BND will Zusammenarbeit mit syrischen Geheimdiensten verstärken

Angeblich soll ein Mitarbeiter in Damaskus installiert werden, der grüne Abgeordnete Konstantin von Notz kritisiert die "Institutionalisierung der geheimdienstlichen Kooperation"

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Nach einem Bericht der Bild-Zeitung will der Bundesnachrichtendienst (BND) schnell wieder offiziell mit syrischen Geheimdiensten in Austausch treten oder zusammenarbeiten. Wie Bild erfahren haben will, soll in Damaskus eine "Residentur" möglicherweise in der weiterhin geschlossenen deutschen Botschaft eingerichtet werden.

Der Grüne Abgeordnete Konstantgin von Notz hatte in einer schriftlichen Anfrage im November die Bundesregierung bereits gefragt, welche Pläne es für den Ausbau der Kooperation mit dem Assad-Regime insbesondere für die Geheimdienste gebe. Die Bundesregierung antwortete, dass in dieser Frage "ausnahmsweise das Staaatswohl den parlamentarischen Informationanspruch" überwiege und die selbst "in eingestufter Formen nicht beantwortet werden können". Auch eine VS-Einstufung sei nicht möglich. Angeführt werden mögliche daraus erwachsende "Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland".

Die Ausführung macht indirekt ziemlich klar, dass es einen Austausch zwischen den deutschen und syrischen Geheimdiensten gibt, der offenbar als so brisant eingeschätzt wird, dass den Abgeordneten Informationen nicht einmal in der Geheimschutzstelle gewährt werden. Die Fragen würden "die Fähigkeiten und Arbeitsweisen" des BND betreffen.

Gedacht ist anscheinend, wenn die Information der Bild-Zeitung zutrifft, einen BND-Mitarbeiter fest in Syrien zu installieren. Entschieden werden soll über den Plan Anfang des nächsten Jahres. Für das Vorhaben spricht, dass seit dem militärischen Eingreifen der Russen zugunsten des Assad-Regimes die Bereitschaft gewachsen ist, mit Assad an einer Übergangslösung für eine politische Lösung des Syrienkonflikts zusammenzuarbeiten. Ohne die von Russland geforderte Einbeziehung von Assad würden Verhandlungen, wie sie in Wien begonnen haben, keine realistische Chance haben.

Konstantin von Notz kritisiert das Vorhaben und die Geheimhaltung scharf: "Die Institutionalisierung der geheimdienstlichen Kooperation mit einem Regime wie dem von Assad und seinen Schergen, die Fassbomben auf die Zivilbevölkerung werfen, foltern und morden, verbietet sich. Die Antwort der Bundesregierung stellt zudem einen erneuten Versuch dar, höchst relevante sicherheits- und außenpolitische Entscheidungen Öffentlichkeit und Parlament zu entziehen und eine Debatte hierüber zu verhindern. Das ist inakzeptabel."

Lange Zusammenarbeit

Westliche Geheimdienste, auch der BND, haben lange mit den syrischen Kollegen zusammengearbeitet, allerdings wurde der Druck auf Syrien nach dem Anschlag auf Hariri und wegen der Zusammenarbeit mit der Hisbollah erhöht. Es kam zu Sanktionen und Plänen zu einem Regime Change schon seit 2005 ("Wir müssen Assad jagen").

Die syrischen Geheimdienste waren wegen ihrer Brutalität bekannt, was eine Kooperation auch schon früher nicht verhinderte. Nach 9/11 gab es die Praxis der CIA, verschleppte Verdächtige anderen Geheimdiensten zur Befragung unter Folter zu übergeben, auch "extraordinary rendition" genannt. Hier spielte neben dem damaligen ägyptischen Geheimdienst auch der syrische Geheimdienst eine Rolle (With a little help from my friends ....). 2002 wurde Syrien vom US-Außenministerium bestätigt, dass angeblich weniger gefoltert würde und auch weniger Menschen "verschwunden" seien. Im September 2002 war der aus Syrien stammende Kanadier Maher Arar auf dem JFK-Flughafen auf der Durchreise vom Urlaub in Tunesien nach Kanada festgenommen und nach Syrien verschleppt worden. In Syrien wurde er fast ein Jahr lang in einer winzigen dunklen Zelle eingesperrt und gefoltert (Schweden und die CIA-Praxis des Verschleppens von angeblichen "Terroristen" in Folterländer).

In Syrien wurde beispielsweise 2002 Mohammed Zammar, ein Deutscher syrischer Herkunft, gefangen gehalten und gefoltert, der mit Mohammed Atta und der Hamburger Zelle zusammengearbeitet haben soll. Er war im Juni 2002 in Marokko festgenommen und von den Amerikanern nach Syrien gebracht worden sein. Deutsche Ermittler hatten ihn im syrischen Gefängnis besucht. Der damalige deutsche Bundesinnenminister räumte 2005 diese Kooperation unter der rot-grünen Regierung ein, erklärte aber, ihm sei nicht bekannt, dass Sammar in Syrien gefoltert worden sein könne, da nichts in den Akten stehe (Alles in Ordnung?). Er machte aber auch klar, dass dies nicht weiter schlimm sei: "Wenn wir sagen würden, Informationen, bei denen wir nicht sicher sein können, dass sie unter vollkommen rechtsstaatlichen Bedingungen zu erlangen waren, nutzen wir unter keinen Umständen - das wäre völlig unverantwortlich. Wir müssen solche Informationen nutzen." 2013 wurde Zammar zusammen mit anderen Gefangenen aus der syrischen Haft im Austausch gegen syrische Soldaten, die die islamistische Terrorgruppe Ahrar al-Sham gefangen hielt, freigelassen. Er soll dann nach Raqqa gereist sein und sich dem IS angeschlossen haben.

Nach dem brutalen Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen die Opposition seit 2011 wurde 2012 der syrische Botschafter aus Deutschland ausgewiesen und die deutsche Botschaft in Syrien geschlossen. Gemunkelt wurde schon 2013, dass der BND wieder Kontakte nach Syrien geknüpft hat. Der damalige BND-Chef Schindler soll sogar im Mai 2013 nach Damaskus gereist sein, vermutlich um mit der Wiederaufnahme von Kontakten mehr Informationen über Deutsche zu erfahren, sie sich den syrischen Dschihadisten angeschlossen haben.

Nach Bild würden seitdem BND-Mitarbeiter "regelmäßig" nach Syrien fahren. Jetzt soll es auch darum gehen, über den Kontakt mit den syrischen Geheimdiensten schnell handeln zu können, wenn ein deutscher Pilot bei einem Beobachtungsflug über Syrien abgeschossen werden sollte.