerde einzulegen, sobald ihr die Entscheidung offiziell zugestellt wurde.

Sven Lau, der mutmaßliche informelle Anführer der "Scharia-Polizei", muss sich wegen der Aktionen allerdings für nicht angemeldete Demonstrationen vor dem Amtsgericht verantworten. Er stand außerdem im Verdacht, Dschihadisten für den Islamischen Staat (IS) oder andere salafistische Terrorgruppen angeworben zu haben.

Lau selbst bestritt das und behauptete, ein Foto, das ihn mit einer AK47 auf einem Panzer zeigt, sei 2013 während einer "humanitären Mission" entstanden. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat sich von dem Konvertiten inzwischen distanziert.

Selbstdarstellung der "Scharia-Polizei"

Bei der Prüfung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird wahrscheinlich auch darüber diskutiert werden, ob das Landgericht bei seiner Festestellung, das Auftreten der "Scharia-Polizei" habe nicht "einschüchternd" und "militant" gewirkt, auch die Taten salafistischer Ideologen im Ausland ausreichend mit einbezogen hat. In Syrien, dem Irak, Libyen und Nigeria zeigten salafistische Gruppen wie der Islamische Staat (IS) nämlich sehr deutlich, dass sie ihre Verbotsvorstellungen mit extremer Grausamkeit durchsetzen und staatliche Herrschaft beanspruchen.

Dass der IS auch in Europa einschüchtern kann, bewiesen am 13. November die Terroranschläge von Paris. Die Suche nach den überlebenden Tätern, Drahtziehern und Helfern dieser Terroranschläge konzentriert sich inzwischen auf das schweizerische Genf. Dort hat man die Polizeipräsenz verstärkt und die Gefahrenwarnstufe heraufgesetzt. Internationale Einrichtungen in der französischsprachigen Stadt werden inzwischen wegen einer "konkreten Bedrohung" von Beamten mit Maschinenpistolen bewacht.

Im finnischen Tampere nahm die Staatspolizei zwei irakische Brüder fest, die im September ins Land kamen. Sie stehen im Verdacht, im Juni 2014 in der Nähe von Tikrit für den IS elf Unbewaffnete erschossen zu haben. Das soll der Staatspolizei zufolge auf einem Propagandavideo zu sehen sein.

In Australien wurden gestern ein 15-Jähriger und ein 20-Jähriger festgenommen, denen vorgeworfen wird, zusammen mit drei anderen Männern, einen Terroranschlag auf ein Regierungsgebäude geplant zu haben. Diese drei anderen Männer sitzen bereits seit dem Vorjahr in Haft, weil sie eine öffentliche Enthauptung geplant hatten. Als dieser Plan aufgedeckt wurde begann auch die polizeiliche Beobachtung des 15-Jährigen.

In Österreich diskutiert man währenddessen über eine mögliche salafistische Indoktrination in Kindergärten, nachdem eine von Ednan Aslan geleitete Studie der Universität Wien entsprechende Verdachtsmomente zutage förderte. Die Mitarbeiter des Instituts für islamische Studien hatten in einem Untersuchungsbericht über 30 der insgesamt etwa 150 islamischen Kindergärten in Wien unter anderem eine stark religiös geprägte Erziehung bemängelt, die nicht immer auf Deutsch stattfinde. Um herauszufinden, in welchen Fällen extremistische Gruppen hinter den Einrichtungen stehen, fordert Aslan jetzt mehr Kooperation von der Stadt Wien.

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